Extreme Rechte in Hamburg:
Schöne Freunde
Hamburger Burschenschaft Germania, der auch ein
Schill-Abgeordneter angehört, lässt sich von Verfasser rechtsextremer Werke über
Verbrechen an der Wehrmacht aufklären...
Andreas Speit
Bei der Burschenschaft Germania in der Sierichstraße darf nicht jeder rein.
Denn, so die Eigenwerbung: "Bist Du hässlich oder fremd im Lande, bist Du von
linksliberaler Gesinnung gepeinigt, hast Du den Wehrdienst verweigert oder eine
Freundin, die weder schön noch still ist (...) dann bleib lieber zu Hause". Der
emeritierte Professor Franz W. Seidler, dessen Werke in rechtsextremen Verlagen
erscheinen, durfte: Am Donnerstagabend sprach er im Winterhuder
Burschenschaftshaus über "Die Vergewaltigung des Völkerrechts im 20.
Jahrhundert".
Die Polizei hatte das Haus weiträumig abgeschirmt, zwei Journalisten wurde das
Fotomaterial abgenommen, obwohl sie sich als Pressevertreter auswiesen. Die
polizeiliche Begründung: Zivilbeamte wären mit abgelichtet worden.
So konnten die Germanen ungestört den Ausführungen Seidlers lauschen, der von
1973 bis 1998 an der Universität der Bundeswehr in München Neuere Geschichte und
speziell Militärgeschichte lehrte. Das von ihm 1998 herausgegebene Buch
"Verbrechen an der Wehrmacht. Kriegsgreuel der Roten Armee 1941/42", das zur
Kampfschrift Rechtsextremer gegen die Wehrmachtsausstellung wurde, schildert
ausführlich die Grausamkeiten des Feindes. Eine Aufrechnung, die Seidler bereits
bei vielen rechtsextremen Veranstaltungen vortrug.
Wegen des rechten Zuspruchs veröffentlichte Seidler 2000 in dem Verlagsnetzwerk
des rechtsextremen Verlegers Dietmar Munier aus Martensrade in
Schleswig-Holstein, das der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz als
"bekannten Verlag" des Rechtsextremismus bezeichnet, den Folgeband "Verbrechen
an der Wehrmacht. Die Rote Armee mordet weiter". Die Burschenschaft unterhält
seit Jahrzehnten Beziehungen zum rechtsextremen Spektrum von der
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) bis hin zum internationalen
Netzwerk Synergies Européennes. "Durch den neuen Senat fühlen sie sich im
Aufwind", erklärt Christian Schomann vom AStA.
Unterstützt von ihrem Bundesbruder Christian Brandes, Bürgerschaftsabgeordneter
der Schill-Partei, suchen die Germanen verstärkt die Öffentlichkeit. Während
Brandes im Parlament gegen das politische Mandat der ASten zu Felde zog,
plakatierten die Germanen auf dem Uni-Campus. So verkündeten sie, "Wir setzen
uns ein für das Ideal der Volksgemeinschaft" und klagten über die "neue
Diktatur, die maßgeblich von der US-Ostküste bestimmt wird".
"Die Wortwahl zeigt", so Schomann, "welche Gesinnung bei der Burschenschaft
vorherrscht". Die "US-Ostküste" ist im rechten Jargon ein "Symbol für jüdische
Macht".
www.taz.de
TAZ Hamburg vom 30.06.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-07-02
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