Rassismus und Antisemitismus im Fußballstadion:
Löwen-Fans gegen Rechts
Von Max Brym
Der Fußball hat in der Gesellschaft zwei Gesichter: es gibt die vielen
Fans, die aus Freude am Fußballspiel in die Stadien strömen. Nicht
wenige reisen quer durch Deutschland und sogar Europa, um ihren Verein
bei Auswärtsspielen sportlich, fair zu unterstützen. Gegen solche Fans
und ihre Fußballbegeisterung ist nichts einzuwenden. Es gibt aber auch
die andere, abstoßende Seite des Fußballs. Immer stärker wird das
Fußballstadion von vielen, für rassistische und antisemitische Gewalt
missbraucht. Gegen solche Tendenzen gründete sich in München vor mehr
als 10 Jahren, die Faninitiative "Löwen gegen Rechts". Die Initiative
unterstützt den Bundesligaverein 1860 München.
Aktivitäten der Faninitiative
Die Initiative versucht die Vereinsführung dazu zu bewegen, klar Stellung
gegen Rassismus im Verein zu beziehen und Taten folgen zu lassen. Ein
Anlass dazu war, dass im DSF (Deutsches Sport Fernsehen) eine Reportage
über Rassismus in den Stadien im Jahr 2001 gebracht wurde. In dieser
Reportage wurde der TSV 1860 als Beispiel dargestellt. Die Faninitiative
forderte die Verantwortlichen des TSV-1860 umgehend auf, Maßnahmen zu
ergreifen. Als kleiner Erfolg wird gewertet, dass seit dieser Saison der
Verein ein Transparent über dem Marathontor anbrachte, mit der
Aufschrift: "Fußballspass statt Rassenhass". Andere Forderungen der
Initiative werden bis dato ignoriert.
So fordert die Initiative eine offizielle Stellungnahme des
Vereinsvorstandes zum Thema, Rassismus und rechte Gewalt, sowie die
Aufnahme eines Antidiskriminierungsparagraphen in die Stadionordnung.
Nach dem Vorbild des Vereins Schalke 04 wird für die Satzung folgender
Paragraph vorgeschlagen: "Die soziale Integration ausländischer
Mitbürger soll gefördert werden" und "Der Ausschluss aus dem Verein kann
erfolgen, insbesondere durch Kundgabe ausländerfeindlicher und
rassistischer Gesinnung". Die Initiative versucht bei jedem Heimspiel
offene Faschisten aus der Kurve zu drängen, die mit nationalistischen
und faschistischen Symbolen, wie Springerstiefeln und Aufnähern wie
White Power HH (was für Heil Hitler steht) zugegen sind. Jene Gruppen
sind nach Einschätzung der "Löwen gegen Rechts" eine organisierte
Minderheit, jedoch können sie mit der Toleranz aus der Mitte des
Stadions rechnen.
Rassistische Sprüche speziell gegen schwarze und dunkelhäutige Spieler
kommen auch von den Herrn mit Schlips und Kragen von der Haupttribüne
und aus der Gegengerade, von den Herrschaften im besseren Anorak. Selbst
bei prominenten Spielern und Vereinspräsidenten ist das anzutreffen.
Dazu gibt die Initiative eigene Flugblätter und Dokumentationen heraus.
Zudem sind die "Löwen gegen Rechts" nicht nur im Stadion anzutreffen,
sondern auch bei vielen Aktivitäten gegen Antisemitismus und Rassismus
in der Stadt München.
Die Initiative ist organisiert in dem Netzwerk "Fußball gegen den
Rassismus in Europa" (FARE) sowie im "Bündnis Aktiver Fußballfans"
(BAFF). Derzeit sind über 50 Gruppen bundesweit im BAFF organisiert.
Zweimal im Jahr gibt es ein zentrales Treffen der Fanclubs aus
verschiedenen Städten. Dabei werden Erfahrungen ausgetauscht und
gefeiert.
Das Stadion im gesellschaftlichen Umfeld
Fußballspieler und Vereinsfunktionäre genießen in Deutschland eine hohe
mediale Aufmerksamkeit. Dabei geht es nicht nur um das runde Leder,
sondern viele Sportler geben wieder, was von den Rängen und aus der
Politik kommt. Dabei rollt der verbale Ball zunehmend nach rechts.
Lothar Matthäus trat auf dem Oktoberfest 1993 einen Niederländer mit
folgendem Spruch entgegen: "Ach, auch noch Holländer, das sind sowieso
alles Arschlöcher. Du bist wohl vergessen worden vom Adolf".
Vor einigen Jahren schickte der 1.FC Köln seinen Spieler Stefan Engels von
einer Israel-Reise nach Hause, weil er Daniel Brailowski (Makkabi Haifa)
mit "Heil Hitler" beschimpft haben soll. Der jetzige griechische
Nationaltrainer Otto Rehagel sagte in seiner Zeit als Bayern-Trainer:
"Die Neger nehmen uns die Arbeitsplätze weg". Diese Beispiele könnten
hier beliebig fortgesetzt werden. Von den Rängen im Stadion schlägt
dunkelhäutigen Spielern in der Regel offener Rassismus entgegen.
Bereits 1990 schrieben Anthony Baffoe, Souleman Sane und Anthony Yeboah in
einem offenen Brief an die Bild: "Helft uns, wir wollen kein Freiwild
sein". Und "In keinem anderen Land in Europa sind schwarze Fußballer
derlei Verunglimpfungen ausgesetzt". Einige Jahre später sagte Yeboah
gegenüber der FAZ: "Wäre ich kein Star, müsste ich mich verprügeln
lassen. Ich möchte in Deutschland nicht um Asyl bitten müssen". Speziell
in den neunziger Jahren haben sich gegen solche Tendenzen in den
Fußballstadien antirassistische Fangruppen gebildet, leider wird ihnen
wenig Aufmerksamkeit zuteil. Obwohl sie einen schweren Stand haben. Die
Probleme beginnen zumeist schon in der U-Bahn auf dem Weg ins Stadion.
Dort wird oftmals per Gesang die gegnerische Mannschaft lautstark nach
Auschwitz geschickt. Der "Normalbürger" toleriert dies meist, oder er
benötigt einen Anstoß um zu protestieren. Die Polizei bleibt dabei meist
dezent im Hintergrund.
Wildmoser und die "Löwen gegen Rechts"
Karl-Heinz Wildmoser ist Präsident des TSV 1860 München. Viele Löwenfans
können mit dem barocken Wildmoser wenig anfangen. Es geht um die
Stadionfrage, aber das ist eine andere Geschichte. Am 25.2.02 war
Wildmoser Gast in einer Sportsendung von TV-München. Zur anstehenden
Verpflichtung des brasilianischen Verteidigers Costa erklärte Wildmoser:
"Daß dieser vom Aussehen ganz gut zu uns paßt". Auf die Nachfrage des
Moderators Ralf Exel bemerkte Wildmoser: "Er ist weiß, und außerdem tut
der nicht so wie viele schwarze Spieler auf dem Platz umanandawutzeln".
Daraufhin schrieb ihm die Faninitiative einen Brief, in dem Wildmoser
jedoch nicht als Rassist bezeichnet wurde. Er wurde nur aufgefordert,
solche Äußerungen zurückzunehmen und seiner Verantwortung gerecht zu
werden. Wildmoser vermied eine offenen Debatte zu dieser Frage.
1860 und die Vergangenheit
In den Jubiläumszeitschriften des Vereins zum 100. und 125. Jubiläum fehlt
jeglicher Hinweis auf die Nazizeit. Bis heute ist keine Publikation des
Vereins bekannt, in der sich der Verein ohne Beschönigung kritisch mit
seiner Haltung während der Zeit von 1933 bis 1945 auseinandersetzt. Die
"Löwenfans gegen Rechts" fordern diese mehr als nötige
Geschichtsaufarbeitung, denn schon im Jahr 1930 gab sich der Verein
betont national und vaterländisch.
Vor dem Amtsantritt Hitlers unterzeichnete der Verein seine Korrespondenz
mit "Heil Hitler". Im Jahr 1934 schloss der Verein sämtliche jüdische
Mitglieder aus. Die Vorstände während der Nazizeit wurden grundsätzlich
von der örtlichen SA-Leitung gestellt. Im Jahr 1936 wurde Emil Ketterer
Leiter des Gesamtvereins. Ketterer war ein engagierter Nationalsozialist
mit intensiven Kontakten zu den örtlichen Nazibonzen. 1940 wird
Sebastian Gleixner SA-Obersturmbannführer und Ratsmitglied der Stadt,
Leiter der Fußballabteilung. Diese Funktion behielt er bis 1945. Die
eigentliche braune Zelle des TSV war die Leichtatlethikabteilung. Ein
wichtiges Mitglied dieser Abteilung war Carl Krümmel, er wurde nach 1933
zum SA- Oberführer und Ministerialdirektor. Er war zuständig für die
Sporterziehung im Hitlerdeutschland. Bis heute ist vom TSV 1860 keine
Stellungnahme zu den Vorgängen in der Zeit von 1933-1945 zu Hören oder
zu Lesen. Noch 1960 wurde in einer Festschrift die Internierung von Emil
Ketterer als "bestimmt ungerechte Behandlung" bezeichnet.
http://www.loewen-fans-gegen-rechts.com
Gottfried Fuchs und Co.:
Jüdischer
Erfolg im deutschen Fußball
Uwe Seeler war es nicht, der für eine deutsche
Nationalmannschaft in einem Spiel die meisten Tore erzielte, auch nicht
Gerd Müller...
Ajax Amsterdam und die Juden:
Peinliches Erbe
Bald bestreitet Ajax Amsterdam in Mailand sein
Viertelfinalrückspiel in der Champions League. Viele jüdische
Fußballfans werden sich diese Partie anschauen wollen, denn ihnen ist
Ajax nicht irgendein Verein unter vielen anderen sehr guten...
Michael Brenner:
Interkonfessioneller Fußball
Mit Müh und Not schaffte man es an jedem Feiertag, einen Minjan (die für
das Gemeindegebet notwendige Zahl von zehn Männern) zusammenzubringen...
hagalil.com
06-05-03 |