antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

 
[Der Pressespiegel im Klick nach Rechts]

Erinnerungsarbeit:
Flick für Synagoge ?

Jutta Dick - Die studierte Historikerin, Jg. 1953, ist Leiterin der Moses Mendelssohn Akademie in Halberstadt (Sachsen-Anhalt)...

Das Interview führte Karlen Vesper

ND: Haben Sie keine Probleme damit, dass ausgerechnet eine Stiftung, die den Namen eines in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrechers trägt, ein Projekt zur Erinnerung an Juden unterstützen will?

Dick: Herr Friedrich Christian Flick hat überzeugend dargelegt, warum er die Stiftung gegründet hat, was sein Interesse ist. Seine Erklärung, dass er persönlich keine Schuld trage, aber Verantwortung übernehmen wolle, sich wegen seiner Familiengeschichte verpflichtet fühle, einen Beitrag gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz zu leisten - ich denke, das kann und sollte man akzeptieren.

Streit gibt es derzeit um die so genannten Flick-Collection: Darf sie in Berlin ausgestellt werden? Verständnislosigkeit erntet auch, dass Flick sich nicht am Entschädigungsfonds beteiligt - der Großvater, Rüstungsfabrikant Friedrich Flick, hat sich am Blut und Schweiß Tausender Sklavenarbeiter bereichert. Doch nun kann dank Flickscher Finanz-Hilfe die lange geplante Freilegung der Überreste der Synagoge in Halberstadt beginnen?!

Sie hat schon begonnen - und zwar im Sinne der Flick-Stiftung. Unser Projekt ist keine rein archäologische, wissenschaftliche Maßnahme, sondern mit einem pädagogischen Konzept verbunden. Jugendliche werden in die Freilegung eingebunden. Dabei werden ihnen durch uns Kenntnisse über das Judentum und deutsch-jüdische Geschichte vermittelt. Es gibt noch etliche antisemitische Stereotype auch in jugendlichen Köpfen. So haben z.B. junge Leute auf dem Synagogengelände mit Metalldetektoren nach einem angeblichen »Judenschatz« gesucht.

Wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung?

10000 Euro.

Das ist nicht sehr viel.

Aber eben dieser Betrag fehlte uns. Weitere 1500 Euro dienen der Unterstützung eines Projektes an der Halberstädter Grundschule »Miriam Lundner«, der Einübung und Aufführung des Purimspieles. Purim ist der jüdische Karneval. Auf spielerische Weise können sich somit schon Grundschüler mit jüdischer Kultur vertraut machen. Derart kann man Berührungsängsten frühzeitig vorbeugen.

Wer war Miriam Lundner?

Die jüngste Tochter des letzten Leiters der ehemaligen jüdischen Schule. Sie wurde am 12. April 1942, an ihrem vierten Geburtstag, mit Eltern und Geschwistern deportiert und später ermordet.

Wie viele Juden haben in Halberstadt vor den Deportationen gelebt?

Die Bruchstelle in der Geschichte der Halberstädter Juden markiert eigentlich schon das Jahr 1927, als der wichtigste jüdische Arbeitgeber, die Firma Aaron, Hirsch & Söhne, die im Kupfer- und Messinghandel tätig war, weggezogen ist und auch viele Mitarbeiter gegangen sind.

Ist die Synagoge in Halberstadt Opfer der »Reichspogromnacht« geworden?

Ja, in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde sie geplündert. Man hat sie aber nicht in Brand gesetzt, weil sie versteckt hinter den Häusern eines Wohnblocks lag. Die Gefahr, dass das ganze Viertel abbrennt, war zu groß. Deshalb wurde der jüdischen Gemeinde am 18. November per Verordnung befohlen, selbst den Abriss ihres Gotteshauses zu besorgen. Im Mai 1939 war es bis auf die Grundmauern abgetragen - bis zu einer Tiefe von 50 Zentimetern in den Boden, wie es die Verfügung gefordert hatte. Doch Luftaufnahmen lassen vermuten, dass noch große Teile des Fundaments sowie Teile des Ziegelfußbodens erhalten sind.

Gibt es wieder eine jüdische Gemeinde?

Nein. Aber es sind in den letzten Jahren 16 russisch-jüdische Familien zugezogen.

Neues Deutschland
Neues Deutschland vom 19.06.2003

kt / hagalil.com / 2003-06-25

Die im Pressespiegel veröffentlichten Texte spiegeln die Meinungen der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Verantwortlichen dieser Website wieder.


DE-Titel
US-Titel

Books

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2013 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved