Verspäteter Konservativer :
Zum Tod des Historikers und Publizisten Armin Mohler
Er wäre so gern zur SS gegangen. Aber die SS wollte ihn
nicht. Als Hitlers Truppen sich 1941 zum Überfall auf die Sowjetunion
aufmachten, machte sich der junge Schweizer Armist Armin Mohler zum illegalen
Grenzübertritt nach Deutschland auf. "Ich wollte den Deutschen dabei helfen, den
Krieg zu gewinnen", sagte Mohler, der bis dahin nach eigener Auskunft eher
"linksextrem" veranlagt gewesen war. Doch weder die SS noch die Wehrmacht
wollten den frisch Konvertierten mit auf die Reise nach Osten nehmen. Ein Jahr
lang blieb er illegal in Berlin, dann kehrte er in die heimische Schweiz zurück
- und wurde als Fahnenflüchtiger in Militärhaft gesteckt...
Jens Balzer
Er wäre so gerne ein revolutionärer Konservativer gewesen. Doch dafür kam Armin
Mohler schlichtweg zu spät. Der elitäre Konservatismus der Weimarer Republik -
die Zirkel um Carl Schmitt und Ernst Jünger, in denen der Nationalsozialismus
gelegentlich befürwortet und oft romantisiert, aber insgesamt als zu pöbelhaft
abgelehnt wurde - ist dennoch für ihn zeit Lebens die bevorzugte Denkschule
geblieben. Mit seiner Doktorarbeit über "Die Konservative Revolution in
Deutschland 1918 - 1932", die er 1949 bei Karl Jaspers verfasste, hat er nicht
nur die bis heute umfangreichste Darstellung zum Thema vorgelegt. 1949 schaffte
er es dann sogar als Sekretär ins Vorzimmer seines größten Vorbilds Ernst Jünger
- wobei Mohler der bundesrepublikanische Jünger dann aber doch zu lasch, zu
ästhetizistisch und zu unrevolutionär geworden war.
Wohl wäre er gern an Jüngers Statt zum Wortführer der bundesrepublikanischen
Rechtsintellektuellen aufgestiegen; leider gab es außer Mohler kaum jemanden,
der auf intellektuelle Weise konservativ zu sein versuchte. Von 1953 bis 1961
arbeitete er als Paris-Korrespondent unter anderem für Die Zeit; seit 1961 lebte
Mohler in München: als Geschäftsführer der Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung
und als Kolumnist verschiedener Zeitungen und Monatsblätter, der unablässig
gegen Westbindung und Werteverlust, Schuldkomplex und sexuelle Revolution
polemisierte.
Er arbeitete für Franz Josef Strauß ebenso wie für den französischen
Neofaschisten Alain de Benoist; er schrieb für Die Zeit und Die Welt ebenso wie
für die Deutsche National-Zeitung; 1967 bekam er als Erster den
Konrad-Adenauer-Preis. Insofern war Mohler stets ein gutes Beispiel für die
Verflechtung zwischen dem bürgerlichen Konservatismus und der extremen Rechten
in der alten Bundesrepublik; einen dauerhaften "Diskurs" zwischen beiden Sphären
hat er freilich nie herstellen können. Auch der Versuch der von ihm inspirierten
"Neuen Rechten", nach 1989 aus der allgemeinen Verwirrung der älteren Linken
noch einmal kulturelles Kapital zu schlagen, scheiterte schnell. Der
Konservatismus der Gegenwart ist ja ein reiner Marktkonformismus; mit dem Mohler
schen Wunsch nach einer formierten Gesellschaft, nach festen Werten und
unverrückbaren Hierarchien hat er nichts mehr zu tun.
Am vergangenen Freitag ist Armin Mohler in München im Alter von 83 Jahren
gestorben.
Berliner Zeitung
Berliner Zeitung vom 10.07.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-12
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