Abschiebungen nach Kosova/Kosovo:
Von Plattling über München nach Prishtina
Von Max Brym
Permanente Abschiebungen in Krisen und Kriegsgebiete, gehören zur
bundesdeutschen Normalität. Generell sollen nach der neuesten
Beschlusslage der bundesdeutschen Innenministerkonferenz, Menschen nach
Kosovo, Afghanistan und dem Irak abgeschoben werden. Bei Menschen aus
dem Irak stellt sich allerdings noch ein "Transportproblem". An einer
Lösung dieses "Problems" wird fieberhaft gearbeitet. Gelöst scheint für
die bundesdeutsche politische Kaste der "Abschiebevorgang" nach Kosovo.
Jede Nacht finden in Deutschland polizeiliche Menschenjagden statt. Es
wird u.a. nach Albanern oder Roma aus Kosova gefahndet, damit die
Handschelle klicke und in bestimmten Fällen der Knüppel sause. Bevorzugt
wird für die polizeiliche Aktion die Nacht oder die frühe Morgenstunde.
So vor 14 Tagen auch im niederbayerischen Plattling, in der Nähe von
Straubing. Hierzu liegt mir eine schriftliche Erklärung der Familie
Imeri vor.
Zugriff in Plattling
Seit sieben Jahren lebte die Schwester von Herrn Imeri, mit ihren drei
Kindern und ihrem Mann in Straubing. Alle drei Kinder wurden in der
niederbayerischen Tiefebene geboren. Dennoch hatten weder die Frau noch
ihre drei Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Für ihre
Kinder und für sich selbst beantragte die Frau Asyl. Der Antrag wurde
von der zuständigen Behörde in Straubing abgelehnt. Die ältere Tochter
ging in Straubing zur Schule und hatte viele Freundinnen. Sie ist in
ihrem Geburtsort Straubing aufgewachsen und verstand nicht, warum sie
Straubing vor zwei Monaten verlassen musste.
Noch unverständlicher dürfte jetzt dem Mädchen sein, sich über Nacht in
Kosova wiederzufinden. Vor zwei Monaten, verfügte eine bayerische
Behörde, "die Familie muss nach Plattling ziehen". Diese Maßnahme
richtete sich auch gegen einen Amtsleiter in Straubing, jener stand
einer Abschiebung der Familie, aufgrund einer menschlichen Regung,
negativ gegenüber. In Plattling war die Abschiebung leichter
durchzuführen. In Plattling gab es gegen die Abschiebung keinen
Widerstand.
Auch ein ärztliches Attest, half der Mutter von drei Kindern nicht. Das
Attest bescheinigte der Frau, dringend auf ärztliche Hilfe angewiesen zu
sein. Auch bestimmte Medikamente, zur Behandlung der Frau, seien in
Kosova nicht verfügbar. All das beeindruckte die Behörde nicht. Vor zwei
Wochen erfolgte die Abschiebung.
Der "Zugriff"
Um 6 Uhr 30 kam die Polizei und pochte an die Wohnungstür in Plattling.
"Ihr habt 30 Minuten Zeit, um euer Zeug zu packen, dann geht es ab",
erklärte der Einsatzleiter. Anschließend wurde die Frau mit ihren
Kindern direkt zum Flughafen nach München gebracht. Selbstverständlich
nicht in den Zentralbereich des Flughafens, sondern in einen versteckten
Winkel des Airports. Die Absicht war klar: Niemand sollte sehen, wie
hier Menschen abtransportiert werden. Zwei Reihen Polizei schirmten die
abzuschiebenden Albaner ab.
Die Opfer der nächtlichen Polizeiaktion, warteten zum Teil im Pyjama und
ohne Socken auf den Abflug. Der Bruder von Herrn Imeri, der seinen
Verwanden folgte, erklärte: "Ich kam mir vor, wie in einem schlechten
Film. So muss es auch bei den Nazis begonnen haben. Die Menschen wurden
behandelt wie Tiere und in ein veraltetes Flugzeug getrieben. Es war
grauenhaft".
In Kosova
Am Flughafen in Prishtina ist es normal geworden, mindestens einmal pro
Woche, geschockte und frustrierte Menschen, die in Deutschland lebten in
Empfang zu nehmen. Die Frau aus Straubing lebt gegenwärtig mit ihren
Kindern in einem Zimmer zusammen mit vierzehn anderen Menschen. Den
Kindern geht es schlecht, sie sind psychisch geschockt. Ihnen fällt es
besonders schwer zu begreifen, was ihnen widerfuhr. Der Frau fehlen die
nötigen Medikamente, sie steht vor dem Abgrund. Der Bruder in Straubing,
hofft immer noch, dass es ihm gelingt, seine Schwester mit ihren Kindern
zurückzuholen. Dabei dürfen wir ihn und seinen Anwalt nicht im Stich
lassen.
hagalil.com
13-06-03 |