Hinweis: Sonntag
25.3.01 BR3 18.05Uhr
Bericht der beiden Aussteiger in Weiden - für alle, die den BR3
empfangen können.
Frühere Neonazis warnen Schüler
vor den Rechtsradikalen
Weidener
Aktionsbündnis startet trotz einiger
ängstlicher Schulleiter ein bayernweit vorbildliches Projekt
Von Rolf Thym
Weiden – Farbanschläge und Steinwürfe gegen ein
Mahnmal, das jüdische Gemeindehaus sowie das Geschäft der Vorsitzenden
der jüdischen Gemeinde haben Weiden in die Schlagzeilen gebracht – und
auch der Umstand, dass der Oberbürgermeister Hans Schröpf (CSU) so lange
nichts von rechten Umtrieben in seiner oberpfälzischen Stadt wissen
will, bis die Taten aufgeklärt sind.
Vor diesem Hintergrund kommt einer Veranstaltungsreihe
besondere Bedeutung zu, die das Weidener „Aktionsbündnis gegen
Rechtsradikalismus und Gewalt“ organisiert hat. Im
Internet war Gabi Brenner, die Vorsitzende der jüdischen
Gemeinde, auf ein Paar gestoßen, das vor gut einem Jahr aus der
rechtsextremen Szene ausgestiegen war und nun darum bemüht ist, junge
Leute davor zu warnen, sich Skinheads und extremen rechten Parteien
anzuschließen. Das Aktionsbündnis – ein Zusammenschluss engagierter
Weidener Bürger – schlug vier Schulen in der Stadt und dem Landkreis
vor, die beiden Aussteiger mit Schülern diskutieren zu lassen. Die
Schulleiter waren einverstanden, und so sollten die beiden Ex-Neonazis
Matthias und Gunda gestern an zwei Schulen auftreten und heute an
weiteren zwei.
Doch so, wie es geplant war, kam es nicht. Am
Mittwochabend war bei einem Vorbereitungstreffen von Polizei,
Schulvertretern, Kirchenleuten, Bildungsorganisationen und Weidener
Bürgern mit den beiden Aussteigern deutliche Kritik laut geworden –
unter anderem am Oberbürgermeister Schröpf und der Staatsregierung. Das
ging drei Schulleitern zu weit: In langen nächtlichen Telefongesprächen
stimmten sie sich darüber ab, die Auftritte der beiden Ex-Neonazis an
ihren Schulen kurzfristig abzusagen.
Nur der Rektor der Weidener Max-Reger-Hauptschule ließ
sich nicht beirren. Als die beiden Aussteiger mit 54 Schülerinnen und
Schülern der 7. und 8. Klasse der Max-Reger-Schule diskutierten, wurde
klar, dass die Besorgnis der drei anderen Schulleiter vorschnell gewesen
war: Kein Wort fiel über Parteipolitik oder über den Oberbürgermeister.
Dafür gab es eine Lehrstunde darüber, warum und wie junge Leute in die
Fänge rechtsextremer Organisationen geraten. Matthias und Gunda
erzählten davon, wie sie von Freunden mit rechten Parolen vollgestopft
wurden, wie sie aufhörten über den immer und immer wieder gepredigten
Hass auf „Nigger und Kanaken“ nachzudenken, wie sie ihr früheres Ich
verloren und letztlich zu verurteilten Straftätern wurden. Dann aber sei
ihnen klar geworden, sagt Gunda, dass sie nur „die Idioten“ gespielt
hätten für die wahren Drahtzieher rechtsextremer Politik und Gewalt.
Die 54 Weidener Schülerinnen und Schüler stellten
eifrig Fragen und waren von den Erzählungen der beiden sichtlich
beeindruckt – auch ein Mädchen, das offen zugab, einige seiner Freunde
seien Skinheads, was sie für in Ordnung halte, „aber nicht, wenn
geschlagen wird“. Während die beiden Aussteiger gestern Nachmittag noch
Azubis einer Firma im Landkreis Weiden von ihrem Leben als Neonazis
erzählten, trafen sich die drei Schulleiter, die über Nacht Matthias und
Gunda ausgeladen hatten, zu einem klärenden Gespräch mit Mitgliedern des
Aktionsbündnisses. Nur ein Rektor willigte ein, die Diskussion am
heutigen Freitag doch noch stattfinden zu lassen.
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22.03.2001 |