Von Karl Pfeifer
Haben "Extremismus, Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus"
wirklich eine "deutliche Niederlage" in Österreich erlitten - wie der
Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Israel Singer, den
Wahlausgang begrüßt hat und uns glauben machen will? Haben die nazoiden
Erklärungen einiger FPÖ Funktionäre, der antisemitische Wahlkampf eines
Jörg Haiders etwa Wolfgang Schüssel oder seine Wähler gestört? Weit
gefehlt.
Antisemitismus gehört genau wie Fremdenfeindlichkeit zum
österreichischen Grundkonsens und nur wenige Politiker haben es gewagt
dagegen öffentlich aufzutreten. Allerdings haben diese (z.B. Michael
Häupl bei den Wahlen zum Wiener Landtag 2001 und Andreas van der Bellen
in der TV-Konfrontation mit Herbert Haupt) bei den drauf folgenden
Wahlen deswegen keine Verluste erlitten. Es gibt also einen noch
kleineren Teil der österreichischen Gesellschaft, der von den Politikern
erwartet, gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aufzutreten.
Schüssels Wähler gehören aber offensichtlich leider nicht dazu. Die ÖVP
hat ja selbst während der Wahlkampagne für Kurt Waldheim 1986 und in den
drauf folgenden Jahren massiv einen unterschwelligen und manchmal sogar
offenen Antisemitismus eingesetzt.
Allerdings hatte Bundeskanzler Schüssel keine andere Wahl, als in der
Sache der Entschädigungen für die ZwangsarbeiterInnen dem deutschen
Beispiel zu folgen und er trat auch - im Gegensatz zu den
Sozialdemokraten - dafür ein, die Opfer des Nationalsozialismus für
geraubte Gegenstände mit der Summe von 7000 Dollar zu entschädigen.
Wolfgang Schüssel und Jörg Haider haben eine Präambel am 4. Februar 2000
unterzeichnet, die nicht das Papier wert ist, auf dem diese gedruckt
ist.
Denn Haider, ein "Verharmloser des Nationalsozialismus" und der
wirklicher Anführer seiner Partei, hat da manchen und manches gefördert,
was er in der Präambel versprach zu bekämpfen. Die "Neue Zürcher
Zeitung" sprach am 21.11. von Habsburgs "krud rassistischen und
antisemitischen Formulierungen" über den Pentagon als "jüdische
Institution" und das State Department, in dem "die Schwarzen" das Sagen
haben. Schüssels Lob für Otto Habsburg, nachdem der Skandal dieses
Interviews in "Zur Zeit" bekannt wurde, spricht dafür, dass er dies tat,
um von der FPÖ enttäuschte rechte Katholiken dazu zu bringen wieder die
ÖVP zu wählen. Da wirken krud rassistische und antisemitische
Formulierungen eines Otto Habsburg Wähler ansprechend.
Im Standard online las ich am 22.11.02: "Es ist sehr beunruhigend: Da
gibt es handfeste Beweise einer Neonazidemonstration, aber weder
Innenministerium noch Staatsanwaltschaft sind daran interessiert." Karl
Öllinger, Vizeklubobmann der Grünen, hat ein Video, das zeigt, was sich
am 13. April nach der Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung in der
Wiener Innenstadt abspielte: Dutzende Neonazis marschieren mit "Sieg
Heil"-Rufen durch die Kärntnerstraße. Doch eine entsprechende Anzeige
der Grünen blieb bisher trotzdem ergebnislos. Ermittlungen gegen
insgesamt 36 rechte Recken wurden eingestellt, weil die Behörden sich
auf ein ORF-Video bezogen, das eine geraffte Kopie des Originals zeigt.
"Wiederbetätigung" geht aus dem ORF-Band nicht eindeutig hervor, aus dem
Original aber schon, behauptet Öllinger. Er versucht es nun mit einer
neuerlichen Sachverhaltsdarstellung.
Auch Innenminister Ernst Strassers (VP) Aussage, der spontane Aufmarsch
sei kaum zu verhindern gewesen, wird bezweifelt. Denn wie nun bekannt
wurde, hat die Staatspolizei schon am Tag vor der Demo Geschäftsleute
vor Zwischenfällen gewarnt." Eigenartig, dass die Geschäftsleute ein Tag
vor der Demo gewarnt werden, die Polizei aber "überrascht" tut, weil
eine Nazihorde brüllend durch eine Haupteinkaufstraße Wiens marschiert.
Die österreichischen Politiker berufen sich auf das strenge
NS-Verbotsgesetz. Schließen aber beide Augen, wenn am rechten Rand
zweifelhafte Figuren referieren. So konnte Franz Schönhuber im von der
österreichischen Regierung mit Riesensummen unterstützten Wiener "Haus
der Heimat" auftreten.
Und der "Wiener Beobachter" (nicht zu verwechseln mit dem "Völkischen
Beobachter"!) kündigt folgende Veranstaltungen der rechtsextremen AFP
an: Da spricht am 28.11. der Alt- und Neonazi Herbert Schweiger, darüber
wie die "Befreiung" (dieses Wort wird von diesen Leuten immer unter
Anführungszeichen gesetzt, denn sie wünschen sich noch die
Volksgemeinschaft herbei) "wirklich aussah".
Dann spricht im Januar 2003 im Dr. Fritz-Stüber-Heim, das nach dem
VdU-Mitbegründer und "absoluten Promi des österreichischen
Rechtsextremismus" benannt ist, Dipl. Ing. Günter Rehak über "Hjalmar
Schacht, ein Freimaurer im 3. Reich". Rehak hat einen gar nicht weiten
Weg hinter sich gebracht. Der ehemalige Mitarbeiter des österreichischen
Bundespressedienstes, war immer schon "national", auch als er noch
Sozialdemokrat und Sekretär von Bruno Kreisky war. Heute bewegt sich
Rehak im rechtsextremen Dunstkreis und charakterisiert die Österreicher
als "Nation von Hosenscheißern".
All dies geschieht, ohne dass Innenminister Stasser (ÖVP) etwas
unternehmen läßt. Pardon diese Beschuldigung muß ich zurücknehmen, er
hat das Erscheinen des jährlichen Rechtsextremismus-Bericht eingestellt,
schlußendlich darf man doch seinen Noch-Koalitionspartner nicht ärgern.
"Extremismus, Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus" haben in
Österreich leider keine Niederlage erlitten. Dazu bedarf es ganz anderer
Anstrengungen.