Washington (dpa) - Das Gespenst der Rassendiskriminierung geht in den USA
plötzlich wieder um. Präsident George W. Bush sorgt sich um die
Benachteiligung der Weißen. Er mischte sich mit einer brisanten
Stellungnahme in einen Fall ein, der gerade vor dem Obersten Gerichtshof
verhandelt wird. Für die Republikaner ist das ein heißes Eisen, nachdem ein
konservativer Senator sie erst vor Weihnachten mit einer nostalgischen Betr
in die Bredouille gebracht hatte. Bürgerrechtler sehen in Bushs Vorpreschen
nur einen weiteren Beweis, dass die Republikaner im Grunde ihres Herzens für
Schwarze und Minderheiten wenig übrig haben.
Bush stellte sich auf
die Seite von drei weißen Studenten, die die Universität in Michigan
verklagt hatten, weil sie Schwarzen und Angehörigen anderer Minderheiten im
Zulassungsprozess wegen ihrer Hautfarbe Sonderpunkte gewährt. Die
Universität hält das für nötig, um wenigstens eine gewisse Rassenvielfalt
unter den Studenten zu garantieren. Bush hält das für eine Quote, die
Menschen allein für ihre Hautfarbe belohnt oder bestraft.
Für die
Republikaner ist das Thema eine Gratwanderung. Einerseits wollen sie die
konservative und überwiegend weiße Klientel zufrieden stellen, die sie ins
höchste Staatsamt gewählt hat. Andererseits buhlen sie mit Blick auf den
nächsten Wahltermin um die Stimmen von Minderheiten, die bislang
überwältigend demokratisch wählen.
Diese Anstrengungen machte
Senator Trent Lott vor Weihnachten ungleich schwerer. Bei einer
Geburtstagsfeier würdigte er den 100 Jahre alt gewordenen scheidenden
Senator Strom Thurmond, der sich in den vierziger Jahren für die
Rassentrennung stark gemacht hatte. Amerika stünde heute besser da, wenn
Thurmond 1948 zum Präsidenten gewählt worden wäre, meinte Lott Anfang
Dezember.
Die Republikaner ließen sich lange Zeit, ehe sie
reagierten. Erst als der Senator sich immer überschwänglicher für «einen
schrecklichen Fehler» entschuldigte, ließen seine Kollegen ihn fallen: die
Gefahr sei zu groß, dass Lott sich zur Wiedergutmachung in Zukunft allzu
sehr für schwarze Belange einsetzen würde, war von manchem hinter
vorgehaltener Hand zu hören.
Kaum hatten die Wogen sich etwas
geglättet, goss Bush vergangene Woche neues Öl ins Feuer: Er nominierte
einen erzkonservativen Richter für einen Posten am Berufungsgericht in New
Orleans. Charles Pickering hatte sich in jungen Jahren für die
Rassentrennung stark gemacht. Er war deshalb vor ein paar Monaten vom damals
demokratisch dominierten Senat abgelehnt worden. «Das Weiße Haus stellt ihre
eigenen Versprechungen in Frage, dass die republikanische Partei tatsächlich
den Bürgerrechten verpflichtet ist», erzürnte sich der demokratische Senator
Dick Durbin.
Bürgerrechtsaktivisten graben nun nach allem, was ihrer
Ansicht nach belegt, dass die Republikaner im Grunde immer gegen Schwarze
voreingenommen waren. «Die Probleme der Republikaner mit den Bürgerrechten
gehen weit über Trent Lott hinaus», sagte Ralph Neas, Präsident der
Organisation «People for the American Way», die sich für eine
multikulturelle Gesellschaft einsetzt. «Die Parteiführung muss mit ihrer
Politik, die weiterhin den Schutz der Bürgerrechte untergräbt, Schluss
machen.» Sämtliche Republikaner fielen bei der letzten «Zeugnisvergabe» der
Schwarzen-Organisation NAACP durch. Die Organisation analysiert, wie
Abgeordnete bei Vorlagen abstimmen, von denen die schwarze Bevölkerung
profitieren würde.
«Unsere Partei muss sich klarmachen, dass sie
nicht blütenweiß bleiben kann. Es beginnt mit den Gesichtern», sagte der
konservative Schwarze Armstrong Williams. Für die Republikaner sitzt kein
einziger Schwarzer im Kongress. Die Partei hat jetzt versprochen, im
Wahlkampf mehr Geld zur Unterstützung schwarzer Kandidaten locker zu machen.