Offizielle Presseaussendung des
Personenkomitees "Pro Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht -
Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1944" auf Rügen
Sehr geehrte Damen und Herren,
gestern, am 18. Feber 2003, um 16.00 Uhr, erreichte uns ein
Fax, indem Herr Dr. Reemtsma der Stiftung "Neue Kultur" mitteilt, dass
die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht - Dimensionen des
Vernichtungskrieges 1941 - 1944", im Sommer 2003 definitiv nicht im
ehemaligen KdF-Bad Prora gezeigt werden kann.
Wir habe den Telefaxbrief von Herrn Dr. Reemtsma an die
Stiftung "Neue Kultur" zur Kenntnis genommen, respektieren und
akzeptieren seine Entscheidung. Es ist für uns zutiefst bedauerlich,
dass diese für die Erinnerungskultur in Deutschland so wichtige
Ausstellung, nicht im ehemaligen KdF-Bad in Prora auf der Insel Rügen
gezeigt werden kann.
Nachdem die "Wehrmachtsausstellung" historische
Deutungskraft besitzt, was an der Diskussion, "pro & contra
Wehrmachtsausstellung" im ehemaligen KdF-Bad in Prora erkennbar wurde,
verfolgen wir mit Interesse, für welchen Standort in
Mecklenburg-Vorpommern sich Herr Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff
entscheiden wird.
Es bleibt nunmehr lediglich anzumerken, dass wir den
geplanten Jugendevent "Prora03", der im August 2003 für drei Tage
stattfinden soll und dessen Programmangebot, für die geladenen 15.000
jugendlichen Gäste, uns keineswegs überzeugte, mit höchster
Aufmerksamkeit beobachten werden, zumal sich der Privatverein "Prora03"
als heftigster Gegner einer Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht -
Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1944" im ehemaligen KdF-Bad
in Prora, ablesbar im öffentlichen Diskurs, erwiesen hat.
Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Ch. Kufner
Journalist
Email-Kontakt:
wehrmachtsausstellung_ruegen@yahoo.de
Persönliche Stellungnahme von
Klaus Ch. Kufner: "Die Wehrmachtsausstellung
erzeugt ein Mahnmal im Kopf"
Es ist nun
entschieden, die Wehrmachtsausstellung – genauer die "Verbrechen der
Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 – 1944" – wird
nicht und nie mehr im KdF-Bad Prora gezeigt werden können. Denn dies war
der letztmögliche Termin, um diese großartige Ausstellung an diesem
geschichtsmächtigen Ort auf der Insel Rügen zeigen zu können. Leider
wird mit dem Jahr 2004 die "Wehrmachtsausstellung" nicht mehr als
Wanderausstellung zu bekommen sein.
Das macht
mich sehr betroffen.
Denn die
Qualität der "Wehrmachtsausstellung" besteht darin, dass sie bei den
Besuchern jene so tiefe und verstehende Betroffenheit auslöst, die ein
Mensch nie mehr vergisst. Es entsteht ein Mahnmal im Kopf, das viel
besser ist, als jedes in Beton gegossene und an dem man eines Tages
achtlos vorbei geht. Ein Mahnmal im Kopf ist der beste Schutz gegen die
Rassismen jeglichen Couleurs; besitzt eine Wirkung, wie eine lebenslange
Schutzimpfung.
Offensichtlich wurde in der Tat noch zu wenig nachgedacht, sodaß
irgendjemandem bewusst wurde, daß das ehemalige KdF-Bad in Prora auf der
Insel Rügen nach wie vor unter Denkmalschutz steht. Denk -mal-Schutz ist
demnach auch ein Schutz wider das Vergessen. Prora ist ein Ort des sich
erinnern Könnens und ein fester Bestandteil der Erinnerungskultur
Deutschlands. Es ist mir bewusst, dass es noch immer schwer fällt, sich
mit der neueren deutschen Zeitgeschichte auseinanderzusetzen. Manche
Erinnerungen tun weh, wie Geschichte manchmal wehtun kann.
Bestürzt
machte mich, als ich erfuhr, dass ein – in meinen Augen völlig
unsensibel, ohne mitfühlender Intelligenz konzipierter – Jugendevent
durch einen gleichnamigen Privatverein mit dem Titel "Prora03" genau am
jenem Ort stattfinden soll, der für den Begriff "Kraft durch Freude"
(KdF) steht.
Dass die
"Wehrmachtsausstellung" nicht im Rahmen des Jugendevents "Prora03" mit
seinen 15.000 jugendlichen geladenen Gästen gezeigt werden sollte, war
mir einige Zeit lang unverständlich.
Erst als
ich mir dann das Programm von "Prora03" durchlas, war mir klar, dass der
Ort KdF-Bad nicht zufällig ausgewählt worden war. Prora ist kein
zufälliger Ort. Das erklärt auch den so vehementen Widerstand des
Privatvereins "Prora03", denn auch der Slogan dieses "Prora03"
Vereins
"Wer, wenn nicht wir? Wo, wenn nicht hier?", hat für mich einen
schalen Beigeschmack.
Der Geruch
des Geschichtsrevisionismus stieg und steigt mir in die Nase.
Verstärkt
wurde dieser Gestank, als ich mir die Broschüre des Privatvereins
"Prora03", hergestellt und verteilt für die Lehrer und Lehrerinnen und
anderen Personen in der Jugendarbeit, intensiv zu Gemüte führte.
Unter
anderem wird dort als wertvolle pädagogische und didaktische Idee dem
gesamten Lehrkörper von Mecklenburg-Vorpommern empfohlen, die
Jugendlichen zu einer "Prora-Hymne", ggf. als Wettbewerb(!) zu
animieren. Ein Lobgesang auf Was?, fragte ich mich vorerst selbst. Auf
die im KdF-Bad ausgebildeten Polizeibataillone, die anschließend der
Wehrmacht unterstellt wurden und aus rassistischen Motiven für tausende,
ermordete Menschen im Osten verantwortlich waren. Oder für die
kasernierte Volkspolizei, die an der Niederschlagung des Aufstandes vom
17.Juni beteiligt war? Wofür eine "Prora-Hymne" - einen Lobgesang? Ich
verstehe es schlicht und ergreifend nicht!
Sowenig
Taktgefühl besitzt kein Mensch dachte ich bisher; es hätte dieselbe
Qualität, wie wenn man auf dem Appellplatz eines Konzentrationslagers
einen Lobgesang zum Besten geben würde. Einen Lobgesang für Was?
Diese Idee
ist kein Versehen, kein einmaliger Lapsus, denn es kommt noch besser:
in dieser,
für alle Pädagogen in Mecklenburg-Vorpommern, hergestellten Broschüre
wird angeregt, den in Beton gegossenen Größenwahn der Nazis durch das
längste Graffiti der Welt(!), zu verzieren. Damit würde der angestrebte
Superlativ eines Jugendevents sich nahtlos an den in Beton gegossenen
Größenwahn anschließen.
Ob vor dem
Verzieren des KdF-Bades mit Graffiti oder nach dem hymnischen Absingen
des "Prora- Lobgesangs, der "böse Geist" (ähnlich eines okkulten
Fastnachttreibens?)von Prora ausgetrieben werden soll, ist noch nicht
bekannt.
Bekannt ist
dagegen, dass auch die "Job-Parade", ein Programmteil des Jugendevents
"Prora03", auf dem KdF - Gelände durchgeführt werden soll. Dumm ist da
nur der, wer sich sofort an die "Arbeitsfront" erinnert, in deren Rahmen
der KdF - Bau errichtet wurde.
Dann sind
wohl auch die Riesenlagerfeuer am Strand von Prora, nur mehr als
verspätetes Sonnwendfeuerspringen "misszuverstehen".
Wäre
Peenemünde eine Alternative für den Jugendevent "Prora03" gewesen, wo
vermutlich auch die "Wehrmachtsausstellung" gezeigt werden wird? Ein
"Peenemünde03" statt einem "Prora03" ist vielleicht auch nicht so der
ideale Veranstaltungsort. Könnte ja das geplante Riesenfeuerwerk im
Zusammenhang mit der Erinnerung an die heimtückischen V2-Raketen völlig
"missverstanden" werden; besonders in Verknüpfung mit dem
aussagekräftigen Slogan "Wer, wenn nicht wir? Wo, wenn nicht hier?"
Also, auch
kein "geiler" Veranstaltungsort für den Jugendevent eines Privatvereins.
So bleibt
den Jugendlichen von Mecklenburg - Vorpommern nur die einzig vernünftige
Anregung, die ich in diesem Programmkatalog an ihre Lehrern und
Lehrerinnen fand, aufzugreifen, wo es da heißt: Was ist für Euch ein
tolles Bundesland?
Solange man
Jugendliche nicht für dumm verkaufen will, werden sie imstande sein,
wenigstens diese Frage beantworten zu können. Egal wie
Mecklenburg-Vorpommern bei der Pisa-Studie abgeschnitten hat…
Ich habe
lange darüber nachgedacht für was "Kraft durch Freude steht": für mich
ist KdF das Symbol für die während des NS-Regimes gelungene
Gleichschaltung des zivilen gesellschaftlichen Lebens.
Schönste
Grüße an Alle
Euer
Klaus Ch. Kufner
19.02.2003
hagalil.com
21-02-03 |