In Göttingen fliegen längst die Farbbeutel, in Bremen vorerst nur wilde
Worte. Die Bremer Bundesbrüder des Vereins Deutscher Studenten (VDSt) wurden im
August an die Spitze ihres Bundesverbandes gewählt - Grund genug für AStA und
Studierendenrat der Universität, ein kleines Sommertheater zu inszenieren. "Das
nationalistische, großdeutsche Gedankengut dieser Burschenschaft hat an der Uni
nichts zu suchen", schäumte etwa der Präsident des Studierendenrats, Nils
Stegemann. "Burschenschaftler" gäben sich "politisch betont unabhängig", warnt
er: "Darauf darf man nicht reinfallen". Derlei lässt der Bremer Verein, mit 30
Aktiven immerhin größte Studenten-Verbindung der Hansestadt, nicht auf sich
sitzen: "Eine Unverschämtheit", schießt VDSt-Chef Bastian Behrens zurück. Zumal
die Äußerung Stegemanns "nicht die erste üble Verleumdung" sei: Der AStA und die
linke Szene seien schon seit Jahren "stinksauer, dass sich an deren einstmals
roter Kaderschmiede seit 1993 sogar eine Verbindung fest etabliert hat", meint
Behrens.
Etabliert und eingerichtet hat sich die Verbindung im "Hermann-Ehlers-Haus"
in Horn-Lehe. Wer hier aber, wie in anderen Studentenstädten, eine alte,
imposante Villa erwartet, wird enttäuscht: ein 1999 errichteter Neubau,
zweistöckig, weißer Klinker. Nicht zu übersehen: Der große Mast vor dem Haus mit
schwarz-weiß-roter Fahne daran - die Farben des Deutschen Reiches, vom VDSt "aus
Verbundenheit" gewählt, wie es in der Selbstdarstellung heißt.
Die Bremer Filiale gibt es seit zehn Jahren. Die Bundesbrüder lebten
"traditionelle, verbindungsstudentische Kultur", sagt Bastian Behrens:
diskutieren und feiern. "Wir verstehen uns als traditioneller, deutscher
Kulturverein." Mitmachen kann jeder, der das klasse findet.
Politik mache der VDSt als Gruppe nicht, sagt Behrens. Die Klientel sei zwar
"politisch eher bürgerlich-konservativ". Es gebe aber auch SPD- und
Grünen-Mitglieder, betont er und versichert: "Ein NPD-Mitglied würden wir auf
keinen Fall aufnehmen."
Ganz ohne Politik geht es beim VDSt aber dann doch nicht: Der Verein
organisiert "Vorträge und Seminare zu politischen und sozialen Problemen", die
Themen reichen von "Sicherheitsproblemen in der Raumfahrt" über "Grundlagen und
Probleme des deutschen Staatsangehörigkeits- und Asylrechts" bis zur Frage "Hat
der VDSt eine nationale Aufgabe?".
Alle an der Bremer Uni eingeschriebenen Männer können der Verbindung
beitreten. "Auch ein Iraner ist uns herzlich willkommen", sagt Behrens -
allerdings nur, wenn dieser für längere Zeit in Deutschland bleibe. "Wir sind
ein Freundschaftsbund und Freundschaften brauchen meistens etwas Zeit."
"Man kann das Thema Burschenschaften nicht ideologiefrei betrachten", sagt
dagegen der AStA-Vorsitzende Tim Cordßen. Hinter allen Verbindungen und
Burschenschaften stecke politische Überzeugung. Auch beim VDSt. "Selbst wenn man
da unpolitisch rangeht, muss einen stören, dass dort die Flagge in den berühmten
Farben im Garten weht."