Von Karl Pfeifer
Gustav Domberg wirft in "Zur Zeit" ausgerechnet der Wiener "Presse"
vor "politisch korrekt" zu sein. Allein Chefredakteur Andreas
Unterberger wird gelobt, schrieb er doch: "Spätestens seit Thomas
Bernhard ist es der Einser-Schmäh, der immer noch zieht: Wer sich über
Österreich, seine Menschen, seine Regierung lustig macht, sie als
dümmlich und/oder faschistoid hinstellt, der ist zum Intellektuellen
promoviert....".
Doch die Situation ist laut Domberg auch für Unterberger nicht einfach.
"Manchmal sieht es aus, als stehe der Chefredakteur machtlos vis-à-vis
einer linken, ja sogar kultur-revolutionären Phalanx in der eigenen
Redaktion. Bezeichnend ist, daß Unterberger einige konservative Autoren,
die er selber zu Gastkommentaren eingeladen hatte, wieder "abschaffen"
mußte: Sie waren dem "Unterbau" der Redaktion nicht links genug!" Das
bringt der Autor mit der "Unsicherheit, Zerrissenheit und manchmal auch
Verzagtheit des Bürgertums" in Verbindung.
Nun habe ich mir wieder die Zuschriften an die online Presse
angeschaut, und weil ich doch noch zum Intellektuellen promovieren
möchte, publiziere ich einige fast unkommentiert, denn sie sprechen für
sich.
Der Anlaßfall: ein Gewerkschaftsfunktionär forderte in Deutschland die
Einführung der Vermögenssteuer und nannte einige Namen von Milliardären,
Hessens Ministerpräsident Roland Koch verglich dies mit dem gelben
Judenstern der Nazi und entschuldigte sich später dafür. Darüber
erschien in der "Presse" ein sachlicher Bericht des
Deutschland-Korrespondenten. Man möchte meinen, diese innerdeutsche
Diskussion berühre Österreicher nicht sehr. Doch weit gefehlt. In der
Presse online erschienen vom 13.12 bis 15.12.02 zwanzig Zuschriften.
Hier eine kleine Kostprobe:
Ein angeblicher Israeli läßt die Leser wissen: "Der holocaust wird mit
dieser show wieder einmal zum werkzeug degradiert um politisch zu
punkten." Weil noch immer an die jüdische Weltverschwörung geglaubt
wird, fragt einer: "Wann werdet Ihr, Euer ( nicht existierendes ??) aber
letzlich EUCH schadendes Netzwerk der Weltverschwörung zur Besinnung
rufen ? Niemals?" Zwei andere haben den wahren Feind entdeckt: "Immer
wieder schaffen es die Genossen...., sehr geschickt mit der Nazi-Keule
von den eigenen Entgleisungen abzulenken...". Sowie: "Alles wie gehabt:
gehen den linken Genossen die Sachthemen aus beziehungsweise sind ihnen
gerade die unangenehm und peinlich, geht, bis einen Tag nach der Wahl,
das übliche hysterische Holocaust-Verharmlosungs-Empörungsgezeter los
und Nazikeulen pfeifen durch die Luft........das lenkt ja so schön von
den wichtigen Themen ab......"
Doch all dies ist nichts gegen diesen erbärmlichen Versuch ironisch zu
werden: "Aber warum ist die Seite nicht ordnungsgemäß in Hebräisch
gehalten? Typisch für diese Wiener Austro-Nazis, daß sie dies
hintertrieben haben! Bitte unbedingt eine Liste enttarnter Neo-Nazis
bringen! Für den Anfang könnte man ja das Wiener Telephonbuch
abschreiben! Weiterhin viel Erfolg, Ariel mit euch!"
Und ein ganz feiner nazoider Pressezuschriftenautor: "Winkelschreiber
Fagan warnt: Bitte nicht zu analphabetischen, verlausten, syphilitischen
Ost-Tschuschen einfach gedankenlos mir nix, dir nix 'Jud' oder gar 'Du
Ariel' sagen, nur weil die mehrfach vorbestraft sind! Denn die klagen
sofort wegen Ehrenbeleidigung und bekommen vor dem EuGH recht! "
Ja und auch der Stehsatz von den empfindlichen Juden darf nicht fehlen:
"Vielleicht sollte man diesen Sensibelchen´s von Juden mal sagen, daß
ein Vergleich eben nur ein Vergleich ist. Ein Vergleich eben nur, sonst
nichts. Auf jeden Fall nicht dieses ewiggestrige Gesülze vom armen
beleidigten Juden. Was ist z.B.: der Unterschied wenn ich sag:
Scheiß-Tschusch oder Scheiß-Jud ? Beim einen ist´s angeblich eine
allgemein verständliche Unmutsäußerung, beim anderen angeblich ein
Todesurteil durch Vergasung. So behaupten es jedenfalls diese
Sensibelchen."
Und zum Schluß:
"Michel Friedmann brach angesichts der ungeheuerlichen Provokation von
16 Millionen Holocaust-Opfern vor dem Berliner Reichstag zusammen und
schluchzte in die Mikrophone von CNN: "Gauleiter Koch! I knew it! Bomb
Berlin, not Bagdad!" Seit 15h 30 knien Joschka und Gerhard vor der
israelischen Botschaft, zerreißen sich die letzten Hemden und
versprechen die öffentliche Verbrennung von Jürgen Möllemann sowie die
Lieferung beliebig vieler Panzer und Gaskammern für die Endlösung der
Palästinenserfrage! Hoffentlich reicht das!"
Es reicht!