BürgerKonvent:
Die neue APO von rechts
Studie der Hans-Böckler-Stiftung urteilt kritisch über den
neu gegründeten "BürgerKonvent": CDU-nah, undemokratisch und nicht transparent.
Initiative arbeitet wie eine Werbeagentur. Insgesamt gibt es hierzulande schon
25 ähnliche Gruppen...
Mareke Aden
Was war der BürgerKonvent noch mal? Ach ja, das waren die mit den minutenlangen
Fernsehspots und den ganzseitigen Zeitungsanzeigen. "Die Initiative hat keine
charismatische Führung. Es kann sehr gut sein, dass der Verein sich schon im
Frühjahr überholt hat", sagt der Politologe Peter Raschke. Er präsentierte
gestern eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die zwei
Monate nach dem ersten Auftritt des Konvents vorgelegt wurde.
Der so genannte BürgerKonvent ist eine Initiative der Sozialwissenschaftler
Meinhard Miegel und Gerd Langguth, die in einer groß angelegten Werbekampagne
den Staat auffordern, dem Bürger mehr "Eigenverantwortung" zuzumuten. Rudolf
Speth, der Autor der Studie, sieht den BürgerKonvent als erstes Aufflackern
eines Trends, der die Politik auf Dauer verändern werde. 25 ähnliche Initiativen
gebe es, etwa die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" oder "D 21". Der
Konvent sei aber die aggressivste von ihnen.
"Der Konvent arbeitet nach den Prinzipien einer Werbeagentur", sagt Speth. Auf
die Weise könne er zwar nicht das Wahlergebnis beeinflussen, sehr wohl aber die
Politik der Parteien, die sich so viel Aggressivität nicht leisten können, weil
sie auf ihre heterogene Wählerschaft Rücksicht nehmen müssen.
Aber auch wenn sich der Konvent als Gegenprogramm zu allen Parteien gibt: Die
Hauptakteure wie Miegel und Langguth kommen aus der CDU, der ideologische
Zuschnitt ist marktliberal und gegen Rot-Grün gerichtet. "Eine wirklich
parteiübergreifende Initiative würde sich mit allen Vetospielern anlegen, und
das bedeutet im Moment vor allem mit der Union, die über den Bundesrat
Entscheidungen verhindern kann", sagt Raschke. Die Union fühlt sich durch die
Einflussnahme des Konvents nicht gestört. Denn sie profitiert auch vom Konvent.
"Antreiber, aber in dieselbe Richtung", nennt Raschke das. Dass die CDU seit
kurzem nicht mehr Volkspartei sein will, sondern nur noch Bürgerpartei, sei kein
Zufall. Die Bürgerpartei CDU könne so noch besser den Marketingeffekt des
ähnlich klingenden BürgerKonvents nutzen.
Problematisch ist nach der Böckler-Studie aber nicht, dass der Konvent
parteilich ist, ohne es zu sagen. Problematisch finden Speth und Raschke, dass
der Konvent die Verdrossenheit des bürgerlichen Lagers anspricht, ohne sie
auflösen zu wollen. "Er aktiviert die Bürger, ohne eine überzeugende oder auch
nur demokratische Organisationsform anbieten zu können", sagt Raschke. Aktiv ist
der Konvent nur durch Spots und Anzeigen. "Dafür braucht der Konvent Geld, keine
Partizipation", meint Raschke.
Die Bewegung bedient sich zwar des Standardwortschatzes aus APO-Zeiten - zum
Beispiel des Dutschke-Zitats, dass die etablierten Parteien die Probleme der
Zeit nicht lösen können. Aber die Zielgruppe, staatsverdrossene Wohlhabende,
würden nicht auf die Straße gehen. Der Konvent will dazu animieren,
Protest-E-Mails gegen die Parteien zu schreiben, die auf die Website gestellt
werden.
Sechs Millionen Euro hat die Werbekampagne des BürgerKonvents bisher gekostet.
Raschke und Speth vermuten große Geldgeber. Der Konvent hingegen behauptet,
protestierende Bürger hätten das Geld in kleinen Summen gespendet.
www.taz.de
taz vom 25.06.2003
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/ 2003-06-25
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