Verfassungsschutz:
Der Sinn der Spitzel
Die Innenminister ziehen falsche Lehren aus V-Mann Affäre...
Ulrike Winkelmann
Das soll tatsächlich alles sein? Als Konsequenz aus dem im März gescheiterten
NPD-Verbotsverfahren wollen die Landesämter für Verfassungsschutz jetzt ihre
Bundesbehörde darüber unterrichten, wie viele Spitzel sie wo beschäftigen.
Ansonsten werden die 16 Landesbehörden plus eine Bundesbehörde weiter
geheimdienstlich vor sich hin bröseln und sich gegenseitig auf gar keinen Fall
verraten, welchen dubiosen Gestalten etwa in NPD-Parteivorständen sie zu Geld,
Wichtigkeit und Legitimität verhelfen.
Eine Debatte über Geld, Wichtigkeit und Legitimität von 17
Verfassungsschutzbehörden dagegen hat nicht stattgefunden. Warum auch?, könnten
nun die Innenminister der Länder fragen, schließlich hat unser Bundesminister
uns weder zum Nachdenken noch zum Handeln gezwungen. Stimmt: Otto Schily (SPD)
hat sich bislang darauf beschränkt, auf dem Bundesverfassungsgericht
herumzuklopfen, das mit der Einstellung des NPD-Verbotsverfahrens eine ihm
missliebige Entscheidung gefällt hat.
Schily wirft dem Verfassungsgericht vor, es stelle ihn vor die Wahl, Parteien
entweder bespitzeln oder verbieten zu lassen. Dies ist zwar eine geradezu
genialisch geraffte Formulierung des Dilemmas, das sich beim NPD-Verbot stellt -
nur hätten alle Beteiligten dies bereits bei der Verfassung der Verbotsanträge
erkennen können. Statt aber aus dem ganzen Riesendebakel zu lernen, werden nun
Vorschläge, wie die Arbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden aufgeteilt werden
könnte, ebenso fix vom Tisch gefegt wie Vorschläge zur Qualitätskontrolle der
geheimdienstlichen Tätigkeit.
Bislang ist es dem Parlamentarischen Kontrollgremium, einer Runde aus neun
Abgeordneten, vorbehalten, unter höchster Geheimhaltung über Sinn, Zweck und Art
von V-Leuten nachzudenken. Wenn dies je anders werden soll, wird es Zeit, dass
die von den Grünen bislang eher herbeibeschworene Kommission zur Reform der
Geheimdienste auch endlich eingerichtet wird. Vielleicht tagen die Damen (?) und
Herren ja dann sogar öffentlich.
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TAZ vom 16.05.2003
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/ 2003-05-21
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