Schüler::
Lehrer half uns bei Brandanschlag
Ein Wismarer Gymnasiallehrer soll zwei Rechtsextreme bei
einem rassistischen Brandanschlag unterstützt haben....
HEIKE KLEFFNER
Heute beginnt in Schwerin der Prozess. Lehrer gesteht bislang nur
"homoerotisches" und "historisches Interesse"
BERLIN taz Die Überraschung bei Lehrern und Schülern des Gymnasiums "Am
Sonnenkamp" in Neukloster, einem Städtchen bei Wismar (Mecklenburg-Vorpommern),
war groß, als der Musiklehrer Guido S. im vergangenen November nicht mehr zum
Unterricht erschien. Stattdessen sorgte er als mutmaßlicher Helfer von
bekennenden Neonazis für Schlagzeilen.
Heute muss sich der 36-Jährige vor dem Landgericht Schwerin wegen Beihilfe zu
versuchtem Mord und Beihilfe zu versuchter schwerer Brandstiftung verantworten.
Mit ihm auf der Anklagebank sitzen zwei 18-Jährige, die in der Nacht zum 4.
November 2002 einen von Vietnamesen betriebenen Asia-Imbiss in Wismar anzünden
wollten.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Guido S. die Rechtsextremen am
Tatabend mit seinem Auto zu einer Tankstelle fuhr. Der Musiklehrer soll den
beiden geholfen haben, einen Kanister mit fünf Liter Benzin zu beschaffen, die
dann im Hausflur des Gebäudes mit dem Imbiss ausgeschüttet wurden.
Dass das Haus, in dem sich zur Tatzeit auch ein Bewohner aufhielt, nicht in
Flammen aufging, ist einem aufmerksamen Nachbarn zu verdanken. Der hatte
bemerkt, wie die 18-Jährigen sich Zugang zum Gebäude verschafft hatten, und rief
die Polizei. Die Beamten nahmen die Neonazis vor Ort fest, bevor sie das Benzin
anzünden konnten.
Die Verhaftung von Guido S. eine Woche nach dem versuchten Brandanschlag beruhte
auf Aussagen der beiden 18-Jährigen. Sie hatten offen eingeräumt, der Anschlag
sei Ausdruck ihrer rassistischen Gesinnung. Guido S. hätten sie bei einer
NPD-Veranstaltung im Sommer 2002 in Wismar kennen gelernt und von ihm
Unterstützung bei der Vorbereitung des Anschlags erhalten. Die
Sicherheitsbehörden durchsuchten daraufhin die Wohnung des von Kollegen als
"zurückhaltend" beschriebenen Musiklehrers, der vor eineinhalb Jahren von
Krefeld nach Wismar gezogen war. Die Fundstücke: ein Hitler-Porträt im
Schlafzimmer, eine Hakenkreuzfahne im Flur, eine DVU-Ehrenmitgliedschaftsnadel
und rechtsextremes Propagandamaterial. Ein Geständnis habe Guido S. bislang
nicht abgelegt, heißt es beim Landgericht Schwerin. Stattdessen habe der Lehrer
ein "historisches Interesse" am Nationalsozialismus und homoerotische Interessen
an den Aktivisten der heutigen Neonazi-Szene behauptet.
Ob Guido S. durch seine Unterrichtsmethoden als Rechtsextremist hätte auffallen
können, gehört zu den Fragen, die am Gymnasium in Neukloster nur noch ungern
diskutiert werden. Schuldirektorin Astrid Paschen erklärte unmittelbar nach der
Festnahme des Lehrers, die Schule sei in einem Rechtfertigungszwang, den sie
nicht verdiene. Guido S. sei nie als rechtsextrem aufgefallen. Dagegen erklärten
Oberstufenschüler, der Lehrer sei für seinen autoritären Stil bekannt gewesen
und habe auch schon mal alle drei Strophen des Deutschlandlieds singen lassen.
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Hans-Robert Metelmann (parteilos) hat
Guido S., der in Untersuchungshaft sitzt, bis Prozessende vom Dienst
suspendiert."
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