Riefenstahl-Ausstellung in Bonn:
Objektive Einschätzung
von Werk und Person?
Das 'Haus der Geschichte' in Bonn wird vom 12.
Dezember bis zum 2.März eine Ausstellung über Leni Riefenstahl zeigen.
Ausgestellt werden 300 Exponate der NS-Propagandistin. Am 12.12.2002 um
19.00 Uhr wird vor dem "Haus der Geschichte" in Bonn eine
Protestkundgebung stattfinden.
In einer
Presseerklärung
meinen die Organisatoren des Protests, die Riefenstahl gehöre zu jenen
Menschen, deren Lebenslauf bei bloßer Kenntnis schon Ekel und Wut
hervorrufe, dennoch verwundere es wenig, dass gerade ihr eine
Ausstellung im deutschen Nationalmuseum gewidmet werde: "Es wird hier
einmal mehr vorgeführt, dass Identitätsfindung in diesem Land heißt,
sich positiv auf den Nationalsozialismus zu beziehen.
Auch wenn sie leugnet, ihre Taten beweisen es: Helene Riefenstahl war, ist
und bleibt eine wichtige Vertreterin des deutschen Nationalsozialismus
und prägte ihn mit. Protegiert von Hitler und Göbbels setzte sie zwei
NSDAP-Parteitage in Szene und pries die Wehrmacht ("Sieg des Glaubens,
1933", "Triumph des Willens, 1934", "Tag der Freiheit - Unsere
Wehrmacht, 1935"). Für ihren Film "Tiefland" benutzte sie Sinti und Roma
aus Konzentrationslagern als KomparsInnen".
Erst vor
drei Monaten gelang es der überlebenden Zwangsarbeiterin Zäzilia R. (80)
Frau Riefenstahl zu verpflichten ihre Behauptung "Wir haben alle
Zigeuner, die in Tiefland mitgewirkt haben, nach Kriegsende
wiedergesehen. Keinem einzigen ist etwas passiert", zu widerrufen.
Nachdem die Riefenstahl dieser Aufforderung nachkam, erklärte der Kölner
Verein
Rom e.V.: "Frau Riefenstahl soll
diejenigen ihrer als Komparsen eingesetzten Zwangs-arbeiterinnen und
-arbeiter, die bis heute in ärmlichen Verhältnissen überlebt haben,
entschädigen. Nicht nur für den ihnen vorenthaltenen Lohn während der
Dreharbeiten, sondern vor allem als Wiedergutmachung für das
jahrzehntelange Leid, das ihnen zugefügt wurde, indem Frau Riefenstahl
das Andenken an ihre ermordeten Verwandten durch ihre Leugnungen
beschädigte".
Wie schon
die zahlreichen Jubelreden und Glückwünsche zu ihrem 100sten Geburtstag,
u.a. von Boris Becker und Uschi Glas, dürfte auch
diese Ausstellung ein trauriges Bild auf den Zustand Deutschlands 57
Jahre nach dem 2. Weltkrieg werfen.
Die Projektleiterin Andrea Mork meint
selbstverständlichstes betonen zu müssen, wenn sie sagt, dass es in der
Ausstellung nicht um eine Huldigung der Riefenstahl gehe. Vielmehr
sollte "Riefenstahl in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext" gezeigt
werden, "um zu einer objektiven Einschätzung von Werk und Person zu
kommen".
Eine "objektiven Einschätzung von Werk und Person"? Mit
Hilfe von Leihgaben der inzwischen 100-jährigen? Wie kann diese
Einschätzung denn aussehen, in Anbetracht der Millionen von Ermordeten
hinter den glänzenden und betörenden Bildern mit denen die Riefenstahl
das grauenhafteste Terrorregime der Menschheitsgeschichte ästhetisieren
und repräsentieren wollte? Braucht man dazu eine Ausstellung?
Sie,
die hochgelobte und mehrfach ausgezeichnete glühende
Hitlerverehrerin, sieht sich selbst vor allem als Opfer. Dies entspricht
der vorherrschenden Geschichtswahrnehmung der Deutschen.
Als Eröffnungsredner für den 12.12.2002 ist Hillmar
Hoffmann (ehem. Goethe-Institut) eingeladen. Vor kurzem lobte dieser in
einem Interview mit der rechtsradikalen Jungen Freiheit die
NS-Regisseurin. Zu deren Entlastung verkündete er "die meisten Deutschen
hatten vom Ausmaß der Judenverfolgung bis 1945 keine konkrete
Vorstellung" und so könne der Fall Riefenstahl nicht "in bezug auf die
späteren letalen Exzesse gegen die Juden problematisiert" werden.
Der selbe Hoffmann verstieg sich in der Tageszeitung
"Die Welt" in einem Mega-Interview mit der NS-Propagandaexpertin zu der
Aussage: Sie haben die "virtuelle Schönheit der Massen visualisiert,
indem Sie diese ornamenthaft in Bewegung zu setzen wussten, Hitlers
'Bewegung' quasi verdoppelnd. Die Magie der Fahnen, das Flair der
sakralen Überhöhung, die Gemeinschaft simulierenden Lieder haben uns
Pimpfe damals tief beeindruckt. Wir wollten so sein wie der blonde
Trommler auf der Leinwand, und für den Führer wollten wir sogar durchs
Feuer gehen." Quelle:
welt.de/daten/2002/01/07.
Nach Angaben der Gruppe hayir prangt derzeit ein 10x10 Meter großer
Hakenkreuz-Adler samt Riefenstahl an der Außenfassade des Hauses der
Geschichte. (hdg.de).
Kundgebung gegen die Ausstellung:
Donnerstag, 12.12.2002 um 19.00 Uhr
vor dem "Haus der Geschichte" in Bonn
Gruppe
„hayir" Bonn |