NPD-Verfahren::
V-Leute werden jetzt gezählt
Verfassungsschützer wollen aus dem gescheiterten
NPD-Verbotsverfahren lernen...
CHRISTIAN RATH
Das Bundesamt soll künftig einen Überblick über die Zahl der staatlichen Spitzel
in extremistischen Organisationen erhalten. Zwei pro Vorstand sollen es aber
schon sein
Nach den peinlichen Enthüllungen im NPD-Parteiverbotsverfahren wollen die
Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern künftig ihre V-Leute etwas besser
koordinieren. Einem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge soll das Bundesamt
für Verfassungsschutz in Köln den Überblick erhalten, in welchen Organisationen
und auf welchen Ebenen die Landesämter wie viele Quellen einsetzen. Beim
Bundesamt nahm man gestern zu dem Bericht keine Stellung.
V-Leute sind Mitglieder der zu überwachenden Organisation, die dem Staat
nebenbei für Geld Informationen liefern. Der Verdacht, dass die V-Leute in der
NPD im staatlichen Auftrag die Partei gesteuert haben, konnte im jüngst
beendeten Verbotsverfahren nicht belegt werden.
Für Aufsehen sorgte aber die Situation im NPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen.
Dort spitzelte der Parteichef Udo Holtmann für den Landes-Verfassungsschutz in
Düsseldorf, während sein NPD-Vize Wolfgang Frenz lange Jahre für das Bundesamt
tätig war. Angeblich wussten die beiden Behörden nichts von dieser
Konstellation. Nach offiziellen Angaben waren unter den rund 200
NPD-Vorständlern in Bund und Ländern bis zu 15 Prozent V-Leute.
Zum Scheitern des Verfahrens führte dann aber nicht die hohe Zahl der Spitzel.
Eine Sperrminorität von drei Verfassungsrichtern beklagte vielmehr, dass die
Spitzel nicht rechtzeitig vor Beginn des Verbotsverfahrens abgeschaltet wurden
und dass man ihre in den Verbotsanträgen zitierten Aussagen einfach der NPD
zurechnete. Nur in einer Nebenbemerkung fordern die drei Richter, zu denen auch
Vizepräsident Winfried Hassemer gehörte, eine "konzeptionell geordnete"
Beobachtung der Partei.
Eine Reduzierung der V-Leute-Zahl in extremistischen Organisationen ist damit
aber nicht gemeint. Wie die Verfassungsschützer im Prozess darlegten, ist es
geradezu notwendig, mindestenz zwei V-Leute in einem wichtigen Vorstand zu
platzieren. So könne man am besten den Wahrheitswert von Spitzelaussagen
kontrollieren. Sinn macht diese Strategie allerdings nur, wenn die verschiedenen
V-Mann-Berichte auch beim gleichen Amt ausgewertet werden.
Das aber ist auch nach den neuen Plänen nicht vorgesehen. Aus Angst vor
Indiskretionen wollen sich die Ämter nicht einmal die Namen ihrer V-Leute
gegenseitig mitteilen. Die vor allem von den Grünen diskutierte Idee, Landes-
und Bundesämter zusammenzulegen, erhält dadurch neue Nahrung.
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