Das Netzwerk Attac streitet über den Umgang mit rechten
Globalisierungskritikern. Anlass ist das von Attac in Frankfurt am Main
initiierte Bürgerbegehren gegen das "Cross Border Leasing" der Frankfurter
U-Bahn, die an eine amerikanische Aktiengesellschaft verpachtet werden soll.
Mehr als 40.000 Unterschriften wurden bislang gesammelt, um einen
Bürgerentscheid über die Angelegenheit zu fordern.
Doch nun sorgt das Bündnis "Rettet unsere U-Bahn" für Katzenjammer statt
Champagnerlaune. Der Stein des Anstoßes: die Beteiligung der
rechtspopulistischen Freien Wähler "Bürger für Frankfurt" (BFF) an dem Bündnis.
Kritiker der Bündnispolitik von Attac Frankfurt haben den Konflikt nun an die
Öffentlichkeit getragen. Damit ist die Frage, ob die globalisierungskritische
Bewegung eine offene Flanke nach rechts hat, auf die Attac-Tagesordnung gesetzt.
"Es geht um den Unterschied zwischen einer emanzipatorisch-demokratischen und
einer reaktionären und nationalistischen Globalisierungskritik", sagt Thomas
Seibert von der Frankfurter Hilfsorganisation Medico International, die zu den
Mitbegründern von Attac gehört. Gemeinsam mit anderen Vertretern im Attac-Rat
verweist Seibert auf die Erfahrung der Grünen. Die hatten sich Ende der
Achtzigerjahre per Ausschlussverfahren von rechten Ökoaktivisten getrennt. Zur
Debatte stehe das Selbstverständnis der globalisierungskritischen Bewegung:
"Wird die soziale oder die nationale Frage gestellt?"
Zu Beginn des Frankfurter Bürgerbegehrens im Mai schien sich niemand daran zu
stören, dass neben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Pax Christi oder
der PDS auch die "Bürger für Frankfurt" im Bündnis saßen. Dann aber weckten
Verweise auf Programm und Parlamentsanträge der BFF, die mit einem Abgeordneten
im Stadtparlament vertreten sind, erste Zweifel. "Alle Feierlichkeiten eines 3.
Oktober enden mit dem Absingen der deutschen Nationalhymne" wird da gefordert.
Zudem, so die Kritiker, würden die BFF rassistische Ressentiments schüren,
beispielsweise als Mitinitiatoren der Unterschriftensammlung gegen die doppelte
Staatsbürgerschaft. Für die BFF sind das alles "linksextreme Verleumdungen, um
das erfolgreiche Bündnis zu spalten".
Michael Friedrich, einer der Sprecher von Attac Frankfurt, verteidigt das
Bündnis mit den BFF. Man habe angesichts der großen Koalition im Frankfurter
Römer bei der Opposition nach Unterstützung für das Bürgerbegehren suchen
müssen. Zudem seien die BFF-Aktivisten während des Bürgerbegehrens "nicht
unangenehm" aufgefallen und hätten "Zeit und Geld aufgebracht". Den Vorwurf der
Kritiker, Attac Frankfurt habe sich mit der Erklärung, man dürfe eine
erfolgreiche Kampagne nicht gefährden, monatelang vor einer Entscheidung
gedrückt, kontert Friedrich: Die Kritiker hätten zunächst "kein fundiertes
Material" gegen die BFF vorgelegt. Nach der Diskussion sei aber nun klar, so
Friedrich, dass die BFF für Attac "nicht der passende Umgang" seien.
Diplomatisch erklärt der Sprecher, es werde "wohl künftig keine Zusammenarbeit
mit den BFF in der Form geben". Ende August soll das Plenum der 300 Mitglieder
von Attac Frankfurt darüber entscheiden.
Im September wird sich auch der bundesweite Koordinierungskreis von Attac mit
den Frankfurter Ereignissen beschäftigen. "Es ist nicht ohne weiteres möglich,
einzelnen Gruppen etwas vorzuschreiben", sagt Sven Giegold, Sprecher des
Attac-Netzwerkes. Allerdings gelte der Attac-Konsens, keine rassistischen,
antisemitischen und rechtsextremen Positionen zu dulden, auch für Gruppen, mit
denen man zusammenarbeite.
Die Debatte über eine klare Abgrenzung nach rechts wird derzeit auch im
internationalen Netzwerk der Globalisierungskritiker geführt. Stein des Anstoses
ist die polnische Zeitung Obywatel, die von einem Mitbegründer der polnischen
Attac-Gruppe herausgegeben wird. Der deutsche Rechtsextremist Horst Mahler hatte
in dem Blatt ein sechsseitiges Traktat veröffentlicht und gefordert, Linke und
Rechte sollten "gemeinsam gegen das System" kämpfen. "Diese Querfrontstrategie
ist völlig inakzeptabel", so Giegold.