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Das Internet ist für
Rechtsextremisten ein bedeutendes Medium zur Agitation: Zwischen
1996 und 1999 hat sich die Anzahl deutschsprachiger Nazi-Homepages
verzehnfacht. Diesen realen Zuwachs, stellte das Bundesamt für
Verfassungsschutz nach mehrjähriger Beobachtungen der
rechtsextremistischen Internet-Szene fest.
Das Internet hilft den Rechten ihre regional, organisatorisch und
ideologisch zersplitterte Szene zumindest informativ zu vernetzen.
Die elektronische Kommunikation wird intensiv für die Koordination
und Mobilisierung der Szene genutzt. Eine wesentliche Gefahr ist
darin zu sehen, dass die neuen Medien es sogar ermöglichen, sich -
insbesondere unter Zuhilfenahme von Verschlüsselungs- und
Anonymisierungstechniken - der Überwachung durch die
Sicherheitsbehörden teilweise zu entziehen.
Die internationale Struktur
des Internet ermöglicht zudem weitgehend, den Risiken
deutscher Strafverfolgung aus dem Weg zu gehen. In Deutschland
strafbare Inhalte werden von Rechtsextremisten über Provider solcher
Länder, in denen sogar Bombenbauanleitungen oder Morddrohungen als
freie Meinungsäußerung straflos sind, ins Netz eingestellt. Dass
aber die Urheber dieser Seiten dennoch in Deutschland leben und hier
auch belangt werden können, bestätigen etliche erfolgreiche
Verfahren die auf Anzeigen des Fördervereins haGalil erfolgten.
Rechtsextremisten verfügen mit
dem Internet über ganz neue Möglichkeiten, Personen außerhalb ihres
engen Umfeldes anzusprechen, die sie auf der Straße mit ihren
Flugblättern oder Publikationen nie erreichen würden. Natürlich kann
man nicht unmittelbar feststellen, wer sich beim Surfen im Netz aus
Neugier oder aus Zufall auch mal extremistische Seiten ansieht und
dabei infiziert. Konkrete Auswirkungen, wie beispielsweise ein
Anstieg des extremistischen Mitgliederpotentials, lassen sich
allenfalls mittel- bis langfristig messen. Der Verfassungsschutz
berichtet bereits von rechtsextremistischen Parteien, die über ihren
Web-Auftritt einige neue Mitglieder gewinnen konnten.
Rechtsextremistische Aktivitäten im Internet nehmen aber nicht nur
quantitativ zu, es ist auch eine qualitative Verbesserung
festzustellen. Zum einen wird mit technisch immer raffinierteren
Elementen für verfassungsfeindlichen Ziele geworben;
Rechtsextremisten binden z.B. aufwendige Grafiken und
Animationen ein, bieten Skinhead-Musik über Tondateien kostenlos an
und verbreiten via Internet sogar eigene TV- und Radiosendungen.
Gleichzeitig setzte sich der
bereits vor Jahren festgestellte Trend zur immer fanatischern und
gewaltbereiteren Inhalten fort. Immer hemmungsloser wird gehetzt und
zum Rassenhass aufgestachelt, der Anwendung von Gewalt zugesprochen,
sogenannte "schwarze Listen" bis hin zum Mordaufruf bedrohen
politische Gegner und auch detaillierte Anleitungen zur Herstellung
von Spreng- und Brandsätzen sowie anderer Terrormittel zählen zum
Tagesangebot rechtsextremistischer Internet-Lektüre.
Das Bundesamt für
Verfassungsschutz weist darauf hin, dass die wirksame Bekämpfung
rechtsextremistischer Inhalte auch internationale Lösungen
erfordert. Das Bundesamt betont gegenüber anderen Staaten permanent
die Notwendigkeit der Strafverfolgung im Hinblick auf bestimmte
Internet-Inhalte und wirbt um Akzeptanz für den deutschen
Standpunkt.Inzwischen
ist man aber auch beim BfV zur Ansicht gelangt, dass der beste
"Schutz" in der geistig-politischen Aufklärung durch massive
Information liegt. Einen Beitrag hierzu will auch das BfV leisten
und gibt demnächst eine Broschüre zum Thema heraus.
haGalil onLine
22-08-2000
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