Deutschland befindet sich in der Krise, und das lässt die extreme Rechte
nicht unbekümmert. Der freie Fall in die Rezession solle die letzten Zweifler
aufrütteln »gegen eine Politik, die nur noch darauf aus ist, das eigene Volk
abzuschaffen und durch ein völlig entrechtetes Vielvölkergemisch zu ersetzen«,
heißt es etwa auf der rechtsextremen Website www.radio-freiheit.com.
Radio Freiheit wendet sich gegen eine »reine Konsumentenansammlung in einem
enthemmten Turbokapitalismus« und macht sich »für die wirkliche Volksherrschaft
in diesem Lande« stark. Das Programm des Senders richte sich »gegen die
Entwicklung hin zu einer Diktatur des Geldes und der hohlen Phrasen mit
amerikanischem Zungenschlag«.
Im rechtsextremen Diskurs ist unter anderem die Rede vom
»Liberalkapitalismus«, wenn das gegenwärtige Wirtschaftssystem beschrieben
werden soll. Waldemar Maier, der für Radio Freiheit verantwortlich zeichnet,
sieht »das liberalkapitalistische System in der BRD in einer strukturellen
Krise«. Schuld daran seien die »exportabhängige BRD-Wirtschaft«, »die
entnationalisierte Euro-Währung« und die Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB), die vor allem dem »deutschen Volk« schade. »Denn der Euro
sorgt durchaus für eine sehr effiziente Umverteilung des Volksvermögens von
unten nach oben«, schreibt er in einem seiner Texte.
Mit aufklärerischem Gestus prangert er den »Verblödungsgrad« der
konsumsüchtigen Deutschen an. »Der Amüsierpöbel freut sich immer noch am
Ballermann, dass er sein Geld nicht mehr umtauschen muss, auch wenn er ansonsten
auf Pump lebt.«
Die Mitschuld an der »fortschreitenden sozialen Versteppung« des
»entnationalisierten Wirtschaftsstandortes Deutschland« trügen die
Gewerkschaften. Täten sie doch nichts gegen »die Amerikanisierung der
Verhältnisse« in der »multikulturellen« Gesellschaft. Das so begünstigte
»asoziale Großkapital« habe sich »stets für eine Flutung der Grenzen eingesetzt,
um die Löhne nachhaltig zu drücken und damit seine Gewinne auf Kosten der
Gemeinschaft zu maximieren«, glaubt Maier.
An seinen Texten kann man gut die Strategie der extremen Rechten ablesen,
sich als die wahren Globalisierungskritiker zu verkaufen. Man polemisiert heftig
gegen den angeblichen amerikanischen »Sozialdarwinismus« und die
»Ellenbogengesellschaft«. Die NPD etwa beklagt die »immer weiterreichende
globale Deregulierung und Liberalisierung der ehemaligen nationalen Märkte«
durch »einen massiven globalen Standortwettbewerb«.
Das Ziel der Partei ist die Umkehr zur »sozialen Volksgemeinschaft«. So nennt
sie ihre »politische Theorie des revolutionären Nationalismus«. Nach dieser habe
»die Ökonomie dem Volke zu dienen und nicht das Volk der Ökonomie. Aus diesem
Grunde setzt der revolutionäre Nationalismus das gesetzlich festgeschriebene
Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft ein.«
Das Herz der Rechtsextremen schlägt auch für alte und kranke Menschen. In
einem Text mit dem Titel »Zurück zur Volksgemeinschaft« kritisiert Maier von
Radio Freiheit die jüngsten Äußerungen des Bundesvorsitzenden der Jungen Union,
Philipp Mißfelder, der Leistungskürzungen in der Gesundheitsversorgung für
ältere Menschen gefordert hatte. »Ja, früher – da ließ man alte Menschen auch
verrecken, wenn sie lästig wurden. Und auch wenn Mißfelder das so deutlich nicht
aussprechen mochte, als Belastung werden die Alten in der entsolidarisierten
›multikulturellen‹ Gesellschaft schon lange empfunden«, schreibt er.
Auch zum Thema Gesundheitspolitik äußern sich die extremen Rechten. Für
Oliver Westerwinter von den Jungen Nationaldemokraten ist der »derzeitige
Zustand des bundesrepublikanischen Gesundheitssystems« die Folge der
Globalisierung, »die auch nicht vor den ursprünglich staatlichen Aufgabenfeldern
Halt macht und diese somit den Kräften des freien Markts unterwirft«. Er fordert
eine »national-revolutionäre Gesundheitspolitik« und eine auf den »Erhalt der
deutschen Volksgemeinschaft ausgerichtete Bevölkerungspolitik«; die Familie
müsse von der Politik »als höchster Lebenswert der Menschen« angesehen werden.
Die Partei »Die Republikaner« hingegen warnt: »Die Tage unserer Demokratie
könnten gezählt sein, wenn es nicht gelingt, mit mutigen Entscheidungen den
Sozialversorgungsstaat zu retten. Gefragt sind dabei: Rückbesinnung auf Tugenden
wie Maßhalten. Klares Bekenntnis zur Nation als der Grundlage des
Solidarprinzips«. Anders als etwa die NPD hetzen die Republikaner gegen die
sozial Benachteiligten. Sozialleistungen sollten »grundsätzlich nur als
Naturalleistungen vergeben werden«, das »Prinzip Leistung-Gegenleistung muss
berücksichtigt werden«.
Für den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt hingegen ist die Agenda 2010
»Sozialverrat« am »deutschen Arbeiter«. Er schwingt sich zum Kämpfer für die
sozial Benachteiligten in Deutschland auf. »Um mehr Geld in die maroden
Staatskassen zu bekommen, schröpfen sie durch Leistungskürzungen gerade die
Ärmsten der Armen, die sozial Schwachen, die Arbeitslosen und die Rentner, die
dieses Land erst aufgebaut haben«, schreibt er in der NPD-Zeitung Deutsche
Stimme. Andererseits betont er, dass unter den 2,7 Millionen
Sozialhilfeempfängern »ein überdurchschnittlich hoher Anteil Ausländer« sei.
Voigt fodert: »Förderung kinderreicher deutscher Familien statt Rentenkürzung,
Re-Nationalisierung der Volkswirtschaft statt Globalisierung, Schutzzölle statt
Billigeinfuhren, Beschäftigung von Deutschen statt Ausländern im eigenen Land.«
In einer Besprechung des Buches »Die Globalisierung und ihre Gegner« von
Claus Leggewie schreibt ein Hugo Fischer selbstbewusst in der Deutschen Stimme:
»Es ist also noch lange nicht ausgemacht, welche politische Richtung den
stärksten Auftrieb durch die Globalisierungskritik erhalten wird.« In der Frage
des Sozialabbaus in Deutschland ist die extreme Rechte mit ihrer Propaganda
jedenfalls in die Offensive gegangen, während von der Linken vergleichsweise
wenig zu vernehmen ist.