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15. Januar 1919:
Doppelmord an Karl und Rosa befohlen

"Wir waren die Macht im Staate": Waldemar Pabst - Militär, Geheimagent, Protofaschist und Mann der Industrie in drei Ländern

Doris Kachulle
Junge Welt, 11.01.2003

Es fehlte nicht viel, und Major a.D. Waldemar Pabst hätte von der Adenauer-Regierung das Bundesverdienstkreuz dafür bekommen, daß er Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht umbringen ließ; eine Tat, die er Anfang 1962 erstmals öffentlich zugab. "Jedenfalls ist Ihnen dafür jetzt eine amtliche Anerkennung zuteil geworden", stellte der Spiegel damals in einem Gespräch mit ihm fest, "der Sie sogar zu Hitlers Zeiten hatten entraten müssen. Das bundesamtliche Bulletin hat die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs für standrechtliche Erschießungen ausgegeben und sich Ihre Deutung dieser Tat zu eigen gemacht, daß nämlich Deutschland damals nur so vor dem Kommunismus habe bewahrt werden können". (Der Spiegel, 18. April 1962)

In welcher Zeitung Pabst sich als Organisator des Doppelmordes vorgestellt hatte, war im Bulletin des Bundespresseamtes vom 8. Februar 1962 weggelassen worden und auch nicht im Spiegel zu finden. Das war offenbar Absicht. Die Öffentlichkeit sollte nicht auf bestimmte Zusammenhänge gestoßen werden, die denn auch nie ans Licht gekommen sind. Pabst hatte sich in einer Abonnementszeitung geäußert, die Das deutsche Wort hieß und von ihm mit herausgegeben wurde. Im Verfassungsschutzbericht von 1962 wurde es als rechtsradikal bezeichnet, gleichwohl wurde es von Bonn subventioniert. Das Bundesverteidigungsministerium, das Gesamtdeutsche Ministerium und das Bundespresseamt kümmerten sich darum; auch Verbindungen zum Bundesnachrichtendienst sind belegbar. Pabst war ein wichtiger Mitarbeiter des Propagandaapparats dieser Instanzen.

Pabst hat den Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als Protofaschist organisiert und stand bereits in den 20er Jahren auf faschistischen Positionen. Dabei war er nie "Nur- Militär", sondern immer auch ein Mann der Industrie. Er machte sich ihre Interessen zu eigen, er versuchte, diese mit allen Mitteln durchzusetzen und arbeitete dafür auch im Geheimdienst. Und er arbeitete nicht nur mit Konservativen zusammen. Wenn es gegen die Kommunisten ging, und wenn er sich einen Erfolg davon versprach, schloß er auch Bündnisse mit Sozialdemokraten und Liberalen. Ein Faschist mit viel Sinn für Realpolitik, den die offizielle Geschichtswissenschaft als Desperado und Abenteurer hingestellt hat, als habe Major a.D. Waldemar Pabst außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft gestanden.

Von wegen "Freikorpsleute"

Die Mörder von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht kamen aus einer regulären Heeresdivision, der Garde-Kavallerie- Schützen-Division (GKSD), deren Stabschef Waldemar Pabst war. Die GKSD war vom Rat der Volksbeauftragten entgegen öffentlichen Verlautbarungen nicht aufgelöst worden und bildete den Kern der neuen Reichswehr. Die Mörder als Freikorpsleute zu bezeichnen, erweckt den irreführenden Eindruck, als hätten sie spontan und ohne Wissen der Staatsmacht ihrem Haß auf zwei radikale Linke freien Lauf gelassen.

Es gibt Anzeichen dafür, daß hinter dem Mord der militärische Nachrichtendienst steckte; ein in diesem Rahmen während des Krieges entstandenes Personengeflecht von Militärs, Großindustriellen und rechten Sozialdemokraten. Die bekanntermaßen an der Mordaktion beteiligte Antibolschewistische Liga (AL) war im wesentlichen nichts anderes als eine Tarnorganisation der Nachrichten-Abteilung (III B) des Großen Generalstabs. Hugo Stinnes, der im Januar 1919 dafür sorgte, daß die AL große Summen aus der Privatwirtschaft bekam, ist engstens mit General Ludendorff verbunden gewesen, der die Abteilung IIIB großgemacht hat. Stinnes hat in der ersten Zeit auch die

Garde-Kavallerie- Schützen-Division in Berlin alimentiert, Pabst hat jahrelang mit ihm zusammengearbeitet. Ebenso mit Gustav Stresemann, der die von Stinnes gleichfalls finanzierte Deutsche Volkspartei (DVP) führte. Pabst war häufig bei Stresemann zu Hause und konferierte mit ihm über die Möglichkeiten "der Beseitigung der Novemberverbrecher aus der Regierung" (Pabst).

Im Juli 1919 machte Pabst einen ersten Putschversuch. Er wurde nicht entlassen (Noske log), er sollte lediglich versetzt werden, zog es dann aber vor, den Dienst zu quittieren, um in Berlin bleiben zu können. Als Geschäftsführer der "Nationalen Vereinigung" hat er auch den Kapp-Putsch mit vorbereitet. Aus der Literatur ist bekannt, daß Stresemanns DVP im Erfolgsfall bei dieser auch von oder über Stinnes gesponserten Unternehmung mitgemacht hätte. Daß Stresemann schon bei der Vorbereitung derart eng mit Pabst kooperierte, ergibt sich aus Briefen von Pabst und aus anderen unveröffentlichten Dokumenten. In den Briefen macht Pabst Andeutungen über die Verstrickung der Sozialdemokratie in den Staatsstreichversuch. Wir wissen, daß rechte Sozialdemokraten auf der Kabinettsliste der Verschwörer gestanden haben, aber wenig Konkretes darüber, womit sie sich dieses Vertrauen verdient hatten. Zu vermuten ist, daß für solche SPD-Leute im Vordergrund stand, daß die Verschwörer alle Hebel in Bewegung setzten, um Deutschland durch eine Beteiligung an einem Interventionskrieg gegen die Sowjetunion außenpolitisch wieder ins Spiel zu bringen. Mit diesem Ziel hatten sie sich mit vielen prominenten weißgardistischen Emigranten verbündet und ihnen mit Hilfe der Industrie den Aufbau eines antisowjetischen Nachrichtenapparates ermöglicht, der bis in die Nazizeit hinein aktiv war.

Als Pabst diese Emigrantenszene in Vorbereitung des Kapp- Putsches organisierte, konnte er sich auf den preußischen Verfassungsschutz stützen, das Staatskommissariat für öffentliche Ordnung, das praktisch eine Abteilung eines Kölner Industriekonzerns war. Aufgebaut mit den Geldern des Eisen- und Schrotthändlers Otto Wolff und seines Kompagnons Othmar Strauß, die zu den großen Kriegsgewinnlern gehörten. Strauß hatte bis zum Kapp-Putsch sogar selbst eine Schlüsselfunktion in dieser Behörde!

Tiroler Heimwehr aufgebaut

Nach dem Kapp-Putsch, der eigentlich Ludendorff-Putsch heißen müßte, hat Pabst gut ein Jahrzehnt in Österreich gewirkt. Von Innsbruck aus machte er die österreichische Heimwehr als schwerbewaffnete "antimarxistische" Bürgerkriegstruppe zu einer straff geführten Massenorganisation. Die deutsche Regierung hatte Pabsts Steckbrief nur fürs Volk herausgehängt. In Berlin war sein Aufenthaltsort von Anfang an bekannt, und auch die christlich- soziale Tiroler Landesregierung wußte, wem sie den Aufbau ihrer Heimwehr anvertraut hatte. Auch in Innsbruck stand Pabst mit dem militärischen Nachrichtendienst in Verbindung. Ich wage die Hypothese, daß die Tiroler Heimwehr als politische Bewegung überhaupt ein Produkt der deutschen Abwehr gewesen ist. Deren terroristischer Arm war die Organisation Consul (OC); das ist nicht die vorherrschende Auffassung in der Geschichtswissenschaft; auch die DDR- Historiographie hat die OC nicht als Teil der Abwehr begriffen. Aber nach gründlicher Beschäftigung mit der Materie bin ich überzeugt, daß Ernst v. Salomon, der selber OC-Mitglied gewesen ist, recht hat, wenn er diese Organisation in seinem sarkastischen autobiographischen Entnazifizierungsroman "Der Fragebogen" (1951) als Arm der Abwehr charakterisierte.

Pabst war in Österreich Anlaufstelle für viele der Täter und Mittäter der Erzberger- und Rathenau-Morde und anderer Terrorakte der Organisation, wobei die christlich-soziale Landesregierung von Tirol ihm sogar half, für seine Klientel falsche Papiere oder Arbeitsstellen zu beschaffen. Pabst war auch am Ludendorff-Hitler-Putsch vom 9. November 1923 beteiligt. Als Kapp-Putschist fiel er im August 1925 unter eine nicht zuletzt von Gustav Stresemann durchgesetzte Amnestie, anschließend arbeitete er auch für das Auswärtige Amt: Als "Deutschtumsagent", als Berichterstatter und Berater des "Anschluß"-Freundes Stresemann, als Verbindungsmann zwischen dem deutschen Außenminister und der Tiroler Landesregierung und als Verbindungsmann zwischen dem Außenminister und der österreichischen Bundesregierung.

Da Stresemann Probleme hatte, die "Repräsentationszulage" für Pabst im Budget des Auswärtigen Amts unterzubringen, wurde Pabst Ende 1926 in den Etat des Deutschen Schutzbundes für das Grenz- und Auslandsdeutschtum (DSB) übernommen, der beträchtliche Summen aus Geheimfonds des Auswärtigen Amtes und des Innenministeriums erhielt. Aus der Pabst-Stresemann-Korrespondenz ist ersichtlich, daß bei dem mit dem Schutzbund getroffenen Arrangement auch Othmar Strauß seine Hand im Spiel gehabt hat, "unser gemeinsamer Freund" (Pabst). Der Otto-Wolff-Konzern war an der vom deutschen Stahltrust kontrollierten Alpine Montan-Gesellschaft in der Steiermark beteiligt, dem größten österreichischen Hüttenwerk; wie überhaupt das deutsche Industrie- und Bankkapital zunehmend und systematisch die Wirtschaft Österreichs durchdrang.

Doch Pabst taktierte so geschickt, daß ihn die Öffentlichkeit durchweg nicht als Repräsentanten einer großdeutschen Politik ansah, sondern eher den Eindruck gewann, er versuche, die Heimwehr zu einem Instrument des Mussolini-Faschismus zu machen und eine Achse Rom-Wien-Budapest zu schmieden. "Ein Agent der italienischen Politik", so hat ihn auch Carl von Ossietzky in der Weltbühne beschrieben, und so wird er heute noch gesehen. Tatsächlich aber hat er als ein Agent der deutschen Reichsregierung die Bedingungen mitgeschaffen, die zu den Ereignissen um den 15. Juli 1927 führten (Stichwort: Wiener

Bastillensturm) und damit zur Wende in der österreichischen Politik. Von Anfang an hatte Pabst die Heimwehr auf den "Entscheidungskampf" mit der austromarxistischen Sozialdemokratie und ihrer Parteiarmee, dem Republikanischen Schutzbund orientiert.

Anläßlich des zehnten Jahrestages der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts referierte Pabst in Berlin am 16. Januar 1929 in dem vom Deutschen Schutzbund betriebenen Volksdeutschen Klub über "Die österreichischen Selbstschutzverbände und die innere Lage Österreichs". In den folgenden Tagen konferierte er einmal mehr mit Stresemann, er wurde auch von Alfred Hugenberg empfangen und führte Geheimverhandlungen mit dem Stahlhelm. Im Mai 1929 wäre es fast herausgekommen, daß Pabst in Österreich deutsche Regierungspolitik machte. Das Berliner Tageblatt berichtete, daß ihm offenbar über den Deutschen Schutzbund Reichsgelder aus Geheimfonds für Grenzland- und Deutschtumsarbeit zugeflossen seien. Innenminister Carl Severing ließ verlautbaren, daß er seine Zahlungen an den Schutzbund eingestellt habe, bis die Sache durch eine gründliche Untersuchung geklärt sei. Die Öffentlichkeit wurde belogen und beruhigt, und als das Interesse abgeflaut war, nahm Severing die Zahlungen wieder auf.

Im illegalen Waffenhandel

Im Herbst 1931 kehrte Pabst nach Deutschland zurück und bekam eine Direktorenstelle beim staatlich kontrollierten Rheinmetall-Konzern, und zwar im Berliner Büro des Konzerns "zur besonderen Verwendung der Generaldirektion". Da es konkret um illegalen Waffenhandel und die geheime Forcierung verbotener Rüstungsprojekte ging, sollte seine Anstellung nicht bekannt werden. Nach außen hin führte er die Existenz eines Verlegers. Er war Teilhaber des renommierten (nationalistischen) Verlages "Tradition" geworden und kümmerte sich tatsächlich auch um dieses Geschäft. Er behauptete, keine Beziehungen mehr zur Heimwehr zu haben. Doch auch in Berlin verging kein Tag, an dem sich Pabst nicht mit Angelegenheiten der Heimwehr befaßte. Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg, der um diese Zeit an der Spitze der Heimwehr stand, machte ihn zum "alleinigen bevollmächtigten Vertreter der österreichischen Heimatschutzbewegung im deutschen Reich".

Pabst sähe sich selbst als Faschist und plädiere dafür, in Deutschland ein "leicht modifiziertes Mussolini-System" zu errichten, hatte die Presse nach seiner Rückkehr berichtet. Pabst leitete die von ihm mitgegründete Gesellschaft zum Studium des Faschismus (GSF), die "in der faschistischen Staats- und Wirtschaftsidee grundsätzlich eine Lösungsmöglichkeit aus der gegenwärtigen deutschen Krise erblickte". Im Rahmen der GFS arbeitete er mit prominenten Nazis wie Hermann Göring zusammen, mit dem er spätestens nach dem Ludendorff-Hitler Putsch in ein enges Verhältnis gekommen war, als er den schwerverwundeten Göring in Innsbruck unter seine Fittiche genommen hatte. Außerdem hatte Pabst auch in Sachen Heimwehr ständig mit Göring zu tun. Beide bemühten sich, eine Einheitsfront Heimwehr/NSDAP zustande zu bringen; Pabst konferierte darüber auch mit Adolf Hitler.

Wie er dann dennoch unter den Nazis im Juni 1934 auf die Proskriptionsliste geriet (Röhm-Affäre), ist ungeklärt. Er kam in Haft, wurde aber nach sechs Wochen wieder freigelassen. Göring, von Papen und andere Freunde hatten sofort interveniert; anschließend bescheinigte ihm die Gestapo seine Unschuld: "Die wegen des Verdachts der Teilnahme an der Röhmrevolte geführten Ermittlungen gegen Major a.D. Waldemar Pabst haben keinerlei belastendes Material erbracht."

Die Schweizer Connection

Im Juni 1938 wurde Pabst von Hitler zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Nach Kriegsbeginn diente er im Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt. Er war als erster Generalstabsoffizier unter seinem Freund General Georg Thomas Verbindungsoffizier zum Oberkommando des Heeres. Richtig ist, daß Pabst ab Frühjahr oder Frühsommer 1940 keinen regulären Dienst mehr tat und auch nicht mehr die Abteilung "Zentrale Verkauf Waffen" bei Rheinmetall-Borsig unter sich hatte. Im September 1940 ließ er sich in Berlin als Hauptgesellschafter der "Auslandshandel GmbH" registrieren, einer Im- und Exportfirma , die zu einer hauptsächlich im neutralen Ausland operierenden Tarnfirmenorganisation gehörte und im Auftrag des Naziregimes laufend kriegs- und ernährungswichtige Waren und Rohstoffe aufkaufte. Außerdem diente sie auch nachrichtendienstlichen Zwecken.

Pabst wurde eine wichtige Scharnierfigur zwischen der deutschen und der Schweizer Kriegswirtschaft. Eine seiner wichtigsten Bezugspersonen in der Schweiz war der Führer des "Schweizerischen Vaterländischen Verbands"(SVV), Dr. Eugen Bircher, der als Arzt, Militär und Politiker im öffentlichen Leben der Schweiz eine große Rolle spielte. Dieser organisierte als Beitrag der neutralen Eidgenossenschaft "zum Kampf des Führers gegen den Bolschewismus" (Bircher) die berüchtigte Schweizer Ärztemission. Der SVV, dem Pabst Tips für präventive Aufstandsbekämpfung gegeben hatte, besaß einen eigenen, scheinbar privaten Dienst, der faktisch mit der Schweizer Staatsschutzbehörde, der dazu gehörenden Bundespolizei (politische Polizei) und dem militärischen Nachrichtendienst verkoppelt war. Von daher war Pabst mit diesen offiziellen Einrichtungen in Verbindung gekommen, besonders gut war sein Verhältnis zum Chef der Bundespolizei. Von August 1943 an hielt er sich dauernd in der Schweiz auf. Er ist in der Schweiz weiterhin als Wehrwirtschaftsführer, Major z.V., Chef der Auslandshandel GmbH und Agent des NS-Regimes tätig gewesen. Gleichzeitig hat er sich in die Bemühungen um einen antisowjetischen Separatfrieden eingeklinkt und versucht, in Bern an den Hauptresidenten des amerikanischen Kriegsgeheimdienstes OSS, Allan Dulles, heranzukommen.

Pabst diente sich dem späteren CIA-Chef mit Nachrichtenmaterial an, um sich selber eine Perspektive für die Zeit nach Hitler zu eröffnen; er muß aber auch Auftraggeber in Berlin gehabt haben, und vieles spricht in dieser Beziehung für den SD der SS. Er gehörte zu einem Kreis von deutschen und Schweizer Wirtschafts- und Geheimdienstleuten, die an den Strukturen eines antikommunistischen Nachkriegsdeutschland arbeiteten. Mit Hilfe eidgenössischer Staatsschützer und anderer Leute im Berner Bundeshaus ist es Pabst sogar gelungen, sich eine erfolgreiche Legende als Gegner und Verfolgter des Naziregimes zu stricken.

Auch Nollau kannte die Wahrheit

In der Bundesrepublik war Pabst u.a. mit dem Bonner Nachrichtenoffizier Achim Oster verbunden, dem Sohn des nach dem 20. Juli 1944 hingerichteten Abwehr-Mannes Hans Oster. Oster versuchte im Sommer 1950 erfolglos, dem inzwischen 70jährigen Pabst in Bonn eine feste Position zu verschaffen. Pabsts "Auffassung von der Notwendigkeit einer offensiven Bekämpfung des Bolschewismus" habe "sich seit den Tagen, in denen er die Verantwortung für die Liquidierung Liebknechts und Luxemburgs übernahm, nicht geändert", stand in Osters Empfehlung. Auch der sozialdemokratische Verfassungsschützer Günter Nollau kannte die Wahrheit, schrieb aber in seinem 1959 erschienenen Buch "Die Internationale": Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht "wurden nach ihrer Festnahme in das Hauptquartier gebracht, von wo aus ihr Schicksal seinen Lauf nahm". Nollau hatte Pabst vor der Publikation seines Buches interviewt und darin dessen Geschichte von der "verräterischen Rolle Wilhelm Piecks" aufgegriffen. Der zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftete Pieck habe zur Rettung seines Lebens "rote Aufstandspläne" und die Ausweichquartiere anderer spartakistischer Führer preisgegeben. Der Verlag, in dem Nollaus Buch erschien, stand der "Psychologischen Verteidigung" (sprich: Kriegführung ) nahe, genau wie das von Pabst mitherausgegebene Blatt Das deutsche Wort.

Sein coming out 1962 als Initiator der "standrechtlichen Erschießungen zweier im Dienste Moskaus tätigen kommunistischen Volksverhetzer" war von jenen Leuten wohlüberlegt, die Pabst als das "standhafte Kernstück der CDU um den Kanzler" bezeichneten und die nach dem Mauerbau 1961 die Realitäten des internationalen Kräfteverhältnisses nicht anerkennen wollten. "Moskau griff schon einmal nach Berlin", war sein Beitrag überschrieben. Pabst legte darin dar, wie das Militär 1919 mit einer vergleichbaren Situation fertig geworden war. Die Legitimierung des Mordes an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hieß nichts anderes als dies: Es wäre genauso legitim, die Führung der DDR zu liquidieren.

Die Historikerin Doris Kachulle, Bremen, arbeitet an einer politischen Biographie des Waldemar Pabst. Ihr Artikel ist die gekürzte Fassung eines Vortrags, den in Gänze die GeschichtsKorrespondenz Nr. 1, Januar 2003, veröffentlicht, die vom Marxistischen Arbeitskreis zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der PDS herausgegeben wird. Zu beziehen über Hans-Joachim Krusch, Else-Jahn-Straße 2, 13088 Berlin; Tel. 030/9263334

hagalil.com 14-01-03

 


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