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Rechtsrock:
Panzerfaust aufs Ohr

Während die Naziband Landser in Berlin vor Gericht steht, läuft der Vertrieb ihrer CDs erfolgreich weiter...

Alexander Fichtner und Annelies Senf

Die Läden heißen Backstreetnoise oder Way of Life. Sie verbreiten rechtsextreme Rockmusik. Auch Tonträger der Band Landser, gegen die gegenwärtig am Berliner Kammergericht ein Prozess wegen Volksverhetzung, der Verherrlichung des Nationalsozialismus, der Aufstachelung zu Rassenhass, Mord und der Bildung einer kriminellen Vereinigung läuft. (Jungle World, 29/03)

Eine Schlüsselfigur des illegalen Vertriebes solcher CDs, Mirko Hesse, muss demnächst als Zeuge in dem Prozess aussagen. Der sächsische Neonazi, der sich zum Vertrieb der Landser-CDs äußern soll, sitzt momentan für vier Jahre in Haft, u.a. wegen seiner Beteiligung an der Produktion und dem Vertrieb der Rechtsrockbestseller »Ran an den Feind« der Landser und »Noten des Hasses« der Band White Aryan Rebels sowie wegen Waffenbesitzes.

Hesse war zuvor ein umtriebiger Kamerad. Ehemals Anführer der deutschen Hammerskins, war er auch Herausgeber des Fanzines Hass Attacke, Inhaber des Labels H. A. Records in Dresden und Informant des Verfassungsschutzes. Insgesamt soll er 8 000 Stück von »Ran an den Feind« hergestellt haben. Das Beiheft zur CD lieferte der Neonazi Toni Stadler aus Brandenburg, der Hesse auch beim Vertrieb der »Noten des Hasses« tatkräftig unterstützte. Stadler war Informant des brandenburgischen Verfassungsschutzes. (Jungle World, 33/02)

Mitglieder der Landser hatten Hesse nach ihrer Verhaftung stark belastet. Mitte September 2000 habe Hesse in Berlin die Landser-Master-CD von »Ran an den Feind« mit dem Auftrag zur Pressung vom Chemnitzer Jan Werner bekommen. Gegen Werner, den früheren Anführer der Organisation Blood & Honour Sachsen, wird ebenfalls ermittelt. Er betrieb mit anderen Nazis das einflussreiche Label Movement Records und gab das Fanzine White Supremacy heraus.

Seine Inhaftierung beendete vorläufig Hesses Karriere. Er galt mit seinem 1997 gegründeten Versandhandel H. A. Records als wichtige Figur der sächsischen Neonaziszene. Seine Firma konnte Hesse mit 12 000 Mark staatlichen Fördermitteln für den Schritt aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit aufbauen.

H. A. Records gehört neben Hate Sounds aus Werder bei Potsdam und Shootdown Records aus Bamberg zu den professionellen und bedeutenden Rechtsrockvertrieben. Auch der Betreiber von Hate Sounds, Sven Schneider, war nach Angaben der Antifa-Zeitschrift Monitor Informant des Verfassungsschutzes.

Trotz des Prozesses geht der Verkauf von Landser-CDs munter weiter. In rechten Fanzines wird eine Tribute-CD der Band angepriesen, auf der Gruppen wie beispielsweise Storm, Hauptkampflinie oder Radikahl Lieder der Landser covern. Tonträger der drei genannten Bands stehen ebenso wie die der Landser auf dem Index. Auch die US-amerikanische Band Bound For Glory ist auf der Tribute- CD vertreten.

Mitglieder dieser den Hammerskins nahe stehenden Band sind auch Begründer des Labels und Vertriebs Panzerfaust in Newport, Minnesota. Neben nazistischer Literatur, Hakenkreuz- und SS-Fahnen aller Art und Tonträgern anderer rechter Bands sind im Panzerfaust-Internetvertrieb auch alle in Deutschland indizierten Tonträger der Landser erhältlich. Der in Riesa ansässige NPDler Jens Pühse mit seinem Vertrieb Pühses Liste kooperiert mit dem Panzerfaust-Label. Zusammen veröffentlichte man die CD »Best Of Panzerfaust«.

Neben der Tribut-CD für die Landser ist mittlerweile auch eine nicht indizierte CD der Band mit dem Titel »Jetzt erst recht« im Umlauf. Für diese nennen sich die Landser, nach einem ihrer Lieder, Tanzorchester Immervoll. Ein Lied der CD ist dem Ku-Klux-Klan gewidmet, in einem anderen fragen sie sich: »Wann wirst Du wieder deutsch, o mein Ostpreußen?« In einer Coverversion des Ton-Steine-Scherben-Songs »Allein machen sie dich ein« droht die Band: »Dann werden sie nicht mehr lachen, sondern sich auf die Socken machen, auf die Bahamas oder ins Tessin, der Bubis weiß am besten, wohin.«

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften lehnte die Indizierung dieses Tonträgers mit einer Entscheidung vom 4. April dieses Jahres ab. Er darf weiterhin frei verkauft, beworben und per Post vertrieben werden.

Wie fast alle Landser-CDs ist die Tribute-CD nicht mit einer offiziellen Labelbezeichung versehen. Dafür aber mit einer Werbung für TTV-Records. Der Betreiber dieses Labels ist Lars Georgi, dem auch das Hamburger Label Wotan-Records gehört. Er brachte mit seiner Firma schon öfter indizierte Songs neu heraus, etwa die CD »Kraft für Deutschland« von Noie Werte unter dem Titel »Zusammenhalt«. Bei Georgis Tonträger- und Textilvertrieb TTV gibt es auch reichlich Landser-Artikel: Schlüsselanhänger, Basecaps, »T-Hemden«, Pullover mit dem Schriftzug oder Logo der Band.

Der Boom des Geschäfts mit Landser ist durch die bereits in den neunziger Jahren aufgebauten Strukturen möglich. So konnte auf die juristische Verfolgung der Band rasch mit neuen Veröffentlichungen geantwortet werden. Vertrieben wird die neue Landser- CD von Front-Records im sächsischen Torgau. Erhältlich ist sie über ein dichtes Netz von Versandfirmen und Läden, die mit rechter Musik handeln. Backstreetnoise aus Chemnitz etwa verbindet Label, Laden und Versand. Der Inhaber des Markennamens ist Hendrik Lasch. Er war Mitte der neunziger Jahre ein Aktivist der Chemnitzer Skinheadgruppe CC 88, aus deren Umfeld das Fanzine Foier Frei stammt.

Way Of Life in Halle hingegen wurde bis Ende der neunziger Jahre vom Weimarer Neonazi Ingo Grönwald betrieben. Er besaß gute geschäftliche Kontakte zur skandinavischen Blood & Honour– Division und wurde im November 2001 nach Razzien in seinen Geschäftsräumen wegen Volksverhetzung und Propagandadelikten zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Wenn die Landser demnächst verurteilt werden sollten, dürfte das dem Absatz ihrer Produkte einen Aufschwung bescheren. Denn dieser deutsche Wirtschaftszweig boomt trotz der Krise.

Jungle World
Jungle World Nummer 32 vom 30.07.2003

kt / hagalil.com / 2003-08-08

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