Von Karl Pfeifer
Im Falter Nr. 22/03 erschien ein Interview mit Heinz Fischer, das zu
denken geben sollte. Hier ein Auszug:
Falter: Schließen Sie eine rot-blaue Koalition aus?
Heinz Fischer: Diese Frage ist heimtückisch. Ich kann nicht etwas
ausschließen, das nicht auf der Tagesordnung steht. Ob diese
Regierungskonstellation irgendwann möglich wird, kann und will ich jetzt
nicht beantworten.
Falter: Verjähren politische Sünden, wie der SPÖ-Abgeordnete Josef Broukal
meint?
Heinz Fischer: Ja, wenn sie nicht wiederholt werden. Die Geschichte der
Zweiten Republik wäre undenkbar ohne den großartigen Satz von Rosa
Jochmann: "Man kann verzeihen, ohne zu vergessen."
Falter: Müsste vor dem Verzeihen nicht die Reue der FPÖ kommen?
Heinz Fischer: Ich bin kein Anhänger von Konrad Adenauers Satz "Was
interessiert mich mein Geschwätz von gestern". Andreas Khols Motto "Die
Wahrheit ist eine Tochter der Zeit" lehne ich erst recht ab. Aber
Unversöhnlichkeit ist auch keine politische Tugend. Eine Gegnerschaft
muss nicht bis ins Grab andauern.
Wie in Kakanien üblich, verwechselt Dr. Heinz Fischer, zweiter
Nationalratspräsident und möglicherweise sozialdemokratischer
Bundespräsidentkandidat, die Vergangenheit mit der Gegenwart, also Äpfel
mit Birnen.
Die Vergangenheit:
Die sozialdemokratische Abgeordnete Rosa Jochmann die im KZ Ravensbrück
inhaftiert war sprach von den vielen österreichischen
Nationalsozialisten, die man in der Zweiten Republik integrieren wollte.
Alle Parteien warben unter den ehemaligen Nazi um Anhänger. Österreich,
das "erste Opfer des Nationalsozialismus" ging sogar so weit mit dem
Verzeihen, sozialrechtlich nicht nur ehemalige Nazifunktionäre, sondern
auch die ehemaligen Soldaten und SS-Männer zu bevorzugen.
Die Gegenwart:
Da versucht die SPÖ ein politisches Geschäft abzuschließen mit einem
rechtsextremen Politiker, der noch immer die SS und deren "Werte"
verteidigt, dessen antisemitische und rassistische Ausfälle Bücher
füllen. Da geht es nicht um "Verzeihen" oder "Vergessen", sondern um
politische Hygiene.
Zwar erklärt Dr. Fischer "kein Spargelfreund" zu sein, aber als guter
Realpolitiker möchte er die Zustimmung der Volksgemeinschaft haben. Wolf
Martin, ein typischer Vertreter der Volksgemeinschaft hat es "In den
Wind gereimt":
"Es bleibt kein Broda ungeschoren,/wenn die Bewältiger rumoren,/ist
Aufarbeitung angesagt,/ wird selbst ein Adolf Schärf verklagt./Und wird
am Rotverputz gekratzt,/wirkt selbst ein Kreisky angepatzt./Nur einer
hat bei unseren Roten/Dem Lauf der Zeit die Stirn geboten,/steht wie der
Tugend fester Turm/ in Wind und Regen, Schnee und Sturm:/Der wahre Herr
im roten Haus,/Heinz Fischer. Ihm gebührt Applaus!" Neue Kronenzeitung
14.4.2000
"Dümmeres als das Benehmen der österreichischen Sozialdemokratie hat
es, seit Politik zum Tort der Menschheit erfunden ist, nicht gegeben.
Vertrackteres nicht als die Haltung einer Führerschaft, die vorwärts mit
frischem Mut ins Verderben rennt, aber den nach hinten nicht aufbringt,
die Wahrheit zu sagen". Schrieb Karl Kraus vor 70 Jahren. Und heute?
"Lernen Sie Geschichte" meinte einmal der erfolgreichste Vorsitzende der
SPÖ. Seine Nachfolger aber haben viel vergessen und wenig gelernt.