Von Karl Pfeifer
Eine Querfront ist in Deutschland und Österreich entstanden. Auf der
einen Seite stehen sich "links" gebende "antiimperialistische Gruppen
und Grüppchen", die hoch und heilig beteuern nicht antisemitisch zu sein
und gegen Juden nichts zu haben, sie wollen ja "nur", den Staat Israel
und den Imperalismus "bekämpfen", auf der anderen Seite stehen
diejenigen Neonazi, die sich offen zur Querfront und zum
Nationalbolschewismus bekennen.
Zu dieser Querfront gehört auch die sich großspurig
"antiimperialistische Koordination" (aik) nennende Wiener Kleingruppe,
deren Veranstaltungen schon gelegentlich von neonazistischen websites
beworben wurden und die scheinheilig fragt "Ist Antizionismus gleich
Antisemitismus?" und zur Beantwortung einen jüdischen Kronzeugen aus
Israel aufbietet sowie ankündigt für diese Diskussion (siehe
7.1.03) auch Dr. Ariel Muzicant "angefragt" zu haben. Doch wie so oft
zuvor haben wir es mit einem Etikettenschwindel zu tun, denn die
Kultusgemeinde bestreitet eine derartige Anfrage und die Zusammensetzung
des Podiums garantiert auch totale Einseitigkeit.
Ich schaue in meinen Duden, wenn ich Sprachprobleme habe, die aik aber
glaubt einen Duden als Beleg für ihre abstrusen Meinungen über die
nationale Befreiungsbewegung der Juden gebrauchen zu müssen. In meinem
Duden (21. Auflage, 1996) wird Zionismus als "Bewegung zur Gründung und
Sicherung eines nationalen jüdischen Staates" definiert. Auf keinen Fall
aber hatte sich die zionistische Bewegung "die Errichtung eines exklusiv
jüdischen Staates im historischen Palästina zum Ziel" gesetzt.
Beweise: 1937 schlug die britische Peel Kommission die Teilung
Palästinas in einen kleinen jüdischen und einen großen arabischen Staat
vor, die überwiegende Mehrheit der Zionisten akzeptierte diesen Plan,
die Araber aber lehnten ihn ab. Das gleiche geschah 1947 als die
Generalversammlung der UNO die Teilung des Landes beschloß.
Die aik-Ankündigung: "Das orthodoxe Judentum und die jüdische
Arbeiterbewegung lehnten den Zionismus nach seiner Entstehung ab." Was
folgt daraus? Der bekannte trotzkistische Publizist Isaak Deutscher hat
seine antizionistische Agitation vor dem Krieg bitter bereut und auch
die antizionistischen Teile der jüdischen Arbeiterbewegung mußten
spätestens nach 1933 erkennen, dass der Zionismus und die Einwanderung
nach Palästina Menschen retteten. Wäre es besser gewesen, wenn die
Juden, die nach Palästina einwanderten, in den nazistischen
Vernichtungslagern umgekommen wären? Welche Alternative gab es denn für
österreichische Juden nach dem "Anschluß"? Hätten sie sich auf die
Arbeiterbewegung verlassen sollen?
"Antizionistisch" handelten die Palästinenser, die unter der Führung
von Mufti Hadj Amin el Husseini mit einem bewaffneten Aufstand jede
jüdische Einwanderung nach Palästina 1936-1939 verhindern wollten.
Während des Zweiten Weltkrieges hatte der Mufti die
Satellitenregierungen ersucht keine jüdischen Kinder nach Palästina
auswandern zu lassen. Er propagierte statt dessen deren "Umsiedlung",
nach Polen, wo sie sich unter "aktiver Überwachung" befinden würden.
(Brief des Muftis an den ungarischen Außenminister 28.6.1943) Am 6. Mai
1943 schrieb Amin el Husseini an den bulgarischen Außenminister einen
ähnlichen Brief. Ist dies noch legitimer "Antizionismus" oder schon Teil
des Vernichtungsantisemitismus? Die PLO hat sich bis heute nicht von
diesem Mufti und seinem "Antizionismus" distanziert. Sein Kampf gegen
den "Zionismus" ist noch immer ihr Ideal. Ist der palästinensische
Selbstmordterror ein legitimes Mittel im "antizionistischen Kampf" oder
aber basiert dieser auf antisemitischer Vernichtungsideologie?
Die aik sollte diese Fragen beantworten. Wenn man der aik vorwirft,
dass sie mit einer palästinensischen Organisation zusammenarbeitet,
deren Vizepräsident Dr. Nicola an einem revanchistischen Treffen im
"Haus der Heimat" teilgenommen hat, dann erzählen sie, der Präsident
dieser palästinensischen Organisation hätte doch die Teilnahme von Dr.
Nicola verurteilt. Doch dieser Ehrenmann amtiert weiterhin als
Vizepräsident der "Palästinensischen Gemeinde" und als Präsident der
palästinensischen Ärzte.
Was die aik vergessen machen will, ist die Tatsache, dass man in
Österreich mit "antizionistischer" Agitation oft genug gewöhnliche
antisemitische Ressentiments bedient. Margit Reiter hat dies in ihrem
Buch "Unter Antisemitismus-Verdacht / Die österreichische Linke und
Israel nach der Shoah" (Studien-Verlag, Innsbruck, 2001) zur genüge
illustriert. Hoffentlich wird in einer zweiten Auflage auch die
Aktivität der aik beleuchtet werden.
Neonazi NAE: "Wenn ich von Linken rede, schließe ich grundsätzlich
antideutsche Antifas aus".
Während die aik jeden Kontakt mit Neonazi und Rechtsextremisten
leugnet, bekennen sich die neonazistischen Nationalbolschewisten offen
zu einer Querfront. Auf der website des Wikinger-Versands zum Beispiel
grüßt das Junior-Mitglied NAE "Heil euch Kamernossen" und befürwortet
eine "grundsätzliche Zusammenarbeit" mit kooperationswilligen Linken:
"Oftmals liegen unsere Ziele so nah beieinander, das man fast keine
Unterschiede mehr fassen kann (Anti-Kapitalismus, Anti-Imperialismus,
Sozialismus usw.)." NAE bemerkt: "Wenn ich von Linken rede, schließe ich
grundsätzlich antideutsche Antifas aus".
"Kreuzzug", ein anderes "Junior-Mitglied": "Eine Zusammenarbeit mit
Islamisten scheint mir da realistischer! Die kämpfen genauso wie wir
gegen den Werteverfall und den Dreck der in Westlichen Großstädten
abgeht! Im Gegensatz zu den Roten!"
Das "Mitglied White Resistance" stimmt zu: "solidaridät mit palestina
(sic!), solidarität mit tschetschenien, solidarität mit dem irak und
allen ländern die von den nasen (Juden in der Neonazidiktion K.P.) und
deren handlangern bedroht werden!!! es müssen wohl erst noch hunderte
11. September passieren damit die leute sehen das (sic!) man sich wehrt
und nicht angreift!!!"
Die Übergänge zwischen "Antiimperialisten" und Neonazi sind fließend.