Freistaat Preußen und Ernst Zündel:
Staatsoberhaupt
Der Präsident des imaginären „Freistaats Preußen“ will
Ernst Zündel retten. Die rechtsextreme Organisation strebt die
„Wiederherstellung des Deutschen Reiches“ einschließlich der Kolonien an...
Thomas Klaus
Für das Wohl und Wehe des in Kanada inhaftierten Holocaust-Leugners Ernst Zündel
legt sich Rigolf Hennig, „Staatspräsident des Freistaats Preußen“, ins Zeug. In
einem Schreiben an Bundesaußenminister Joschka Fischer beruft sich der
Chirurgie-Facharzt aus Verden/Aller bei Bremen auf die Ehefrau Zündels und
äußert die Befürchtung, dass der gebürtige Deutsche Zündel schwer krank sei.
Doch er werde – möglicherweise mit Absicht – nicht ausreichend medizinisch
versorgt. Fischer müsse handeln; andernfalls würde er von Hennig persönlich zur
Verantwortung gezogen.
Der aktuelle Brief an Fischer zu Gunsten von Zündel, dem Auftraggeber des
berüchtigten „Leuchter- Berichts“, ist bei weitem nicht der einzige Beleg für
die enorme Selbstüberschätzung, mit der Rigolf Hennig in extrem rechten Kreisen
hausieren geht. Zwar dürfte er als „preußischer Staatspräsident“ auch von vielen
Gesinnungsgenossen belächelt werden, aber dennoch verfügt er durchaus über
Einfluss und Verbindungen. So finden sich in der Zeitschrift „Der Preuße“, dem
offiziellen „Staatsorgan“ des „Freistaats Preußen“, auch Beiträge von NPD-Anwalt
Horst Mahler und Rechts-Verleger Heinz Mahncke sowie von Georg Albert Bosse und
Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler. Bosse hatte sich als Vorsitzender der
Vereinigung „Die Deutsche Freiheitsbewegung“ (DDF) einen zweifelhaften Namen
gemacht. Die DDF war 1983 von Otto Ernst Remer gegründet worden – jenem
Hitler-Offizier, der an der Niederschlagung des Aufstandes vom 20. Juli 1944
entscheidend beteiligt gewesen war. Reinhard Uhle-Wettler fiel Ende der
neunziger Jahre etwa durch den Sammelband „Wagnis Wahrheit“ (Arndt-Verlag)
einschlägig auf. In ihm setzt sich der hohe Ex-Militär für den Holocaust-Leugner
David Irving ein.
Bevor Rigolf Hennig zum „Staatsoberhaupt“ avancierte, musste er sich erst seine
bräunlichen Sporen verdienen. Der Oberstabsarzt der Bundeswehr-Reserve war
Kreisvorsitzender, Landesvorständler und Bundestagskandidat der Republikaner,
bevor er 1993 zur Deutschen Liga für Volk und Heimat stieß. Als deren
niedersächsischer Landesvorsitzender, Bundesvorstandsmitglied und Redakteur der
Mitgliederzeitung „Deutsche Rundschau“ frohlockte er nach Angaben des
niedersächsischen Verfassungsschutzes: „Vereinzelte Speerspitzen ragen aus den
noch ungeordneten Heerscharen des betrogenen Volkes heraus und der Widerstand
beginnt sich zu artikulieren.“ Als Widerstandstat dürfte Hennig wohl auch die
Broschüre „Völkermord am deutschen Volk“ verstanden haben, die Ende 1997 mit
seiner tatkräftigen Unterstützung verbreitet wurde. Die Staatsanwaltschaft trat
auf den Plan. Denn das Machwerk, in dem zur „Notwehr“ gegen die „Auslöschung des
deutschen Volkes“ aufgerufen wurde, war von Rassenwahn geprägt. Zahlreiche
Funktionäre rechtsextremer Organisationen und Parteien hatten die Hetzschrift
mit ihren Spenden erst ermöglicht.
Nürnberg wird Regierungssitz
Als „Staatspräsident“ steht Rigolf Hennig einer Art Exilregierung vor, die
internationale Verhandlungen führen soll. Denn Hennig zufolge strebt der
„Freistaat Preußen“ die „Wiederherstellung des Deutschen Reiches“ inklusive
Österreich, Tirol und Elsass-Lothringen an. Ebenfalls einverleibt werden sollen
„alle ostdeutschen Länder einschließlich Westpreußen und des deutschen Teils von
Nord-Schleswig (Grenzen 1914 + 1939)“. Nicht zuletzt rechnet Hennig auch die
ehemaligen deutschen Kolonien noch zum Deutschen Reich, das seinen
Regierungssitz dereinst in Nürnberg – der Stadt der Reichsparteitage der NSDAP –
einnehmen soll.
Mit der 1970 gebildeten „Notverwaltung des Deutschen Ostens“ (NDO) arbeitet die
preußische Exilregierung eng zusammen. Die NDO macht unter anderem mit
Holocaust-Leugnern gemeinsame Sache und kooperierte auch mit militanten
rechtsextremen Organisationen wie zum Beispiel mit der mittlerweile verbotenen
Wiking-Jugend. Besonders innig ist das Verhältnis zwischen der NDO und der
Gemeinschaft Ost- und Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter (GOG).
NDO und GOG wollen die „Rechte und Ansprüche der deutschen Bevölkerung aus den
Ländern des deutschen Ostens wahren“. Denn aus ihrer Sicht existiert in diesen
Gebieten „keine deutsche staatsrechtliche und verfassungsmäßige Vertretung
innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches“.
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blick nach rechts Nummer 14/2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-12
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