Nach dem vereitelten Neonazi-Anschlag auf das Jüdische Gemeindezentrum in
München ist ein politischer Streit um den Umgang mit rechtsradikaler Gewalt
entbrannt. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) lehnte am Wochenende
Forderungen nach schärferen Gesetzen ab. Parallelen zum Terrorismus der RAF
nannte Schily abwegig.
"Die Strukturen sind nicht so, dass wir einen Vergleich mit der 70er-Zeit der
Roten Armee Fraktion wählen könnten und sollten", sagte Schily. Bayerns
Innenminister Günther Beckstein (CSU) hatte angesichts der Ermittlungen gegen
die mutmaßlichen Bombenbauer von einer "Braunen Armee Fraktion" gesprochen und
eine "erhöhte Gefahrenlage" festgestellt. Die verhafteten Neonazis hätten neben
jüdischen Einrichtungen weitere mögliche Ziele für Anschläge im Blick gehabt,
erklärte Beckstein. Unter anderen stünden auch Moscheen und eine griechische
Schule in München sowie spanische und italienische Ziele auf einer Liste, die
bei dem Gruppenführer gefunden worden sei.
Schily warnte vor "Alarmstimmung", kündigte aber an, die Beobachtung der
rechtsextremen Szene zu verstärken. Die Zusammenarbeit der Landesämter für
Verfassungsschutz solle "möglicherweise noch einmal intensiviert werden", sagte
Schily.
Der Berliner Rechtsextremismusforscher Burkhard Schröder erklärte im
taz-Interview, er könne "keine neue Qualität" rechten Terrors erkennen. Bei
diversen Gruppen seien in der Vergangenheit "schon weit mehr Waffen und
Sprengstoff gefunden worden". Die Politik müsse sich aber fragen lassen, "warum
die unzähligen Maßnahmen ,gegen rechts' nichts fruchten".
Die Bundesanwaltschaft hat gegen 10 mutmaßliche Rechtsextreme Haftbefehle
erwirkt. Acht von ihnen befinden sich in U-Haft, einer wegen Verdachts auf
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung."