Analysen und geistig-politische Auseinandersetzung mit
Rechtsextremismus
Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2003:
Rechtsextremismus
Nach
dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2003 / Pressemitteilung 109/04,
München /
stmi.bayern.de---verfschbericht2003.pdf
Im Bereich des Rechtsextremismus ist die Zahl der
rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten leicht zurückgegangen,
nämlich von 51 im Jahr 2002 auf 47 im Jahr 2003. Darin sind mit dem
geplanten Sprengstoffanschlag der Kameradschaft Süd in München sowie der
Versendung antisemitischer Drohbriefe mit einem kristallinen Pulver, das
sich später als harmlos herausstellte, zwei terroristische Straftaten
enthalten.
Die Anzahl sonstiger rechtsextremistisch motivierter
Straftaten, also insbesondere der Propagandadelikte, hat in Bayern von
1.369 im Jahr 2002 auf 1.307 im Jahr 2003 abgenommen. 26 der 47
Gewaltdelikte sind fremdenfeindlich motiviert. Drei Gewalttaten lag eine
antisemitische Motivation zugrunde, darunter der geplante
Sprengstoffanschlag der Kameradschaft Süd anlässlich der
Grundsteinlegung für das Jüdische Zentrum in München.
Kameradschaft
Süd
Innerhalb der Kameradschaft Süd hatte sich nach den
bisherigen Ermittlungen des Generalbundesanwalts ein Kreis um ihren
Führer Martin Wiese gebildet, der sich nach Bewertung durch die
Generalbundesanwaltschaft zu einer terroristischen Vereinigung
zusammengeschlossen hatte. Wiese, der die Leitung der Kameradschaft im
März 2002 übernommen hatte, war bestrebt, diese als eine Art
Dachorganisation verschiedener Neonazi- und Skinheadgruppen auszubauen.
Er wollte die heterogene Szene zu einer einheitlichen
rechtsextremistischen Kraft bündeln. Zu einer solchen formalen
Dachorganisation kam es zwar nicht. Jedoch nahm die Kameradschaft Süd
etwa an Demonstrationen gegen die Wehrmachtsausstellung teil und
unterstützte Veranstaltungen der Gruppierung "Demokratie direkt München
e.V." bei Mahnwachen und Infoständen. Auch persönliche Kontakte Wieses
zur Anfang 2004 verbotenen "Fränkischen Aktionsfront" (F.A.F.) in
Nürnberg sowie zu anderen Repräsentanten rechtsextremistischer bzw.
neonazistischer Bestrebungen wie Christian Worch in Hamburg wurden
gepflegt.
Sie führten aber nicht zu einer organisatorischen
Vernetzung. Der sich um Wiese seit Herbst 2002 bildende Führungskreis
innerhalb der Kameradschaft Süd führte wöchentlich, jeweils sonntags,
Wehrsportübungen in Waldgebieten südwestlich von München durch. Dabei
wurde auch mit so genannten Soft-Air-Waffen geschossen. Der
Führungskreis beschäftigte sich aber im Jahr 2003 auch mit der
Vorbereitung von Anschlägen. Gedacht war nach den Ermittlungen des
Generalbundesanwalts zunächst an ein Sprengstoffattentat auf das Gelände
des geplanten Jüdischen Kulturzentrums am Sankt-Jakobs-Platz in München.
"Zu welchem Zeitpunkt dieser Anschlag genau erfolgen sollte, also vor
der Grundsteinlegung oder während der Feierstunde, muss das
Gerichtsverfahren klären. Die Beschuldigten wollten jedoch die für den
9. November 2003 vorgesehene Grundsteinlegung verhindern", so Beckstein.
Dazu beschafften sie sich neben Faustfeuerwaffen auch TNT-Sprengstoff
und andere Sprengmittel, unter anderem aus Polen, wo sie in einem
Waldstück Sprengmaterial aus aufgefundenen Munitionsresten entnahmen.
Einer der Beteiligten versteckte den Sprengstoff an seinem Arbeitsplatz.
Nach den Ermittlungen des Generalbundesanwalts sollen
die Beschuldigten von der weiteren Verfolgung dieses Anschlagsplans
Abstand genommen haben. Wegen laufender polizeilicher Ermittlungen gegen
einzelne Gruppenmitglieder in anderer Sache befürchteten sie nämlich die
Aufdeckung ihres Vorhabens. Diese Gruppenmitglieder hatten im August
2003 einen ehemaligen Neonazi zusammengeschlagen und schwer verletzt.
Das Amtsgericht München hat am 15. März 2004 zwei Täter zu
Freiheitsstrafen von 3 Jahren und 4 Monaten sowie 2 Jahren und 8 Monaten
verurteilt. Statt des ursprünglichen Plans zogen sie auch in Erwägung,
zu einem späteren Zeitpunkt einen Anschlag auf den Marienplatz oder
andere Plätze in München zu verüben. Hierzu gab es allerdings nach den
Ermittlungen des Generalbundesanwalts noch keine konkreten
Anschlagsplanungen. Auch spähten sie die Lebensgewohnheiten von Franz
Maget, dem seinerzeitigen Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bayerischen
Landtag und Spitzenkandidaten im Landtagswahlkampf 2003, und dessen Sohn
aus. Insoweit waren aber ebenfalls noch keine konkreten
Anschlagsplanungen erkennbar. Bei den Durchsuchungen wurden ca. 14
Kilogramm sprengstoffverdächtigen Materials, darunter mindestens 1,2
Kilogramm TNT-Sprengstoff, eine Handgranate, zwei Pistolen, Munition,
mehrere Stichwaffen, eine Streitaxt, Sturmhauben und umfangreiches
schriftliches Material sichergestellt. Nach den Ermittlungen des
Generalbundesanwalts sind nun 14 Beschuldigte dringend verdächtig, sich
zu einer terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen oder diese
unterstützt zu haben; und zwar in der Absicht, die politischen Ziele der
Neonazigruppe mittels schwerer Gewalttaten zu verfolgen. Weitere
Beschuldigte stehen im Verdacht, diese terroristische Vereinigung durch
Beschaffung von Waffen und Sprengstoff logistisch unterstützt zu haben.
Beckstein: "Die umfangreichen Exekutivmaßnahmen der
Bayerischen Polizei haben die rechtsextremistische Szene deutlich
verunsichert. Die Untersuchungen der Verfassungsschutzbehörden haben
allerdings keine Hinweise auf eine bundesweite Vernetzung
rechtsterroristischer Strukturen in Deutschland ergeben, wie zunächst zu
befürchten war." Es gab zwar lose Gesprächskontakte zwischen der
Kameradschaft Süd, insbesondere zwischen ihrem Führer Martin Wiese und
Repräsentanten anderer neonazistischer und Skin-Organisationen in
Deutschland, offensichtlich keine strukturellen Verbindungen
vereinsrechtlicher Art. Lose Verbindungen gab es auch zur "Fränkischen
Aktionsfront" (F.A.F.) in Nürnberg. Diese Organisation von Neonazis und
Skinheads war im Großraum Franken aktiv. Sie hatte sich an den
Gedenkfeiern zum 15. Todestag von Rudolf Heß im Herbst 2002 sowie an den
Demonstrationen gegen die Wehrmachtsausstellung in München zusammen mit
der Kameradschaft Süd beteiligt. Diese Organisation hat Bayern im Januar
2004 verboten, weil sie eine Wesensverwandtschaft mit dem
Nationalsozialismus zeigte und insbesondere ihre verbale Agitation nicht
mehr hingenommen werden konnte." Das Verbot der F.A.F. ist nur eines von
mehreren seit den 90er Jahren gegen rechtsextremistische Vereine. Wir
werden auch künftig alle repressiven Möglichkeiten gegen den
Rechtsextremismus konsequent ausschöpfen", so Beckstein.
Die Republikaner und die DVU haben bundes- und
bayernweit Mitgliederverluste zu verzeichnen. Die Republikaner
erreichten bei der bayerischen Landtagswahl nur 2,2 Prozent und bewiesen
damit ihre politische Bedeutungslosigkeit. Die Deutsche Volksunion (DVU)
nahm an der Landtagswahl in Bayern erst gar nicht teil. Die NPD ist
weiterhin sehr aktiv. Sie hält an ihrer Strategie "Kampf um die Straße,
Kampf um die Köpfe, Kampf um die Parlamente" fest. Die von ihr 2003
ausgerichteten Demonstrationen waren allerdings in geringerem Umfang als
in den Vorjahren Anziehungspunkt für militante Rechtsextremisten. Die
Bemühungen der NPD, das Verbotsverfahren und dessen Ausgang
propagandistisch zu nutzen, blieben erfolglos. Die Partei hat entgegen
ihren Hoffnungen bundesweit Mitglieder verloren und auch an der
Landtagswahl in Bayern wegen Aussichtslosigkeit nicht teilgenommen.
Rechtsextremistisch motiviert:
Gewalttäter
Das typische Ablaufmuster für rechtsextremistisch motivierte Gewalt ist
gleich geblieben. Nach gezielten anfänglichen Provokationen der
Angreifer kommt es bei geringstem Anlass zu Tätlichkeiten und massiver
Gewaltanwendung gegen die Opfer...
Beispiele von Straftaten:
Rechtsextremistisch motiviert
Sachbeschädigung, Nötigung, Bedrohung, Volksverhetzung in
Bayern 2003...
Plattform zur Verbreitung verfassungsfeindlicher Ziele:
Informationelle Vernetzung
Seit Jahren nutzen Rechtsextremisten die moderne
Kommunikationstechnik, insbesondere um die nach den Verboten
neonazistischer Organisationen weggefallenen Kontaktmöglichkeiten zu
ersetzen. Der Zugriff auf das Internet - einen weltweiten, rechtlich und
tatsächlich schwer fassbaren Raum - bietet Rechtsextremisten eine
willkommene Plattform zur Verbreitung verfassungsfeindlicher Ziele...
Die Aufwertung der NS-Gewaltherrschaft:
Revisionismus
Der Revisionismus, der die Geschichtsschreibung über die
Zeit des Dritten Reichs ändern will, ist zu einem Bindeglied zwischen
den unterschiedlichsten rechtsextremistischen Strömungen geworden...
Bayerns Verfassungsschutzbericht 2003:
Antisemitismus verbindet
Islamismus, Rechtsextremismus,
Linksextremismus...
hagalil.com
12-05-04 |