Jörg Haider:
Das Publikum will ihn nicht mehr
Es ist der fünfte Rücktritt, den Jörg
Haider in diesem Jahr ankündigt. Doch nach dem Wahldesaster der
Freiheitlichen könnte das Ende seiner erstaunlichen Populistenkarriere
nun tatsächlich bevorstehen.
Kommentar von Robert Misik
Auch wenn Haider es sich - ein weiteres Mal - noch
überlegen sollte: Seine Zeit ist vorbei. Zunächst, weil ein jegliches
seine Zeit hat: Dasselbe Publikum, das von Haiders Eskapaden
jahrzehntelang fasziniert war, ist ihrer überdrüssig geworden. Schon
länger geht Haider, 52, nicht mehr als jugendlicher Rebell durch. Zudem
hat er mit seinen immer groteskeren Wendungen jegliches Vertrauen
verspielt. Lange war er für seine Anhänger "der Jörgl, der sich was
traut". Längst ist er auch für die meisten seiner Bewunderer "der Jörg,
der Spinner".
Seine Partei ist hart aufgeschlagen, aber nicht vollends
tot. Mit knapp zehn Prozent kann sie sich jetzt entscheiden, welche
Richtung sie einschlagen will. Den Regierungskurs fortsetzten, oder
wieder auf rabiate Rechtsopposition einschwenken. Beides kann man mit
zehn Prozent Wählerstimmen tun.
Voraussetzung ist freilich ein Selbstfindungsprozess,
und der wird quälend. Die Lager der Moderaten und der Radikalen sind
verfeindet. Neoparteichef Herbert Haupt wird es schwer haben, jenen Grad
an Stabilität herzustellen, der zum Mitregieren mit dem erstarkten
Triumphator Schüssel notwendig sein wird.
Dass die FPÖ von 27 Prozent auf 10 Prozent reduziert
wurde, von den gewohnten Millionen aus staatlicher Parteienförderung
künftig nur ein Bruchteil bleiben wird, ist die praktische Seite der
freiheitlichen Malaise. In den nächsten Jahren wird sich die Partei wohl
hauptsächlich damit beschäftigen, ihren Schuldenberg abzubauen und ihren
Apparat zu verschlanken.
Tatsächlich ist Österreich in einer paradoxen Situation.
Die Wähler haben die rechte Mehrheit, die zweieinhalb Jahre regierte,
eigentlich ziemlich eindeutig bestätigt - nur haben sie die
Kräfteverhältnisse innerhalb dieser rechten Mehrheit so stark
verschoben, dass zweifelhaft ist, ob die FPÖ der nächsten Regierung
angehören kann.
Das Groteske daran ist: 1999 wurde Schwarz-Blau nicht
explizit gewählt, es wurde aber eine schwarz-blaue Regierung gebildet.
Diesmal hat der Souverän ziemlich deutlich bekundet, dass weiterregiert
werden soll, wie unter der Schüssel/Riess-Passer/Grasser-Regierung
regiert wurde - und eine solche Regierung wird wahrscheinlich nicht
gebildet werden.
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25-11-02 |