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Judentum und Israel
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Ohne Berührungsängste:
Antisemitische Agitation im österreichischen Wahlkampf

Von Karl Pfeifer

Wolfgang Schüssel ist ein Mann ohne Berührungsängste. Bereits während der ersten Pressekonferenz Ende Januar 2000 stellte ich einige Fragen an seinen Bundesgenossen Jörg Haider, welche die Alarmglocken hätten läuten lassen müssen. Denn ich fragte über die Kontakte der FPÖ und Jörg Haiders zu Rechtsextremisten, Holocaustleugern und Neonazi. Natürlich bekam ich auf meine präzisen Fragen nur eine ausweichende Antwort.

Doch dann hat Bundespräsident Thomas Klestil den beiden Koalitionspartnern eine Präambel zum Unterzeichnen vor die Nase geschoben, die sie ohne mit der Wimper zu zucken unterschrieben haben, obwohl da zum Beispiel folgender Satz steht: "Die Bundesregierung arbeitet für ein Österreich, in dem Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus keinen Platz finden."

Es gab in den letzten zweieinhalb Jahren einen antisemitischen Wahlkampf in Wien, die Einreise von Ausländern aus nicht EU-Ländern wurde wesentlich erschwert usw. Doch endlich ist der FPÖ der Befreiungsschlag in Knittelfeld gelungen. Haider kann wieder ungehindert gegen die "Ostküste" agitieren und sich stolz zu seinen "Überzeugungen" bekennen.

Und auch kleine Funktionäre können die Sau herauslassen, wie man in Österreich sagt. Zum Beispiel in der kleinen niederösterreichischen Ortschaft Kaumberg, wo sich die vier FPÖ Gemeinderäte Leopold und Erika Grandl, Bernhard Kulhanek und Christian Hafenecker an ihre lieben Mitbürger wenden und ihnen auch mit gleicher Post die von der AFP herausgegebene und von Richard Melisch verfaßte Broschüre "Krisengebiet Nahost" zusenden.

Die AFP veröffentlicht nicht selten neonazistische und "revisionistische" Texte und bei ihren Veranstaltungen treffen sich Neonazi und FPÖ-Funktionäre. Auch diese Broschüre enthält reichlich Nazi-Töne und wärmt langatmig die alte Nazi-Mär von der jüdischen Weltverschwörung auf; zum Beispiel schreibt Melisch: "Wenige Wochen nach der Machtergreifung Adolf Hitlers im Januar 1933 erscheint in der britischen Tageszeitung "Daily Express" eine Kriegserklärung der Zionisten an das Deutsche Reich."

Schauen wir uns an, wie Melisch die "Dauerkrise" in Nahost erklärt: Er sieht drei Konfliktparteien: "Zwei sind von außen eingedrungen, bedrohen die lokalen Völker und Staaten, handeln aggressiv und expansiv, und berufen sich auf eine höhere Moral. Die erste dieser Konfliktparteien ist der global organisierte, politisch und weltwirtschaftlich agierende, territorial nicht fassbare ZIONISMUS, der es sich in den Kopf gesetzt hat, inmitten fremden Landes und fremder Völker einen eigenen Staat zu gründen."

Die USA tritt als "Weltpolizei zur Durchsetzung der Interessen von globalen Wirtschaftsimperien" auf. Die dritte Konfliktpartei, der "Noch-nicht-Staat Palästina, Syrien, der Libanon, Ägypten, Jordanien, die allesamt über die Jahre größere oder kleinere Landesteile an Israel infolge von militärischen Überfällen verloren haben."

Also laut Melisch sind die israelischen Juden stark. Doch noch auf der gleichen Seite verkündet Melisch: "Der Nahostkonflikt ist bereits im Sinne der Araber entschieden." Der Versuch der Zionisten "einen Kunststaat mit aller Gewalt inmitten einer bereits bevölkerten Region aufzuzwingen, muß als gescheitert gelten."

Also die israelischen Juden haben bereits verloren und sind schwach. Solche Widersprüche charakterisieren eine konsequente antisemitische Agitation, wie sie im Elaborat von Melisch zum Ausdruck kommt. Doch Antisemitismus ist in Österreich genauso wenig strafbar, wie Nazitöne.

Insbesondere nicht, wenn diese von einer - noch - Regierungspartei propagiert werden.

hagalil.com 18-11-02

 


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