antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

 
[Der Pressespiegel im Klick nach Rechts]

visuelle Weltverschwoerer:
Wo der Schläfer lacht

Sie nennen sich Bin-Laden-Crew oder Neu-Schwaben und hetzen gegen Amerika und gegen die Juden, ihre Waffen sind die Verschwörungstheorie und der rassistische Witz...

Peter Bierl

Kurt Tucholskys Feststellung, wonach Satire alles dürfe, ist kein Qualitätssiegel. Offen bleibt im jeweiligen Fall, wie geschmackvoll eine satirische Darstellung ist und was sie bezweckt. So zielte Titanic vor einem Jahr auf die Kampagnen Jürgen Möllemanns, als sie ein Titelbild mit der Frage »War Hitler Antisemit?« veröffentlichte und Parodien auf FDP-Plakate mit dem Slogan: »Judenfrei und Spaß dabei.«

Ein völlig anderes Interesse verfolgt eine so genannte Bin-Laden-Crew mit ihrem Internetauftritt. Männer mit umgehängten Bärten posieren in einer Höhle. Das Setting ist den Videobotschaften Ussama bin Ladens nachempfunden. Über die Homepage werden T-Shirts mit der Aufschrift »Schläfer« vertrieben, und es wird die Burka-Pflicht gefordert.

Ein Agent namens Tante Horst berichtet von einem Atomtest im Kölner Untergrund und dem ersten Weltraumflug der Bin-Laden-Crew, die darüber streitet, ob der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre mit Schweinekopfsülze gefeiert werden darf. Der Leser erfährt, dass der US-Geheimdienst die abgestürzte Raumfähre Columbia direkt in den Berliner Reichstag leiten wollte, aber der Fernsehturm in der Einflugschneise stand. Eine als Satire betitelte Rubrik enthält allerlei Karikaturen; eine basiert auf dem rassistischen Stereotyp, Polen seien Autodiebe. Ein US-Soldat im Irak sucht in der Wüste seinen Panzer, die Überschrift lautet: »Die polnischen Truppen sind im Irak angekommen.«

Fotos sollen Auftritte der Crew und ihrer Schläfertruppe in Berlin bei der Hateparade, der Demo »Mehr Krieg für alle« am 14. Februar sowie bei einem Beachvolleyballturnier dokumentieren. Gerne zeigt man sich in militärischer Pose mit Sturmhauben.

Die »sachlichen« Beiträge bezichtigen die US-Regierung, vorab über die Anschläge vom 11. September 2001 informiert gewesen zu sein. Die Attentate würden genutzt, um die Weltherrschaft zu erringen. Genauso habe Präsident Franklin D. Roosevelt einst über den Angriff der Japaner auf Pearl Harbor Bescheid gewusst, ja diesen sogar provoziert, um eine friedlich gestimmte Bevölkerung in den Krieg zu treiben.

Solche Verschwörungstheorien funktionieren auch deshalb, weil sie einige Körnchen Wahrheit enthalten. Zu Recht kann die Bin-Laden-Crew darauf hinweisen, dass es die US-Regierung war, die in den achtziger Jahren die Mudjahedin und bin Laden im Kampf gegen die Sowjetunion aufgebaut hat.

Zum ersten Jahrestag des 11. September schreibt die Crew, es sei »höchste Zeit für einen expliziten Anti-Bushismus, bevor dieser Neo-Nero den Rest der Welt in Brand setzt«. Dabei stützt sie sich auf nicht näher benannte Ungereimtheiten in der offiziellen Tatversion und gelangt zu dem Ergebnis: »Wir glaubten (von Anfang an) an die Unschuld bin Ladens! Inzwischen erkennen immer mehr Menschen die nicht zu übersehenden ›offiziellen‹ Lügen und Intrigen, so dass auch wir stetig mehr Zuspruch bekommen.« Das ist leider weder Satire noch Übertreibung. Umfragen zufolge glaubt fast ein Fünftel der Deutschen, dass die US-Regierung die Anschläge selbst in Auftrag gegeben habe.

Von der Internetseite der Bin-Laden-Crew führt ein Link zu der Seite elfterseptember.info, wo behauptet wird, es habe sich bei den damaligen Anschlägen um eine verdeckte Operation der US-Geheimdienste mit modernsten Waffen, kombiniert mit Videomanipulationen, gehandelt. Als Zeuge wird der US-Sektenführer Lyndon LaRouche angeführt, dessen Glaubwürdigkeit durch die Bezeichnung »mehrfacher US-Präsidentschaftskandidat und brillanter Ökonom« erhöht werden soll. Verwiesen wird auch auf die Wochenzeitschrift Neue Solidarität der deutschen LaRouche-Fans von der rechten Bürgerbewegung Solidarität.

Als weitere Referenzen sind Gerhard Wisnewski und sein verschwörungstheoretischer Beitrag im WDR sowie die Konferenz »Der inszenierte Terrorismus« in Berlin aufgeführt. (Jungle World, 29/03)

Auf der Internetseite wird spekuliert, ob der Mossad Jürgen Möllemann ermordet habe. Geworben wird für Bücher wie »Allah ist ganz anders« von Sigrid Hunke sowie »Der multidimensionale Kosmos« von Armin Reis, der über Astralwelten, Außerirdische und Logen spekuliert. Die Seite schließt mit einem Zitat des Gurus Sri Aurobindo über die Verderbtheit der Welt: »Die Welt ist eine verwundete Giftschlange, die sich ihrer vorbestimmten Häutung und Vollkommenheit entgegenwindet. Warte geduldig, denn es handelt sich um einen göttlichen Wettkampf; und aus dieser Niedrigkeit wird Gott auftauchen, leuchtend und triumphierend.«

Aurobindo passt gut in diese Szene aus paranoiden Esoterikern, Antiimps, Ufologen und Nazis. In dem Werk »Zyklus der menschlichen Entwicklung« preist der Guru die Deutschen als »höchste nordische Rasse« und lobt den Vernichtungskrieg der Nazis als Weg zur Vollkommenheit, auf dem seiner Ansicht nach minderwertige Afrikaner, Asiaten sowie die »lateinische Rasse« ausgemerzt werden sollten.

Die Bin-Laden-Crew jedenfalls lässt keinen Zweifel daran, wer im göttlichen Wettkampf die Niedrigkeit verkörpert. Sie fordert »Freiheit für Palästina, Schluss mit dem israelischen Terror« und zeigt allerlei Fotos, die jüdischen Staatsterror belegen sollen, sogar jüdische Kinder würden sich daran beteiligen. Ein Link führt zur britischen Kampagne, die einen völligen ökonomischen, akademischen, kulturellen, sportlichen und touristischen Boykott Israels verficht und darüber hinaus dazu auffordert, nicht bei Firmen zu kaufen, die die »zionistische Entität« unterstützen.

Im Gästebuch der Bin-Laden-Crew schrieb jemand: »Good jews are hot jews«, also sinngemäß: »Gute Juden sind brennende Juden.« Die Crew merkte dazu an: »Good jews??«

Die Nazis aus »Neu-Schwabenland« dankten im Gästebuch für solche Judenwitze. Sie glauben an »Reichs-Flugscheiben«, die die geflohene NS-Führung im Erdinneren unter dem antarktischen Neu-Schwabenland entwickle, um die USA und Israel eines Tages zu zerstören. »Der Sieg ist unser«, meldeten sie. Um einem solchen Sieg zumindest näher zu kommen, ist die von der Bin-Laden-Crew gepflegte Satire im Unterschied zu fliegenden Nazi-Untertassen eine gefährliche Waffe.

Jungle World
Jungle World Nummer 33 vom 06.08.2003

kt / hagalil.com / 2003-08-08

Die im Pressespiegel veröffentlichten Texte spiegeln die Meinungen der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Verantwortlichen dieser Website wieder.


DE-Titel
US-Titel

Books

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2013 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved