500 Neonazis marschieren in Neumünster:
Vor der eigenen Tür
500 Neonazis marschieren in Neumünster gegen die
Wehrmachtsausstellung. 1300 Polizisten schreiten gegen Linke ein und lösen am
Abend ein Rechtsrock-Konzert auf....
taz Hamburg - Andreas Speit
Wiederholt droht die Polizei den Einsatz von Wasserwerfern an, nur langsam
ziehen sich die mehr als 200 Demonstranten zurück. Sie protestieren gegen einen
Neonazi-Aufmarsch, mit dem diese gegen die Eröffnung der Wehrmachtsausstellung
angehen, die am Sonnabend in Neumünster eröffnet wurde (taz berichtete). Unter
dem Motto "Frieden und Wahrhaftigkeit" haben sich zuvor an die 500 Menschen in
der schleswig-holsteinischen Stadt an einer Demonstration beteiligt. Als die
etwa 1300 Polizeibeamten einschreiten, weichen die zumeist jugendlichen
AntifaschistInnen in die Seitenstraßen aus.
Auf dem Großflecken hält derweil der "Runde Tisch für Toleranz und Demokratie"
eine Veranstaltung ab. "Die Feinde der Freiheit und des Friedens stehen auch vor
der eigenen Tür", sagt dort Landtagspräsident Heinz-Werner Arens (SPD), die
Hamburgerin Ester Bejarano, Überlebende des KZ Auschwitz, beklagt, "wie wenig
aus der Vergangenheit gelernt wird".
Derweil sind über 500 Neonazis in der Innenstadt eingetroffen. Doch sie müssen
warten. Über zwei Stunden. Denn 60 ihrer Kameraden stoßen mit Antifaschisten
zusammen und können nur unter Polizeischutz die Kundgebung erreichen. Immer
wieder muss der Neumünsteraner Neonazi-Führer Peter Borchert an die
"kameradschaftliche Solidarität" erinnern, da etliche Neonazis, die aus mehreren
Bundesländern sowie Dänemark und Schweden angereist sind, ungeduldig werden.
"Die gleichen Verbrecher, die das Deutsche Reich überfielen", erläutert dafür
der Hamburger Neonazi Thomas Wulff den Kameraden, "greifen heute den Irak an".
Und der Bonner Ralf Tegethoff ermutigt sie: "In Deutschlands dunkelster Zeit
habt ihr den deutschen Soldaten und der europäischen Freiwilligenarmee die Ehre
erwiesen." Damit gemeint ist die SS.
Währenddessen nimmt die Polizei vor dem "Aktion Jugendzentrum" über 75 Personen
fest, wobei es zu Verletzten kommt. "Die Personen wollten eine Sperre
durchbrechen", rechtfertigt ein Polizeisprecher.
Nach dem Aufmarsch veranstaltet das Nazizentrum "Club 88" ein
Rechtsrock-Konzert. Als in der angemieteten Lagerhalle "Symbole
verfassungsfeindlicher Organisationen" gezeigt werden, so der Polizeisprecher,
"schreiten die Kollegen ein". Von den über 400 Konzertbesuchern werden die
Personalien aufgenommen."
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