Hendrik Möbus:
Satanisten-Kult
Der Neonazi Hendrik Möbus will von seiner braunen
Vergangenheit plötzlich nichts mehr wissen...
Peter Nowak
Vier Jahre Haft lautet das Urteil, das das Erfurter Landgericht gegen den
27-jährigen Hendrik Möbus verkündete. Der junge Mann wurde der Verunglimpfung
Verstorbener, Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung schuldig gesprochen
worden. Sein 31-jähriger Bruder Ronald Möbus erhielt wegen der gleichen Delikte
eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Nach Ansicht des Gerichts haben die Möbus-Brüder seit Anfang 1998 einen
Versandhandel für Tonträger und Zeitschriften rechtsextremen Inhalts geführt.
Auch die in Neonazikreisen sehr beliebten Kleidungsstücke mit NS-Kennzeichen
wurden dort verkauft. In das Strafmaß flossen auch zwei Freiheitsstrafen mit
ein, die schon vorher von einem Eisenacher und einem Berliner Gericht verhängt
worden waren. Dort wurden die Brüder wegen dem Vertrieb von Musikkassetten mit
Titeln wie „Waffen-SS“ und dem Verkauf von rechten Fanzines mit antisemitischem
und gewaltverherrlichendem Inhalt verurteilt.
Hendrik Möbus nahm das Urteil ungerührt hin. Schließlich hat er schon
einschlägige Erfahrungen mit langjährigen Gefängnisaufenthalten gesammelt. Er
geriet 1993 bundesweit in die Schlagzeilen, als er gemeinsam mit zwei Freunden
in Sondershausen den 15-jährigen Sandro Beyer mit einem Stromkabel erdrosselte.
Der hatte sich bei der Jugendclique um Möbus verhasst gemacht, weil dieser sich
über satanistische Rituale lustig gemacht hatte. Doch auch politische Motive
spielten bei dem Fall von Anfang an eine Rolle. Sandro Beyer bezeichnete sich
selber als links. Während Möbus und seine Freunde sich damals schon diffus als
rechts verorteten und mit dem Satanismus liebäugelten. So sprachen die Medien
dann auch hauptsächlich vom „Satansmord von Sondershausen“ und blendeten die
politischen Hintergründe weitgehend aus.
Doch erst in der Haft bastelte Hendrik Möbus an seinem Kultstatus in der
Neonazi- und Satanistenszene. „Wir glauben, dass der Nationalsozialismus die
perfekte Synthese von luziferischem Machtwillen und neoheidnischen Prinzipien
und Symbolen ist“, erklärte er. Noch in seiner Haftzeit erschien unter dem Titel
„Thüringer Heidenwahn“ eine Kassette mit Songs von Hendrik Möbus’ Band „Absurd“.
Illustriert war sie mit dem Grabstein von Sandro Beyer.
Nach seiner vorübergehenden Haftentlassung im Jahr 1998 versuchte Hendrik Möbus
mit seinem Bruder „die Black-Metal-Szene nazimäßig zu organisieren“, heißt es in
einem von Frank Nordhausen und Liane von Billerbeck verfassten Buch, das sich
ausführlich mit den rechten Kontakten der beiden befasst. Demnach waren ihre
Bemühungen nicht erfolglos. Zu dieser Zeit tauchten Black-Metal-Fans auf
Konzerten mit T-Shirts auf, auf denen SS-Runen oder der Spruch „I killed Sandro.
B“ prangte. Hendrik Möbus hat sich immer wieder mit dem Mord gebrüstet und ihn
selbst in einen politischen Zusammenhang gestellt. So äußerte er sich in einem
aus dem Gefängnis geschmuggeltem Interview über sein Opfer: „Sandro Beyer,
dieser linksradikale Blödmann hat monatelang versucht, bei uns mitzumachen, doch
wegen seiner negativen Ausstrahlung haben wir ihn abgewiesen“. Später wurde er
deutlicher: „Ich weiß ja nicht, ob man in der Nazizeit bestraft worden wäre,
wenn man Volksschädlinge unschädlich gemacht hätte“, rechtfertigte er öffentlich
seine Tat.
Das war selbst einigen seiner rechten Kumpane zu viel. So bekam er wegen seiner
offenen Worte Ärger mit Neonazis in den USA. Dorthin war Möbus geflohen, als er
wegen seiner ständigen Verstöße gegen die Bewährungsauflagen die restliche
Haftstrafe absitzen sollte. Mehrere Wochen fand er auf dem Anwesen des
mittlerweile verstorbenen Neonazianführers William Pierce Unterschlupf, wo er im
August 2000 auch festgenommen und bald danach wieder nach Deutschland
abgeschoben wurde. Bis heute wollen die Gerüchte nicht verstummen, die eigenen
Gesinnungskumpane hätten den Aufenthaltsort von Möbus bekannt gemacht.
Vor der erneuten Verurteilung wollten die Möbus-Brüder plötzlich mit ihrer
braunen Vergangenheit nichts mehr zu tun haben. Hendrik Möbus hat Antrag auf
eine Sozialtherapie gestellt. Beobachter sehen hierin vor allem eine
prozesstaktische Distanzierung. Schließlich hat Ronald Möbus noch vor Monaten im
Internet damit geworben, dass er CDs der Neonaziband seines Bruders sowie der
indizierten Bands „Angry Aryans“ und „Legion of Thor“ vermitteln könne.
www.bnr.de
blick nach rechts (Nummer 12 vom 12.06.2003)
kt /
hagalil.com
/ 2003-06-19
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