Die 'Wehrmachtsausstellung':
Am Beispiel München
Es ist zwar gut ausgegangen -
obwohl das Kreisverwaltungsreferat (Uhl, CSU) ausgiebig mit
dem Feuer gespielt, und den Bogen der Geduld der Muenchner Buerger mal
wieder reichlich angespannt hat.
Tausende mussten sich die Fuesse in den
Bauch stehen - stundenlang, damit die Naziversammlung ('Redefreiheit auch
fuer Nationale Sozialisten') nicht doch noch auf dem Marienplatz, direkt vor
dem Muenchner Rathaus, abgehalten wird. Die Demonstranten waren beileibe
nicht die sogenannte linke Szenen, die linken Chaoten, Salonbolschewiken und
notorischen Krawallmacher - als die sie sich, selbst am Tage des
Naziaufmarsches, noch beschimpfen lassen mussten. (Uhl: 'Provokation und
Gewalt gingen mal wieder
eindeutig von der linken Chaotenszene aus!')
Wie gesagt: Gemeint sind damit Tausende
Münchner Bürger, welche trotz Uhl-Befehl den Marienplatz nicht für einen
Propoagandaaufmarsch derNationalen Sozialisten hergeben wollten.
Die Stimmung haette kippen koennen, als gegen Abend die meisten endlich nach
Hause wollten - allerdings nur mit der sicheren Gewissheit, dass der
Nazispuk - zumindest fuer's erste, auch vorbei sei...
Antraege den Naziaufmarsch gar nicht
erst in die Stadt zu lassen, den Nazis garnicht erst Gelegenheit zu
geben ihre Hetzpropaganda mitten in Muenchen unter's Volk zu streuen, hat's
genug gegeben.
zB.: ''Als Organisation ehemaliger Verfolgter erachten wir es als
unumgaenglich, die geplanten Propagandaveranstaltungen der NPD in Muenchen
zu unterbinden. Die Duldung solcher Provokationen ist mit den leidvollen
Erfahrungen Muenchens als ehemaliger 'Hauptstadt der Bewegung' nicht zu
vereinbaren.''
(Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes)
Ein Bescheid:
Die Stadt Muenchen genehmigte den
Nazi-Aufmarsch!
Begruendung: Es liegt kein Verbotsgrund vor.
Tatsachen:
Die Demonstration des nationalen
Stolzes auf die sich in tadelloser Pflichterfuellung auszeichnende
Wehrmacht, welche mit Bildern entschlossen dreinblickender Soldaten, Waffe
im Anschlag,
angekuendigt wurde, haette sicherlich verboten werden koennen, wenn denn
jemand im Kreisverwaltungsreferat Muenchen dies gewollt haette.
Man haette sich dort ernsthaft mal ueberlegen sollen, ob Rede- und
Versammlungsfreiheit ueberhaupt angesagt ist fuer Leute die eindeutig
bewiesene und schon lange weithin bekannte Verbrechen leugnen,
schoenreden, relativieren oder gar rechtfertigen.
Es geht ja bei besagter Ausstellung -
und bei der in weiten Kreisen so verhassten 'Vergangenheitsbewaeltigung' -
gar nicht darum, das Ansehen der deutschen Wehrmacht zu schaenden und in den
Schmutz zu ziehen. Es geht auch nicht um eine 'Strafaktion gegen das gesamte
deutsche Volk'. Haette jemals eine solche Absicht ernsthaft bestanden, waere
das deutsche Volk heute sicherlich nicht eines der einflussreichsten und
wohlhabendsten Voelker der Welt.
Es geht darum die Illusion zu
zerstoeren, dass irgendwer aus einem Ausrottungsfeldzug mit sauberen Haenden
zurueckkehren koenne.
Das gesamte deutsche Volk ist nicht
mehr das unbescholtene Volk der Dichter und Denker - seit jenem Feldzug.
Schimpf und Schande ueber das deutsche Volk, haben allein die Nazihorden
gebracht.
Jene die mitmarschiert sind, muessen sich -auch im eigenen Interesse- die
vorwurfsvolle Frage stellen lassen: ''Wenn nicht ihr, wer dann haette das
Morden aufhalten koennen?''.
''Wenn nicht das deutsche Volk, wer dann haette sich mit Grausen abwenden
muessen von dieser Fuehrerschaft deren, wenn nicht gleich verbrecherisches,
so doch abscheulich menschenverachtendes Tun, schon lange vor Beginn des
Vernichtungskrieges erkennbar war.
Wenn wir heute hoeren: 'Dies alles war
nicht zu erkennen, wir haben es nicht erkannt', und wenn wir dieser Aussage
einmal glauben moechten, so muss sie uns bestaerken in den Bemuehungen, die
Sensibilitaet fuer solche Entwicklungen zu staerken.
Wir wissen: Das deutsche Volk selbst
war gefangen. Genauer gesagt: Es hat sich einfangen lassen. Willig hat es
seine Freiheit einem heidnischen Weltbild geopfert. Einzelne, viel zu
wenige, haben sich dennoch gewehrt. Es ist der Schimmer dieser Funken, der
es nicht zulaesst, am deutschen Volk und an der Menschheit, zu verzweifeln.
Das deutsche Volk war aber nicht nur
gefangen - es hat sich fasziniert. Es war berauscht.
Die einen hat das Gift betaeubt und in
dumpfer, gewissenloser Stummheit erstarren lassen. Die anderen hat es
angestachelt zu den grauenhaftesten Verbrechen der Menschheitsgeschichte
ueberhaupt.
Um den Rueckfall in solch gewissenlose Verzueckung zu verhindern, ist es immer
wieder notwendig, die Schrecken ins Gedaechtnis zu rufen. Jedes
Verschliessen der Augen vor der Wahrheit, jedes Verdraengen und Beschoenigen
fuehrt unweigerlich an die Grube des Rueckfalls.
Es ist 50 Jahre her. Die Gefahr ist
nicht gebannt. Es ist - weiss G'tt - kein kleiner Ausrutscher geschehen - es
wurde gemordet. Menschen wurden ermordet und Menschen wurden zu Moerdern,
Mordgehilfen und Mitwissern.
Da die Gefahr so gross ist, koennen wir
aber auch nicht dabei verharren, Ausstellungen zu organisieren, die fast
immer nur die bereits sensibilisierten erreichen. Viel staerker muessen wir
uns denen zuwenden, die nie etwas mitkriegen. Den Gleichgueltigen, denen die
nie betroffen sind. Wenn wir zehntausend Menschen auf der antifaschistischen
Versammlung zaehlen, duerfen wir die hunderttausend Menschen im
Olympiastadion nicht uebersehen.
Viel staerker und entschlossener und bewusster muessen wir uns auch den
Taetern von morgen zuwenden - uns erst mal ueberlegen wie wir sie ueberhaupt
erreichen koennen.
Wir sind nicht allein - das haben wir
gesehen. Wir sind viel zu wenige - auch das haben wir gesehen.
Wozu brauchen die
Nazis ihren kollektiven Stolz?
Wir haben sie uns angeschaut: Sie
fuehlen sich als Opfer - allesamt. Leute die verzweifelt nach Anerkennung,
Achtung, Bestaetigung suchen. Stark in der Masse. Untergegangene Einzelne,
die ihre menschlichen Traeume schon laengst begraben haben, die ihre
Kraenkung nicht mehr fuehlen. Benachteiligte auf der ganzen Linie. Nicht die
Reichen und die Schoenen sind gekommen. Die Vernachlaessigten und
Unerwuenschten standen vor uns. Morgens um halb 11h besoffen. Lallend vom
deutschen Stolz. Schon im nuechternen Zustand vermindert zurechnungsfaehig.
Es ist grauenhaft, aber wir muessen sie beachten.
Sie haben Muenchen wieder verlassen - wohin sind sie gegangen? Wir koennen uns
den Luxus nicht erlauben sie dazu zu benutzen uns selbst als die Guten, die
Schoenen, die Intelligenten, die Erfolgreichen, die Antifaschisten
gegenueberzustellen. Fuer ein wohliges Gruseln sind sie viel zu gefaehrlich
- sie morden schon heute wieder.
Ich hab' nicht die Antwort aber ich
hab' die Frage - und ich weiss, dass wir dringend nach der Antwort suchen
muessen.
Ich habe auch - Angst!
Psychoanalytische Betrachtung rechtsextremer Gewalttaeter
Ein Vortrag vor der Aerztlichen Akademie fuer Psychotherapie von Kindern und
Jugendlichen, eV Muenchen,
von Julian Siegmund Bielicki.
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