Von Karl
Pfeifer
Das Dokumentationsarchiv des
Österreichischen Widerstandes veröffentlichte in der Rubrik Neues
von ganz rechts folgende Notiz: Mit Saddam gegen die
US-"Weltherrschaft"? Das FPÖ-nahe Wochenblatt Zur Zeit widmete seinen
aktuellen Schwerpunkt dem drohenden Krieg gegen den Irak unter Saddam
Hussein. Den Anfang machte der FPÖ-Europaparlamentarier Hans Kronberger.
Dieser glaubt zu wissen, um was es bei den Kriegsplänen geht, nämlich
"um die Umwandlung des gesamten Vorderen und Mittleren Orient in ein
amerikanisch-israelisches Protektorat". (Zur Zeit 7-8/2003, S. 9)
Am 3. März traf im DÖW ein Schreiben von Dr. Kronberger per e-mail ein:
"Sehr geehrte Damen und Herren, heute wurde mir Ihr Artikel "Mit Saddam
gegen die US-Weltherrschaft?" übermittelt, und ich war erschüttert über
das Niveau Ihrer Berichterstattung und Ihren manipulativen Umgang mit
Informationen. Anstatt das Zitat von der "Umwandlung des gesamten
Vorderen und Mittleren Ostens in ein amerikanisch-israelisches
Protektorat" korrekt als eine Äußerung des amerikanischen
Vizeaußenministers Paul Wolfowitz auszuweisen, unterstellen Sie mir
diese Aussage als meine Interpretation der gegenwärtigen amerikanischen
Kriegspolitik..."
Dr. Hans Kronberger
Am 4. März ging folgende Antwort an Dr. Kronberger:
Sehr geehrter Herr Dr. Kronberger,
Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 3. 3. 03 darf ich Ihnen mitteilen,
dass wir natürlich bereit sind, das inkriminierte Zitat als Äußerung des
US-amerikanischen Vizeaußenministers Wolfowitz auszuweisen. Dazu
bräuchte ich aber das Originalzitat im genauen Wortlaut und mit
Quellenangabe, um welches ich Sie hiermit höflichst bitte...
Mit freundlichen Grüßen, H. Schiedel
In einer Antwort (5. 3.) versprach eine Mitarbeiterin von Dr.
Kronberger, dass sie die gewünschte "Quellenangabe zum Zitat [...] so
schnell wie möglich schicken" werde.
Am 7. 3. traf ein weiteres e-mail von Dr. Kronbergers Mitarbeiterin
ein. Dort heißt es u. a.:
"Er [Dr. Kronberger] besteht darauf, dass seine Antwort auf Ihren Text auf
Ihrer Website veröffentlicht wird, da er in Ihrer Zusammenstellung der
Informationen eine böswillige Verleumdung sieht. Er ersucht Sie, seine
Antwort bis spätestens Montag Mittag auf die Website zu stellen, da er
andernfalls umgehend rechtliche Schritte ergreift. [...] Was das Zitat
über das 'amerikanisch-israelische Protektorat' anbelangt, so bezieht
sich Herr Dr. Kronberger dabei auf einen Artikel des Redakteurs Hans
Janitschek in der Kronenzeitung vom 17. 9. 2001, den ich Ihnen im Anhang
mitschicke."
Ebenfalls noch an diesem Tag antwortete H. Schiedel:
"Unsere Vermutung hat sich als wahr herausgestellt: Es gibt das
Wolfowitz-Zitat in dieser Form nicht, sondern nur eine Interpretation in
einer für ihre Seriosität bekannten Qualitätszeitung. Wenn ich Sie
richtig verstanden habe, verlangt Herr Dr. Kronberger auf Basis dieser
Quelle, dass wir 'das Zitat [...] korrekt als eine Äußerung des
amerikanischen Vizeaußenministers Paul Wolfowitz' ausweisen. Und
gleichzeitig soll unser Text einen absoluten Tiefpunkt journalistischer
Manipulation' darstellen - verkehrte Welt ..."
PS: Die "Quelle" von Dr. Kronberger:
[ 2001-09-17,Wien,POLITIK ]
VON HANS JANITSCHEK (USA) UND KURT SEINITZ
Washington. - Wenn es nach dem stellvertretenden Verteidigungsminister der
USA, Paul Wolfowitz, geht, werden einige Länder nicht nur zerstört,
sondern überhaupt von der Landkarte verschwinden. Laut Schlagzeile der
"New York Times" über die gesamte erste Seite soll so genannten
"Schurkenstaaten" die letzte Stunde schlagen. Sie sollen in einem
internationalen "Protektorat" enden. Wie amerikanische Militärexperten
zögernd bestätigen, gibt es diesen so genannten "Wolfowitz"- Plan
bereits, der in mancher Hinsicht dem umstrittenen "Morgenthau"-Plan
Präsident Roosevelts für das Nachkriegsdeutschland ähnelt. Laut Henry
Morgenthau, der Finanzminister im Kriegskabinett war, sollte
Deutschlands industrielle Infrastruktur total gebrochen und das Land in
eine Vielzahl von "Agrarkolonien" umgewandelt werden.
"Wolfowitz"-Plan für hartes Durchgreifen
Der "Wolfowitz"-Plan, den die "New York Times" etwas voreilig als den
Plan der Regierung bezeichnet, sieht die totale militärische,
wirtschaftliche und politische Entmachtung ("Beendigung", englisch:
"ending") der so genannten "Schurkenstaaten" vor, um sie dann unter den
"Schutz" von NATO und möglicherweise auch Israels zu stellen, um einen
"hundertjährigen Frieden" in Nahost endlich zu erzwingen. Freilich:
dieser Plan lässt sich nur durchführen, wenn alle bisher als gemäßigt
geltenden Staaten der Region mitspielen, also Ägypten, Jordanien,
Saudi-Arabien etc. Ein großes Fragezeichen ist auch, welche Rolle das
Palästina Jassir Arafats dabei spielen würde.
Ebenso ist die von Wolfowitz vorgesehene Rolle Israels ein Problem.
Nach dem Beispiel des Golfkrieges könnte die von Präsident Bush
angepeilte "Koalition" darauf bestehen, Israel abseits zu halten, um die
arabischen Verbündeten nicht zu beunruhigen. Freilich, von allen Ländern
des Westens ist Israel wohl am ehesten bereit, seine Armee einzusetzen
und entsprechende Verluste auf sich zu nehmen.
Die Staaten, die von der Landkarte "verschwinden" würden, sind: Irak,
Afghanistan, Jemen und vermutlich auch Pakistan, das dann wieder Indien
einverleibt werden könnte. Es soll auch die Rede davon sein, den Iran
endlich wieder unter westliche Herrschaft zu stellen. Aber das wäre wohl
auch für die NATO eine zu große Portion.
Das große Fragezeichen bei diesem Plan ist natürlich, wie China darauf
reagieren würde, das mit Pakistan engste Beziehungen unterhält und eine
gemeinsame Grenze hat. Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass die
USA einen hohen Preis zahlen müssten (etwa die Aufgabe von Taiwan), um
Peking zur Neutralität zu bewegen. Mit den Russen gibt es keine
Probleme. Sie sind an ihrem Afghanistan-Abenteuer in den Achtzigerjahren
jämmerlich gescheitert.
Terrorgefahr auch für den Petersdom?
Verschärfte Sicherheit auch im Vatikan: Die Leibwache für den Papst
wurde verstärkt. Rom trifft Maßnahmen gegen die Gefahr, dass eine
Terrorgruppe die Kuppel des Petersdoms ins Visier nimmt.
"Gott hat Amerika wegen Sünden gestraft"
Riesenaufregung in den USA wegen des Auftritts von zwei Star-Predigern:
"Die Strafe Gottes, weil Amerika das Land der Abtreibung, Homosexualität
und anderer Sünden geworden ist." Präsident Bush distanzierte sich von
seinen Freunden Jerry Fallwell und Pat Robertson.
© 2001-09-17 by "NEUE KRONEN ZEITUNG"
Die Archivversion der Neuen Kronenzeitung entspricht nicht der
Druckversion Erstaunlich, aber diese Archivversion der "Neuen
Kronenzeitung" entspricht nicht der gedruckten Version, denn in dieser
wurde ein Hans Morgenthau erwähnt. Schon am Tag danach hatte ich in
www.ballhausplatz.at
folgenden Artikel veröffentlicht, der in der jetzigen Lage nichts von
seiner Aktualität verloren hat.
Janitschek und Seinitz über Wolfowitz, Morgenthau und Roosevelt
18.09.2001 Von Karl Pfeifer In der rechtsextremen Publizistik spielt die
Erwähnung des Morgenthau-Planes eine besondere Rolle - bis zum heutigen
Tag.
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Wer gestern die "Neue Kronenzeitung" las, konnte glauben, die NKZ hätte
wirkliche Informationen über die Pläne der USA-Regierung zur Bekämpfung
des Terrorismus, doch was für viele Journalisten die sprichwörtlichen
Taxifahrer sind, das sind für das Paar Hans Janitschek (USA) und Kurt
Seinitz ungenannte "amerikanische Militärexperten" die, "zögernd
bestätigen", es gibt "diesen so genannten "Wolfowitz"-Plan bereits, der
in mancher Hinsicht dem umstrittenen "Morgenthau"-Plan Präsident
Roosevelts für das Nachkriegsdeutschland ähnelt."
Der Wolfowitz Plan so die Herren Janitschek und Seinitz sieht die
"totale militärische, wirtschaftliche und politische Entmachtung der so
genannten 'Schurkenstaaten' vor, um sie dann unter den 'Schutz' von NATO
und möglicherweise auch Israels zu stellen...". Das sind wirkliche
Rosinen für den Stammtisch. Die Amis wollen arabische Staaten unter das
Protektorat von Israel stellen. Die Methode der Herren Janitschek und
Seinitz kommt einem bekannt vor.
Wolfowitz der stellvertretende Verteidigungsminister der USA dessen
Name jüdisch klingt wird von Janitschek (ehemaliger Sekretär der
sozialistischen Internationale" und Seinitz einem langjährigen Erwecker
von "Emotionen die wir alle nicht wollen", mit Morgenthau und Roosevelt
in Verbindung gebracht. Aus Henry Morgenthau jun., amerikanischer
Finanzminister während des 2. Weltkriegs, machen die beiden einen Hans
Morgenthau, der, so sollen vielleicht die Leser glauben, gar frisch aus
Deutschland in die USA "emigrierte". Aha dürften die Antisemiten am
Stammtisch sagen, Morgenthau, Roosevelt und Wolfowitz lauter Juden. Die
ersten beiden wollten aus Deutschland einen Agrarstaat machen, der
letzte will was ähnliches mit den arabischen "Schurkenstaaten" machen.
Natürlich war Roosevelt kein Jude und er hatte diesen Plan auch nicht
verfaßt. Außer der völligen Entwaffnung und Abrüstung Deutschlands und
großen Reparationsleistungen sollten nach dem Morgenthau-Plan die
Industriebetriebe völlig demontiert, die Bergwerke stillgelegt und
zerstört werden. Bei Kontrolle der ganzen Wirtschaft auf 20 Jahre würde
Deutschland ein Agrarstaat sein, der keine Möglichkeit zu aggressiver
Politik mehr haben sollte.
Als der Morgenthau-Plan durch eine gezielte Indiskretion am 21.
September 1944 in die Öffentlichkeit kam, war die Reaktion so negativ,
daß auch Präsident Roosevelt sich distanzierte und dieser Plan
verschwand damals in der Versenkung, ohne von den zuständigen Gremien
jemals formell diskutiert worden zu sein.
Für die spätere Besatzungs- und Deutschlandpolitik blieb der
Morgenthau-Plan ohne jede Bedeutung. Aber Goebbels und Hitler hatten den
"jüdischen Mordplan" zur "Versklavung Deutschlands" mit so großem Erfolg
für ihre Durchhaltepropaganda benutzt, daß bei vielen der Glaube
entstand, das Programm sei 1945 realisiert worden.
In der rechtsextremen Publizistik spielt die Erwähnung des
Morgenthau-Planes diese Rolle bis zum heutigen Tag.