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Rechtsrock:
Vertonte Hetze

In einem Studio in der Nähe von Bremen spielen bekannte neonazistische Rock-Bands ihre Lieder ein. Der Betreiber macht mit der braunen Musik gute Geschäfte...

Paul Stoever

Welches Tonstudio in der Bundesrepublik will schon grölende, ausländerfeindliche Skinheadmusik abmischen? Der ehemalige Rechtsextremist und Düsseldorfer Unternehmer Thorsten Lemmer hatte zwar genügend Rechtsrock-Bands an der Hand, aber kein geeignetes Studio. Über eine Branchenliste wurde er auf „Art of Sound Records“ in Schwarme, einem Dorf bei Bremen, aufmerksam. Der aalglatte Yuppie, auch als Manager der Gruppe „Störkraft“ bekannt, überzeugte den Betreiber und es entstanden einige Studioaufnahmen. Damit begann der Einstieg von Johannes Meyer und seiner Firma „Art of Sound“ in das Geschäft mit der rechtsradikalen Musikszene. Ursprünglich waren in seinem Tonstudio in Schwarme Musikproduktionen von Punk- beziehungsweise Popbands wie „Jake Lynch“ aus Bremen entstanden.

„Der Name ‘Endlöser’ ist Programm“

Inzwischen bedanken sich bundesweit bekannte Neonazi-Bands wie „Endlöser“ begeistert für die Zusammenarbeit mit „Johannes von AoS“. Als noch kaum jemand die 1995 in Dortmund gegründete Band „Oidoxie“ kannte, nahmen die bereits ihre CDs in Schwarme auf. Mittlerweile spielt die Rechtsrock-Band auf Demonstrationen des Hamburger Freien Nationalisten Christian Worch oder beim verspäteten Geburtstagskonzert für Adolf Hitler am 21. April 2000 in Terrassa in Spanien. In einem Interview soll Bassist Dennis Linsenbarth den vor zehn Jahren verstorbenen „Blood&Honour“-Gründer Ian Stuart und den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß als Band-Vorbilder genannt haben. Die CD „Schwarze Zukunft“ von „Oidoxie“ wurde auf staatsanwaltschaftlichen Beschluss 1998 beschlagnahmt. Im Mai dieses Jahres fanden Hausdurchsuchungen des Dortmunder Staatsschutzes bei den andmitgliedern statt. Laut Zeitungsberichten sollen sie CDs und Videos mit volksverhetzendem Charakter und nationalsozialistischem Inhalt „hergestellt und verbreitet haben“.

In Schwarme dagegen verstand man sich bestens. Davon muss auch der bekannte Bremer Neonazi Jens Brandt gehört haben. Er ist Mitglied der dienstältesten deutschen Rechtsrock-Band „Endstufe“ und nach eigenen Angaben wurden von deren 20 Veröffentlichungen 100 000 Exemplare verkauft. Zwei CDs wurden indiziert. Brandt betrieb bis 2000 das Label Hanse-Records, damit wurde er bei Meyer in Schwarme vorstellig.

Die Kunde machte die Runde und auch die Band „Endlöser“ mischte ihre CD „Endlöser für Deutschland“ im Januar 2002 neun Tage lang bei „Art of Sound“. In einem Liedrefrain heißt es: „Endlöser ist unser Name, und der Name ist Programm. Unseren Worten folgen Taten, aller Feinde Untergang.“ Die Neonazi-Band, die im aktuellen Verfassungsschutzbericht von Bremen erwähnt ist, spielte im Oktober vergangenen Jahres gemeinsam mit drei US-Rechtsrock-Bands in Kirchseelte. Organisator des Neonazi-Konzerts war der Kameradschaftsführer Weser-Ems Robert Warnecke. Ein zweites Konzert wurde von der Polizei hochgenommen. Robert Warnecke ist inzwischen verzogen – übrigens nach Schwarme.

Allein Rechtsrock-Konzerte verbieten zu wollen, greift nicht

Auch eine weitere bekannte norddeutsche Band spielte ihre Lieder, nach eigenen Angaben, bei „Art of Sound“ ein, die „Boots Brothers“. Auf der band-eigenen Homepage jubelten sie: „Wir machten einen Termin und was dann geschah, glaubte keiner, es sprengte jegliche Vorstellungskraft, die wir bis dato besaßen. (...) wahnsinnig teuer aber gerechtfertigt und ab ging die Post.“

Das Geschäft mit der braunen Musik boomt. Die halbherzige Gegenstrategie der Behörden, allein die Rechtsrock-Konzerte verbieten zu wollen, greift nicht. Inzwischen warnt auch das Bundesinnenministerium offen vor der Gefahr durch rechtsradikale Musik und ihre Macher. Über deren Liedtexte werden gefährliche Ideologien in die Köpfe der zumeist jungen Hörer transferiert, auf Konzertveranstaltungen wird versucht, für die organisierte Szene zu werben.

Der Tonstudio-Betreiber Johannes Meyer scheint sich im Rechtsrock-Gewerbe etabliert zu haben und verdient mit musikalischer Hetze gut Geld – Skrupel kennt er keine.

www.bnr.de
blick nach rechts Nummer 13/2003

kt / hagalil.com / 2003-07-02

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