Die Läden heißen Backstreetnoise oder Way of Life. Sie verbreiten rechtsextreme
Rockmusik. Auch Tonträger der Band Landser, gegen die gegenwärtig am Berliner
Kammergericht ein Prozess wegen Volksverhetzung, der Verherrlichung des
Nationalsozialismus, der Aufstachelung zu Rassenhass, Mord und der Bildung einer
kriminellen Vereinigung läuft. (Jungle World, 29/03)
Eine Schlüsselfigur des illegalen Vertriebes solcher CDs, Mirko Hesse, muss
demnächst als Zeuge in dem Prozess aussagen. Der sächsische Neonazi, der sich
zum Vertrieb der Landser-CDs äußern soll, sitzt momentan für vier Jahre in Haft,
u.a. wegen seiner Beteiligung an der Produktion und dem Vertrieb der
Rechtsrockbestseller »Ran an den Feind« der Landser und »Noten des Hasses« der
Band White Aryan Rebels sowie wegen Waffenbesitzes.
Hesse war zuvor ein umtriebiger Kamerad. Ehemals Anführer der deutschen
Hammerskins, war er auch Herausgeber des Fanzines Hass Attacke, Inhaber des
Labels H. A. Records in Dresden und Informant des Verfassungsschutzes. Insgesamt
soll er 8 000 Stück von »Ran an den Feind« hergestellt haben. Das Beiheft zur CD
lieferte der Neonazi Toni Stadler aus Brandenburg, der Hesse auch beim Vertrieb
der »Noten des Hasses« tatkräftig unterstützte. Stadler war Informant des
brandenburgischen Verfassungsschutzes. (Jungle World, 33/02)
Mitglieder der Landser hatten Hesse nach ihrer Verhaftung stark belastet.
Mitte September 2000 habe Hesse in Berlin die Landser-Master-CD von »Ran an den
Feind« mit dem Auftrag zur Pressung vom Chemnitzer Jan Werner bekommen. Gegen
Werner, den früheren Anführer der Organisation Blood & Honour Sachsen, wird
ebenfalls ermittelt. Er betrieb mit anderen Nazis das einflussreiche Label
Movement Records und gab das Fanzine White Supremacy heraus.
Seine Inhaftierung beendete vorläufig Hesses Karriere. Er galt mit seinem
1997 gegründeten Versandhandel H. A. Records als wichtige Figur der sächsischen
Neonaziszene. Seine Firma konnte Hesse mit 12 000 Mark staatlichen Fördermitteln
für den Schritt aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit aufbauen.
H. A. Records gehört neben Hate Sounds aus Werder bei Potsdam und Shootdown
Records aus Bamberg zu den professionellen und bedeutenden Rechtsrockvertrieben.
Auch der Betreiber von Hate Sounds, Sven Schneider, war nach Angaben der
Antifa-Zeitschrift Monitor Informant des Verfassungsschutzes.
Trotz des Prozesses geht der Verkauf von Landser-CDs munter weiter. In
rechten Fanzines wird eine Tribute-CD der Band angepriesen, auf der Gruppen wie
beispielsweise Storm, Hauptkampflinie oder Radikahl Lieder der Landser covern.
Tonträger der drei genannten Bands stehen ebenso wie die der Landser auf dem
Index. Auch die US-amerikanische Band Bound For Glory ist auf der Tribute- CD
vertreten.
Mitglieder dieser den Hammerskins nahe stehenden Band sind auch Begründer des
Labels und Vertriebs Panzerfaust in Newport, Minnesota. Neben nazistischer
Literatur, Hakenkreuz- und SS-Fahnen aller Art und Tonträgern anderer rechter
Bands sind im Panzerfaust-Internetvertrieb auch alle in Deutschland indizierten
Tonträger der Landser erhältlich. Der in Riesa ansässige NPDler Jens Pühse mit
seinem Vertrieb Pühses Liste kooperiert mit dem Panzerfaust-Label. Zusammen
veröffentlichte man die CD »Best Of Panzerfaust«.
Neben der Tribut-CD für die Landser ist mittlerweile auch eine nicht
indizierte CD der Band mit dem Titel »Jetzt erst recht« im Umlauf. Für diese
nennen sich die Landser, nach einem ihrer Lieder, Tanzorchester Immervoll. Ein
Lied der CD ist dem Ku-Klux-Klan gewidmet, in einem anderen fragen sie sich:
»Wann wirst Du wieder deutsch, o mein Ostpreußen?« In einer Coverversion des
Ton-Steine-Scherben-Songs »Allein machen sie dich ein« droht die Band: »Dann
werden sie nicht mehr lachen, sondern sich auf die Socken machen, auf die
Bahamas oder ins Tessin, der Bubis weiß am besten, wohin.«
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften lehnte die Indizierung
dieses Tonträgers mit einer Entscheidung vom 4. April dieses Jahres ab. Er darf
weiterhin frei verkauft, beworben und per Post vertrieben werden.
Wie fast alle Landser-CDs ist die Tribute-CD nicht mit einer offiziellen
Labelbezeichung versehen. Dafür aber mit einer Werbung für TTV-Records. Der
Betreiber dieses Labels ist Lars Georgi, dem auch das Hamburger Label
Wotan-Records gehört. Er brachte mit seiner Firma schon öfter indizierte Songs
neu heraus, etwa die CD »Kraft für Deutschland« von Noie Werte unter dem Titel
»Zusammenhalt«. Bei Georgis Tonträger- und Textilvertrieb TTV gibt es auch
reichlich Landser-Artikel: Schlüsselanhänger, Basecaps, »T-Hemden«, Pullover mit
dem Schriftzug oder Logo der Band.
Der Boom des Geschäfts mit Landser ist durch die bereits in den neunziger
Jahren aufgebauten Strukturen möglich. So konnte auf die juristische Verfolgung
der Band rasch mit neuen Veröffentlichungen geantwortet werden. Vertrieben wird
die neue Landser- CD von Front-Records im sächsischen Torgau. Erhältlich ist sie
über ein dichtes Netz von Versandfirmen und Läden, die mit rechter Musik
handeln. Backstreetnoise aus Chemnitz etwa verbindet Label, Laden und Versand.
Der Inhaber des Markennamens ist Hendrik Lasch. Er war Mitte der neunziger Jahre
ein Aktivist der Chemnitzer Skinheadgruppe CC 88, aus deren Umfeld das Fanzine
Foier Frei stammt.
Way Of Life in Halle hingegen wurde bis Ende der neunziger Jahre vom Weimarer
Neonazi Ingo Grönwald betrieben. Er besaß gute geschäftliche Kontakte zur
skandinavischen Blood & Honour– Division und wurde im November 2001 nach Razzien
in seinen Geschäftsräumen wegen Volksverhetzung und Propagandadelikten zu einer
Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt.
Wenn die Landser demnächst verurteilt werden sollten, dürfte das dem Absatz
ihrer Produkte einen Aufschwung bescheren. Denn dieser deutsche Wirtschaftszweig
boomt trotz der Krise.