Skandalöse Stellungnahme:
Friedrich Merz und der kleine Unterschied
Andrea Übelhack
Friedrich Merz, stellvertretender
Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußerte sich gestern in
eine Kamera zu den Vorwürfen gegen seinen Parteikollegen Michel
Friedman. Ein erzkonservativer Politiker zeigt hier, dass er von
Judentum und jüdischer Existenz in Deutschland überhaupt keine Ahnung
hat und offensichtlich auch nicht daran interessiert ist, sich damit
auseinander zu setzen.
Aber zurück zur gestrigen
Stellungnahme von Merz, die in den Abendnachrichten zu sehen war. Herr
Merz hielt es zunächst für nötig auf die kleinen Unterschiede
hinzuweisen. Es schien ihm nicht zu blöde, ausdrücklich zu betonen, dass
Michel Friedman kein "CDU-Politiker" sei, wie immer wieder berichtet
werde. "Ich lese da immer wieder, Friedman sei CDU-Politiker. Das ist
natürlich falsch, er war mal zwei Jahre Mitglied des Bundesvorstandes
der CDU und ist danach nicht wiedergewählt worden", so Herr Merz. Aha!
"Friedman ist nur einfaches CDU-Mitglied", so Merz. Aha! Ändert sich
dadurch etwas an den Vorwürfen? Ändert sich dadurch etwas, dass
überhaupt nicht klar ist, was an den Vorwürfen wahr ist? Als
vermeintlich koksendes CDU-Mitglied wäre Friedman für Merz also noch
erträglich, aber nicht als vermeintlich koksender CDU-Politiker?
Schade, dass es die CDU versäumt,
genau das zu tun, was die Jüdischen Gemeinden und der Zentralrat tun.
Darauf hinzuweisen, dass keiner der Vorwürfe gegen Michel Friedman
bisher belegt ist und dass man daher weiter hinter ihm steht. Die CDU
ist schneller als die Polizei mit ihrer Aburteilung.
Aber es
kommt noch besser. Bis hierhin ist es zwar traurig für Michel Friedman,
welche Parteifreunde er da hat, aber Herr Merz hält noch mehr parat. Er
ist nämlich der Meinung, dass der Vorfall Michel Friedman selbst viel
mehr schade (als der CDU, ach tatsächlich?), aber am meisten schade er,
festhalten!, der Jüdischen Gemeinde in Deutschland: "Denn
das, was da an Sprüchen dann unterwegs ist, wo sich dann einige Leute in
ihren Vorurteilen bestätigt fühlen, das schadet der Sache viel mehr als
der Person."
Nach
einigem Nachdenken darüber, ob man diese skandalöse Aussage doch
irgendwie missverstanden haben könnte, und das eindeutig mit "nein"
beantworten kann, ist klar, Herr Merz hat etwas Grundsätzliches nicht
verstanden.
Warum
sollte ein solcher Vorfall denn der jüdischen Gemeinde schaden?
Natürlich gibt es unter den Nachrichtenlauschenden solche, die sagen
werden, "ja siehste, die Juden, alles Verbrecher" und noch vieles mehr,
nachzulesen in diversen Onlineforen. Den tatsächlichen Schaden
verursacht jedoch genau die Sorte von Friedrich Merz, die eine
Verbindung herstellt, wo keine Verbindung ist. Michel Friedman hat
schließlich nicht, falls es überhaupt der Fall sein sollte!!, im Auftrag
der Juden in Deutschland gekokst! Sondern, ja Herr Merz, als
Privatperson! Und entsprechend ist die Sache auch zu behandeln.
Ich kann
mich nicht erinnern, dass die ganze Fußballgemeinschaft durch die
Kokserei von Christoph Daum Schaden genommen hat. Oder habe ich es
überhört? Sagte man damals, "siehste, die Fußballer, alles Kokser und
Verbrecher"? Sagten Sie damals, Herr Merz, den größten Schaden werden
die Fußballvereine tragen?
Ihre
Aufgabe, Herr Merz, als deutscher Politiker, wäre es, klar zu machen,
dass eben keine Verbindung besteht, dass das Tun und Handeln eines Juden
nicht auf alle Juden abfärbt. Dass es abzuwarten gilt, was bei den
Vorwürfen herauskommt, dass das Privatleben von Michel Friedman nicht
von öffentlichem Interesse ist. Stattdessen suggerieren Sie, dass
jüdische Existenz in Deutschland weit entfernt von einer Normalisierung
ist und wir deutschen Juden uns nach Ihrer Meinung offenbar in einer
zooähnlichen Vorzeige-Funktion befinden.
hagalil.com
19-07-03 |