Neonazismus:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
sw
Am 28. Juni griffen vier Männer in Rottstock (Brandenburg) einen Mann aus
Kamerun an. Einer der Angreifer stieß ihn nach Angaben der Polizei in den
Dorfteich und drückte ihn mehrfach unter Wasser. Als Zeugen dem Opfer helfen
wollten, flohen die Täter. Der Asylbewerber musste seine Verletzungen ambulant
behandeln lassen. Gegen einen 32jährigen Tatverdächtigen wurde inzwischen
Haftbefehl erlassen. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei
Propagandamaterial, u.a. Tonträger mit rechtsextremer Musik. Drei weitere
Personen, die als mutmaßliche Tatbeteiligte vorübergehend festgenommen wurden,
sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Bei ihnen hätten die Voraussetzungen für
den Erlass eines Haftbefehls nicht vorgelegen, sagte ein Sprecher der
Staatsanwaltschaft der Berliner Zeitung. Nach dem derzeitigen Stand der
Ermittlungen liege »ein fremdenfeindlicher Hintergrund der Tat nahe«. Wie der
Tagesspiegel am 26. Juni berichtete, soll der 40jährige Togolese Orabi Mamawi
nach dem Willen der Ausländerbehörde in Rathenow (Brandenburg) am 24. Juli
abgeschoben werden. Dann müsste zum ersten Mal ein Asylbewerber Brandenburg
verlassen, der zum Opfer einer rassistischen Straftat wurde und als Zeuge im
Prozess gegen den Täter aussagen sollte. Am Heiligabend des vergangenen Jahres
wurde Mamawi von einem Deutschen angegriffen und mit den Worten beschimpft: »Was
arbeitet ihr Scheißneger in unserem Land? Wir Deutschen haben keine Arbeit.«
Mamawi und sein afrikanischer Begleiter versuchten wegzugehen, doch der Täter
folgte ihnen und schlug auf sie ein. Mamawi musste später seine Verletzungen am
Auge und am Hals behandeln lassen. Bereits im Jahr 1997 war er von Neonazis
zusammengeschlagen worden. Es könne doch nicht sein, dass »der wichtigste Zeuge
in einem Prozess gegen einen rechten Schläger nicht mehr aussagen kann, weil er
zuvor abgeschoben wurde«, kritisierte Kay Wendel vom Verein Opferperspektive das
Vorgehen der Behörde. In der Nacht zum 25. Juni verübten Unbekannte einen
Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Werdau (Sachsen). Die Täter hätten
Brandsätze auf das Gebäude geschleudert, teilte die Polizei mit. Menschen wurden
nicht verletzt. Die Sonderkommission Rechtsextremismus übernahm die
Ermittlungen. Vermutlich zwischen dem 4. Juni und dem 25. Juni wurde der
jüdische Friedhof in Zittau (Sachsen) verwüstet. Die unbekannten Täter stürzten
31 Grabsteine um und zerstörten zehn Grabplatten. Der Schaden betrage 5 500
Euro, teilte die Stadtverwaltung mit. Mitarbeiter der Stadt hatten die
Verwüstungen bemerkt, als sie auf einem Nachbargrundstück arbeiteten. Der
Sprecher der Polizei, Uwe Horbaschk, will einen extremistischen Hintergrund der
Tat nicht ausschließen, doch nach seiner Meinung könne die Tat auch ein
»Dummer-Jungen-Streich« gewesen sein. Deshalb wurden die Ermittlungen auch nicht
der Kriminalpolizei übergeben.
www.jungle-world.com
Jungle World (Nummer 29 vom 09.07.2003)
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-10
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