Neonazismus:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
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Unbekannte zündeten am 20. August das Auto einer alleinstehenden Rom in
Gersdorf (Sachsen) an, berichtete die Sächsische Zeitung. Der Wagen brannte
vollkommen aus. 50 Sinti und Roma aus Frankreich bewohnten den am Wald liegenden
Festplatz des Ortes erst seit wenigen Tagen. Nach Angaben der lokalen Presse ist
das Waldstück ein beliebter Treffpunkt für Rechtsextremisten. Ein Mann aus der
Gruppe der Sinti und Roma erzählte, dass die Nachbarn aus den angrenzenden
Gärten gedroht hätten, die Wohnwagen der Leute zu demolieren, wenn sie nicht
wieder abrückten. Die Gruppe verließ Gersdorf sofort nach dem Anschlag. Der
Kongolese Raphael Batoba aus Berlin konnte seine Abschiebung am 19. August zum
dritten Mal verhindern. Schon im Juli dieses Jahres lehnten es verschiedene
Fluggesellschaften ab, den Mann gegen seinen Willen in das Bürgerkriegsland zu
fliegen (Jungle World, 34/03). Peter Fleischmann, der Sprecher des Berliner
Innensenats, verteidigte die Ausweisung des 38jährigen und erklärte, dass Batoba
jung und gesund und es ihm zuzumuten sei, sich im Kongo wieder zu integrieren.
Am Tag vor der geplanten Ausweisung hatten ihn die Beamten bei einer Vorsprache
in der Berliner Ausländerbehörde festgenommen. Zwischen dem 15. und dem 18.
August beschädigten Unbekannte den jüdischen Friedhof in Kassel (Hessen). Sie
stürzten 56 bis zu 900 Kilogramm schwere Grabsteine um oder zerstörten sie. Der
Schaden liegt nach dem Polizeibericht bei 25 000 Euro. Der suizidgefährdete
Kurde Sever Öztürk muss auch weiterhin in der Abschiebehaftanstalt Langenhagen
(Niedersachsen) bleiben, berichtete der Niedersächsische Flüchtlingsrat am 15.
August. Seit Anfang Juli ist Öztürk im Hungerstreik, weil ihm die Abschiebung in
die Türkei droht. Obwohl der Amtsarzt der Haftanstalt bereits dreimal
versicherte, dass eine Ausweisung den Kurden in Lebensgefahr bringe, hält das
Innenministerium Niedersachsen an der Entscheidung fest. Der Mann wurde schon
einmal im November 1997 in die Türkei abgeschoben. Er gab an, dort gefoltert
worden zu sein. Als er wieder nach Deutschland flüchtete, wiesen ihn die
Behörden in die Haftanstalt ein. Die Staatsanwaltschaft Trier (Rheinland-Pfalz)
stellte am 6. August ein Strafverfahren gegen die dortige Ausländerbehörde ein.
Im Juli hatten vier Chinesen die Verantwortlichen der Behörde angezeigt, weil
sie bei einer Zwangsvorführung im Amt von chinesischen Polizisten bedroht und
verletzt worden seien, meldete Pro Asyl. Bei Verhören von abgelehnten
Asylbewerbern werden oftmals so genannte Experten aus dem jeweiligen
Herkunftsland der Betroffenen herangezogen. Deutsche Beamte sind bei diesen
Befragungen nicht dabei. In dem Abkommen des Bundesinnenministeriums mit den
Landesregierungen wurde bisher nicht festgelegt, welche Qualifikationen ein
solcher »Experte« haben muss.
Jungle World
Jungle World Nummer 36 vom 27.08.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-08-28
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