Seit Anfang des Jahres ist eine neue rechtsextreme
Website namens Altermedia online. Das Konzept erinnert an das linke
Mediennetzwerk Indymedia
Von Arne Norden
Jungle World, 05.03.2003
Schon die Adresse
http://de.altermedia.info
lässt sich nicht ganz einfach merken, jedenfalls nicht, wenn man sie
verlegt hat und mal schnell zeigen will, was für eine schlimme Website
das eigentlich ist. Hat man sie endlich parat, geht alles ganz schnell.
Die Seite spult beim Start eine kleine Bilderserie ab, die ahnen lässt,
was im Folgenden zu erwarten ist. Die brennenden Türme des New Yorker
World Trade Center erscheinen für einen Augenblick am oberen Bildrand
und machen dann der Überschrift Platz: "No Corporate, No Lobbies, No
Government - only Altermedia Info."
Altermedia ist optisch an die Gestaltung der Startseite von Indymedia
angelehnt. Auch die fortlaufende Veröffentlichung von Beiträgen zu
aktuellen politischen Themen wirkt wie abgeguckt. Damit aber hören die
Parallelen bereits auf. Denn während das linke Netzwerk einem
ausgesprochen großen Spektrum dient, handelt es sich bei Altermedia um
rechtsextreme Propaganda in der Verpackung einer alternativen
Nachrichtenseite.
Der erste im deutschen Archiv abrufbare Beitrag stammt vom 19. Januar
und handelt vom Neonazi-Troubadour Frank Rennicke. Von diesem Datum an
bietet Altermedia jeden Tag die unerfreulichste Mischung von
Nachrichten, die man sich vorstellen kann. Ob Aufmärsche deutscher
Neonazis, Schändungen jüdischer Friedhöfe oder Jürgen W. Möllemanns
Wiederwahl zum Präsidenten der Deutsch-Arabischen Gesellschaft,
Altermedia liefert eine Fülle von im typischen Nazijargon abgefassten
Berichten. Dabei bleiben die Beiträge üblicherweise scharf an der Grenze
zur Hetze und sind mit rhetorischen Distanzierungen von Straftaten
abgesichert.
An vielen Tagen werden mehr als zehn Beiträge auf Altermedia
veröffentlicht. So nimmt etwa der mögliche Irakkrieg sowie der
Widerstand dagegen einen hohen Stellenwert ein. Auch spöttische Berichte
über Aktionen der Antifa oder hämisch kommentierte Zeitungsmeldungen
gehören zum Repertoire. Beim Lesen der Beiträge fallen immer wieder
antisemitische Stereotypen sowie eine vehemente Gegnerschaft zu Israel
und den USA auf. Die verschwörungstheoretische Verblendung von
Altermedia wird in der Selbstbeschreibung deutlich. "Die offiziellen
Medien sind ein Werkzeug einiger Finanzgruppen, die uns mehr oder
weniger offensichtlich ihre Ansichten aufdrängen wollen. Und die wenigen
alternativen Medien haben sich schnell auf den politisch korrekten Kurs
ausgerichtet und zensieren jeden, der nicht antideutsch genug denkt."
Altermedia nennt sich selbst "The People's Voice". Welche "People"
gemeint sind, erfährt der Leser in der Rubrik "Fragen an Altermedia".
"Patrioten oder Nationalisten, Radikale oder Konservative,
Nationalrevolutionäre oder Identitätswahrer, Freidenker oder Neue
Rechte, Traditionalisten, Heiden, Katholiken, Sympathisanten der
palästinensischen Freiheit, Umweltschützer oder Freunde alternativer
Musik, völkische Sozialisten und Globalisierungsgegner - sie alle haben
eines gemeinsam: Man entzieht ihnen den Zugang zu den Medien." Diesen
Zugang wollen die Betreiber von Altermedia nun herstellen. Das Motto
lautet schlicht: "Wir helfen! Altermedia: Die Stimme des Volkes!"
Allerdings kann das gewünschte Volk nicht direkt an der Seite
teilnehmen. Ein markanter Unterschied zu Indymedia besteht nämlich
darin, dass es auf Altermedia keine Möglichkeit zum Open Posting oder
zum Kommentar gibt. Lakonisch bekennt man: "Ein Forum werden wir hier
nicht haben, es geht nur darum, Informationen zu verbreiten." Die
Mitarbeit stellt man sich bei Altermedia so vor: "Wenn Sie während des
Netzbesuches einen interessanten Artikel finden, senden Sie uns einen
Text als 'Beitrag' (.) zu. Oder wenn Sie eine 'politisch unkorrekte'
Aktivität organisieren, falls Sie über eine Demonstration oder eine
Aktivität berichten wollen."
Altermedia wird mittlerweile in neun Ländern betrieben, darunter
Spanien, Belgien, Griechenland, Kanada, Rumänien und die USA. Beiträge
der nationalen Ableger werden veröffentlicht, wenn sie von
übergeordnetem politischen Interesse sind. Es spricht also einiges
dafür, dass hinter Altermedia eine engere Kooperation steckt. Der
Ursprung von Altermedia liegt nach eigener Auskunft in Frankreich, wo
die Seite bereits Ende des Jahres 2002 eingerichtet wurde. Die Domain
altermedia.info soll zum Internetangebot des US-amerikanischen
Antisemiten David Duke gehören. Er bekleidete in den siebziger Jahren
eine hohe Position im Klu Klux Klan und zählt zu den bekanntesten
Rechtextremisten der USA. Er vertritt vehement die These, "jüdische
Agenten" hätten die Anschläge des 11. Septembers ausgeführt. Duke
betreibt eine ganze Palette propagandistischer Webseiten, darunter die
seiner European-American Unity and Rigths Organisation (www.whitecivilrights.com)
und sein eigenes Portal
www.duke.org. In
Deutschland war er im Jahr 1996 Gast bei einem Fest der DVU in der
Passauer Nibelungenhalle und im Jahr 2002 Redner auf dem Pressefest der
Deutschen Stimme.
Die Betreiber der deutschen Seite von Altermedia sind unbekannt, stehen
aber offenbar in enger Verbindung zu anderen rechtsextremen
Internetaktivisten. Auffällig viele Beiträge kommen vom
Stoertebeker-Netz sowie von Radio Freiheit. Dennoch ist Altermedia zur
Zeit nicht mehr als ein weiteres rechtsextremes Netzprojekt, das auf
eine größere Öffentlichkeit noch keinen Einfluss haben dürfte. Nicht
einmal als Querfrontplattform eignet sich die Initiative, dazu ist die
rechtsextreme Gesinnung der Macher zu offensichtlich. Und weil es kein
Open Posting gibt und keine Möglichkeit zum Kommentar, finden nicht
einmal die bei Indymedia schreibenden Neonazis eine neue Spielwiese.