Die bösen "zionistischen
Mächte":
Karsli plant Partei
Möllemanns Ziehsohn steht
seit Angriffen auf "Zionisten" im politischen Abseits. Nun sucht er neue
Mitstreiter
Von Pascal Beucker
Wann er das letzte Mal mit Jürgen W. Möllemann gesprochen
hat? Jamal Karsli überlegt. Dann antwortet er: "Bei der
Jahreshauptversammlung der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, wir haben
uns nur kurz begrüßt." Das war im Januar. Seit Monaten habe er nur wenig
Kontakt zu seinem einstigen Mentor, sagt Karsli enttäuscht: "Die Wege
gehen momentan auseinander."
Der Exgrüne Karsli und der Nochliberale Möllemann, deren
Allianz im Frühjahr 2002 die FDP in schwere Turbulenzen brachte,
schlagen inzwischen wieder getrennt ihre Schlachten. Während Möllemann
zur Zeit seinen Kampf gegen die FDP-Bundesspitze und diverse
Staatsanwaltschaften führt, bereitet der einzige deutsche Abgeordnete
syrischer Herkunft vor, womit Möllemann bisher nur droht: die Gründung
einer eigenen Partei. Wenn Karsli nicht gerade gegen das kämpft, was er
als "zionistische Lobby" bezeichnet.
Am 12. März wird beides zusammenfallen. Für den Vormittag hat
das Düsseldorfer Landgericht sein Urteil über Karslis Verleumdungsklage
gegen Paul Spiegel und Michel Friedman angekündigt. Karsli hat die
beiden Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland vor Gericht
gezerrt, weil er ihnen verbieten lassen will, ihn weiter als Antisemiten
zu bezeichnen. Am Abend soll ebenfalls in Düsseldorf das erste
Vorbereitungstreffen zur Gründung der von ihm geplanten
"sozialliberalen, interkulturellen und interreligiösen Partei, die sich
für Frieden und Gleichberechtigung einsetzt", stattfinden. Der
parteilose NRW-Landtagsabgeordnete berichtet stolz, Menschen aus allen
Parteien hätten ihr Interesse an einer Mitarbeit bekundet, bisher etwa
240. Schnell fügt er hinzu: Rechtsradikale seien nicht darunter.
Dass dieser Hinweis nötig ist, gehört zur Tragik des Jamal
Karsli. "Die glauben, ich sei einer von ihnen", empört er sich und hat
bis heute keine wirkliche Erklärung dafür. Schließlich komme er doch
"von der linken Seite", habe stets gegen Rechtsradikalismus und
Rassismus gekämpft - immerhin 18 Jahre bei den Grünen, bis zum April
2002. Frühere Wegbegleiter wollen indes nichts mehr mit ihm zu tun
haben. Sogar aus dem Unterstützerkreis für die Antikriegsdemo am 15.
Februar sei er geworfen worden, entrüstet er sich. Dabei habe er doch
schon seit Jahren zu einer friedlichen Beilegung des Irakkonflikts
aufgerufen. "Und jetzt soll ich in kürzester Zeit vom linken
Friedensaktivisten zum rechtsradikalen Antisemiten geworden sein, nur
weil ich die israelische Politik kritisiert habe?"
Das sei eine "Kampagne" gegen ihn, glaubt Karsli. So werde er
"durch die Medien regelrecht gemobbt, auch die taz läuft da mit". Dann
bemüht er eine neue Variante der "jüdischen Weltverschwörung". Denn
hinter dieser angeblichen Kampagne hat er böse "zionistische" Mächte
ausgemacht: "Das ist ein System." Nein, er will nicht begreifen, dass er
sich mit seinen antiisraelischen Tiraden, die immer wieder in
Vergleichen Israels mit Nazi-Deutschland gipfeln, und seinen Ausfällen
über die "zionistische Lobby" selbst in die Ecke begeben hat, in die er
sich zu Unrecht gestellt fühlt. Und dass sich Nazis auf die Schenkel
klopfen, wenn er Spiegel als einen kriegstreiberischen "Parteigenossen"
Schröders bezeichnet, kann er auch nicht nachvollziehen.
"Parteigenossen" - so nannte die NSDAP ihre Mitglieder. "Das wusste ich
nicht", sagt Karsli. Und wahrscheinlich stimmt das sogar.
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