Süddeutsche Zeitung 9.11.00, München
"...Vielfach haben Weidener Bürger und örtliche Kommunalpolitiker die
Anschläge scharf verurteilt und ihre tiefe Bestürzung bekundet. Die CSU
gab vor drei Tagen ein "klares, offenes Bekenntnis gegen rechte Gewalt"
ab, die "Verwerflich und schändlich" sei. "Den Mitgliedern der jüdischen
Gemeinde und der Familie Brenner bekunden wir unsere Solidarität", hieß
es in der CSU-Erklärung, die nur niemand an Gabi Brenner und ihren Mann
schickte. Die beiden mussten vom Beistand der Weidener CSU aus der
Zeitung erfahren - wie auch von einer Stellungnahme des
Oberbürgermeisters, der von "hässlichen Attacken" sprach, aber auch
davon, dass nichts übertrieben werden dürfe: "Wenn bestimmte Ereignisse
zu hoch aufgehängt werden, bewirkt man oft das Gegenteil von dem, was
man will."
Für Journalisten, die gerne mehr von ihm erfahren hätten, war Schröpf
nicht zu sprechen. Ein Sprecher ließ wissen. der OB werde am
Mittwochabend bei einer Gedenkfeier zum Jahrestag der
Reichspogrogromnacht eine Rede halten und zuvor "grundsätzlich keine
Interviews" geben. Am "Mahnmahl gegen Rassenwahn" verurteilte und
bedauerte Schröpf gestern Abend "diese Taten" und verwies darauf, dass
sich die Weidener "nicht von wenigen Chaoten einen antisemitischen oder
rechtsextremen Stempel aufdrücken lassen". In seinem Redemanuskript war
Gabi Brenner allerdings mit keinem Wort erwähnt, dafür lobte der OB die
örtliche Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Die zeige
beispielhaft eine "vorurteilsfreie Gesinnung".
Wenn es nur möglich gewesen wäre, dass der OB und die jüdische
Gemeindevorsitzende miteinander hätten reden können, ganz
vorurteilsfrei, dann hätte Schröpf erfahren können, wie diese schwierige
Zeit auf ein kleines Mädchen wirkt. Die neun Jahre alte Tochter der
Brenners sagte einmal beim Zubettgehen: "Mama, ich will eigentlich keine
Jüdin mehr sein." Die Mutter antwortete, Juden hätten schon immer in
einer besonderen Situation gelebt - und "das, was man ist, muss man auch
leben". Als Gabi Brenner davon dem Reporter erzählt, sagt sie noch:
"Wenn wirklich mal was Ernstes sein sollte, haben wir ja immer noch die
Option wegzugehen".....
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