Rechtsextreme Aktivitäten südlich von Prenzlau:
Keine Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus
Aus Anlass des brutalen Mordes an dem 16-jährigen
Marinus Schöberl in Potzlow, bei dem auch Antisemitismus zum Tatmotiv
gehörte, dokumentieren wir die Recherche der antirassistischen
Initiative 'Pfeffer und Salz' aus Angermünde.
Die zu beschreibende Region reicht von Gerswalde im Westen
über Flieth und Suckow, dann in
Richtung Norden über den Ober- Uckersee
und Potzlowsee mit Warnitz, natürlich den Orten Potzlow, Strehlow und
Pinnow bis nach Sternhagen, Lindenhagen.
Die gesamte Region ist uns aus
den konkreten Recherchen der Jahre 2000
und 2001 ziemlich gut bekannt. Aus der jüngeren Vergangenheit haben
wir vor allem die rechtsextremen Straftaten registriert. Aus
unserer Sicht gibt es in der Region schon lange eine sehr aktive
und jugendkulturell recht dominante rechtsextreme Szene. Sie fiel auch
vor diesem Mord durch sehr militante und gewalttätige Aktionen auf.
Genannt seien in diesem Zusammenhang der Mord an einem 45- jährigen
Mann 1997 in Potzlow, die Angriffe auf die Räume der jungen Gemeinde
in Sternhagen und Lindenhagen 1997/98, den Angriff auf linke
Jugendliche im Sommer 2001 in Suckow und die Angriffe auf polnische
Jugendliche und Polizisten in Warnitz im Sommer und Herbst 2001. Die
möglichen Angriffsziele, dass zeigen schon die Beispiele waren sehr
variabel: Andersdenkende Jugendliche, Ausländer, Polizisten oder auch
Fremde. In Pinnow waren zum Beispiel lange Zeit zugezogene Berliner
das Ziel von Angriffen (Schmierereien, Drohungen, Überfälle 1999).
Wenn eine Zeitlang weniger
passierte, so waren sich unsere
Interviewpartner sicher, so lag das meist daran, das einige besonders
gewalttätige Aktivisten gerade wieder im Knast saßen. Ganz deutlich
ist aber immer wieder geworden dass sie dann "aktiv" worden, wenn
ihre jugendkulturelle Hegemonie in Gefahr war.
Auch die möglichen Treffpunkte
der Szene sind meist bekannt:
Jugendräume in den Dörfern wie in Suckow und Pinnow, alte Anlagen der
LPGen, Kneipen und in der warmen Jahreszeit die zahlreichen Seen der
Region. Immer wieder stand selbst in der Zeitung davon, das die
Polizei mal ein Lagerfeuer am Potzlowsee oder am ein Zeltlager am
Sabinensee oder am Uckersee aufgelöst hat wie 2000 und 2001. Auch in
den Diskotheken der Region wie in Milmersdorf, Prenzlau oder Kaakstedt
sind sie regelmäßig zu treffen. Eine besondere Position nimmt das
Jugendzentrum in Strehlow ein. Dort wird sich schon länger an
akzeptierender Jugendarbeit versucht.
Jugendliche Rechtsextremisten der
gesamten Region treffen sich dort, eine rechter Aktivist wurde
auch schon mal als Sozialarbeiter eingestellt.
Rechtsextrem orientierte
Jugendliche der Region haben immer wieder
ihre Gesinnung öffentlich gezeigt. Zu erinnern wäre zum Beispiel an
das judenfeindliche Plakat, das Schüler der Schule Gerswalde bei der
Klassenfahrt aus dem Bus zeigten (2001), oder das erst vor einem Jahr
der Bürgermeister von Potzlow persönlich bekannt gab, er habe 6
Jugendliche dabei ertappt, als sie ein großes Hakenkreuz an die
Bushaltestelle malten. Auch in den Wahlkämpfen war die regionale
Szene aktiv und klebte Plakate und Aufkleber der NPD. Dorffeste der
Region sind eigentlich 'No go areas' für alle, die nicht in das
beschriebene Bild passen. In Pinnow wird dann später auch schon mal
indizierte rechtsextreme Musik eingelegt, das Dorffest in Potzlow war
nicht erst in diesem Jahr, als der Junge aus Gerswalde Opfer wurde,
eine Anziehungspunkt für die Szene aus der ganzen Region.
Verbindungen gibt es vor allem
nach Prenzlau. So ist es kein Zufall,
dass der Haupttäter kurz nach dem Mord Beteiligter bei dem Angriff
auf einen Asylbewerber in der Stadt war. Aber auch nach Gollmitz und
in Richtung Milmersdorf und Templin gibt es Beziehungen, vor allem
informeller Art.
Öffentliche Formen der Auseinandersetzung mit dem
Rechtsextremismus in
der Region sind uns nicht bekannt.
Pfeffer und Salz Rechercheteam, Postfach 1119, 16278
Angermünde
www.pfefferundSalz-ev.de.vu
hagalil.com
26-11-02 |