Junge Freiheit:
Protestkampagne
Die „Junge Freiheit“ möchte ihr Image aufpolieren und Leser
gewinnen. „Allen Widrigkeiten zum Trotz: Wir lassen uns nicht fertigmachen!
Jetzt geht die ‘Junge Freiheit’ in die Offensive!“ In gewohnt kämpferischem Ton
startete Chefredakteur Dieter Stein die dritte Kampagne, mit der die neurechte
Berliner Wochenzeitung gegen das Innenministerium Nordrhein-Westfalen
mobilisiert...
Thomas Pfeiffer
Dem Schreiben, das an die Abonnenten und Förderer des Blattes gerichtet ist,
liegt der Aufruf bei, in Briefen an NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD)
gegen die Beobachtung der JF durch den Verfassungsschutz des Landes zu
protestieren. Hintergrund ist die Tatsache, dass der NRW-Verfassungsschutz die
„Junge Freiheit“ (JF) seit knapp zehn Jahren beobachtet und auf Anhaltspunkte
für den Verdacht rechtsextremer Bestrebungen verweist. Einen ähnlichen Aufruf
(„Appell für die Pressefreiheit“), den die JF im Frühjahr 2002 gestartet hatte,
haben nach Angaben der Zeitung 3000 Personen unterschrieben.
Neben der Protestkampagne hat Dieter Stein mehrere Maßnahmen angekündigt, die
der Zeitung ein besseres Ansehen und neue Leser bringen sollen: Eine
Imagebroschüre soll an Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus NRW sowie
„wichtige Multiplikatoren aus Politik und Medien“ versandt werden.
Medienvertreter sollen auch das Buch „Kampf um die Pressefreiheit“ Alexander von
Stahls erhalten. Dieser vertritt die Verfassungsbeschwerde, die die JF in
Karlsruhe eingereicht hat, um die Beobachtung durch den Verfassungsschutz NRW zu
stoppen, und ist zum wichtigsten Werbeträger der Zeitung geworden. Gleichzeitig
möchte die JF eine „Vertriebs-Offensive“ starten: Zeitungshändler, die sich
weigern, das Blatt anzubieten, sollen von dessen Seriosität überzeugt und 1000
neue Abonnenten gewonnen werden.
Bei alledem stützt sich die „Junge Freiheit“ auf zweifelhafte Argumente: In
seinem Schreiben verweist Stein ausführlich auf das zweite Interview, das der
brandenburgische Ministerpräsident Jörg Schönbohm (CDU) der JF im November 2002
gegeben hat. Der Chefredakteur führt es als Beleg für den Meinungspluralismus
seiner Zeitung an. Das kritische Echo auf das Schönbohm-Interview dokumentiert
die JF mit einer Sammlung von Zeitungsausschnitten („Medienschlacht gegen
Innenminister Schönbohm“). Bezeichnenderweise ist das Interview, das Schönbohm
dem Berliner „Tages-spiegel“ am 3. Dezember des Jahres gegeben hat, nicht
enthalten. Darin geht der konservative Politiker auf Distanz zur „Jungen
Freiheit“. Der „Tagesspiegel“ hatte Schönbohm mit Zitaten aus der JF-Ausgabe vom
15. November 2002 konfrontiert, in der sein Interview erschienen war. So war in
einer Anzeige des Grazer/Stuttgarter Leopold Stocker-Verlages vom „sittlichen
Wollen“ der Hitlerjugend und von „Erziehungsidealen dieser Organisation“ die
Rede. Schönbohm hielt solche Aussagen für „nicht akzeptabel“. Auf die Frage, ob
er der JF noch einmal ein Interview geben würde, legte er sich fest: „Unter
diesen Bedingungen nicht.“
Wie bereits der „Appell für die Pressefreiheit“ vom vergangenen Jahr behauptet
Stein, die JF führe „seit 1996 ein Verwaltungsstreitverfahren gegen das Land
Nordrhein-Westfalen“, denn die Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten – so
heißt es in der aktuellen Imagebroschüre – geschehe, „ohne auch nur einen
hinreichenden Verdacht zu haben“. Tatsächlich ist das verwaltungsgerichtliche
Verfahren abgeschlossen und die JF in zwei Instanzen auf ganzer Linie
unterlegen. Seit der Verlag vor rund zwei Jahren Verfassungsbeschwerde erhoben
hat, prüft das Bundesverfassungsgericht, ob es diese zur Entscheidung annimmt.
Eher skurril erscheint eine Passage der JF-Kurzchronik in der Broschüre: Dort
wird die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht NRW auf das Jahr 1997 datiert.
Dabei hatte der Verlag bereits gegen die Berichte 1994 und 1995 vergeblich
geklagt. Zudem ist die Behauptung, es handele sich um eine „einsame
Entscheidung“ der NRW-Verfassungsschützer, wie Stein schreibt, nur halbrichtig:
Inzwischen wird die JF auch in Baden-Württemberg beobachtet.
In der Imagebroschüre präsentiert sich die „Junge Freiheit“ als Zeitung, die von
finanzstarken Bildungseliten gelesen werde. Damit stellt sie ihre überschaubare
Leserschaft – amtlich geschätzte Auflage rund 10 000 verkaufte Exemplare – als
höchst interessante Zielgruppe für kommerzielle Werbung dar und stützt sich auf
eine „jüngste Untersuchung (2002)“. Angaben aus denen die Verlässlichkeit der
Daten hervorgehen würde liefert die Broschüre nicht. Dafür ein Zitat des
bekennenden „Faschisten“ Armin Mohler: „In der Jungen Freiheit findet man all
die wichtigen Dinge, die man in der FAZ vergebens sucht.“
www.bnr.de
blick nach rechts Nummer 13/2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-02
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