Nordrhein-Westfalen:
Brauner Stadtarchivar entlassen
Herne trennte sich von Nazipropagandisten, der als Forscher
zur Zwangsarbeit angestellt war...
Ulrich Sander
Die Stadt Herne in Nordrhein-Westfalen hat sich in der vergangenen Woche von
ihrem historischen Mitarbeiter Olaf Rose getrennt. Er nannte sich Stadtarchivar
und war zwei Jahre lang mit der Aufgabe betraut, das Kapitel Zwangsarbeit in
Herne aufzuarbeiten. Als ABM-Kraft hat er allerdings eine Arbeit vorgelegt, die
stark mit rassistischen Behauptungen durchsetzt war und die Sklavenarbeit der
Zwangsarbeiter für die Ruhrindustriellen leugnete. Das Resultat seiner Arbeit
solle nicht der Öffentlichkeit übergeben werden, erklärte die städtische
Kulturdezernentin Dagmar Goch der örtlichen Presse am 26. Mai.
Als Begründung wurde nicht nur Roses »Forschungsbericht« genannt, in dem er die
Zahl der Zwangsarbeiter willkürlich auf 9000 reduzierte, da nach seiner
Auffassung die meisten angeblich gut genährt und Freiwillige gewesen seien,
deren Gesundheitsbetreuung in Krankenhäusern erfolgte. Auch seine Kontakte zur
rechten Szene wurden jetzt offiziell bekannt. Seit Jahren schon hat sich Rose
geschichtsrevisionistisch und als Verharmloser der Nazizeit betätigt, wovon die
Stadt wie auch die städtische Volkshochschule, die ebenfalls mit ihm
zusammenarbeitete, angeblich nichts gewußt haben wollen. Noch vor Aufnahe seiner
Tätigkeit in Herne publizierte Rose in rechten Verlagen und nannte Horst Mahler
einen »zu Unrecht verschmähten Intellektuellen«. Verleger von Rose war und ist
Gerd Sudholt, Eigentümer mehrerer rechter Verlage am Starnberger See und
zeitweilig aktiver Holocaust-Leugner.
Auch im Arbeitskreis Zwangsarbeit des Westfälischen Archivamtes war Rose als
Mitarbeiter tätig. Dort schiebt man den schwarzen Peter weiter an die Stadt, auf
die man sich verlassen habe. Jetzt muß der Arbeitskreis klären, wie die
ehemaligen Zwangsarbeiter zu zuverlässigen Glaubhaftmachungen für ihre
Entschädigungsansprüche gelangen. Mangels korrekter Forschungsarbeit des Olaf
Rose könnte es passieren, daß nun neues Unrecht für die Opfer droht. Unklar ist
auch weiterhin, was aus dem Gedenkstein werden soll, der in Erinnerung an die
Zwangsarbeiter errichtet wurde. Auf Geheiß von Rose wurde die daran angebrachte,
vor zehn Jahren errechnete Zahl von 30000 Opfern der Zwangsarbeit in Herne
wieder entfernt.
www.jungewelt.de
Jungle Welt vom 04.06.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-06-05
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