Ein altbekannter Vorgang:
Ist Möllemann eine Skandalfigur? Von Max
Brym Jürgen Möllemann soll 840.000,- Euro
illegal auf ein von Ihm eingerichtetes Wahlkonto befördert haben. Der
Vorgang einen solchen Betrag zu stückeln um ihn von 14 verschiedenen
Stellen aus, auf ein Konto einzuzahlen ist durchaus seltsam. Westerwelle
tönt, er werde Möllemann zwingen die Spender zu nennen und der
FDP-Schatzmeister droht mit strafrechtlichen Konsequenzen. Die
Bildzeitung stellte die Frage: "Kommt Möllemann ins Gefängnis?"
Generell wird landauf und landab propagiert, bei Möllemann würde es sich
um eine Skandalfigur handeln, dem das Handwerk gelegt werden müsse. Die
ganze Debatte geht allerdings am Thema vorbei, denn das was Möllemann
vorgeworfen wird, "Parteispenden nicht regulär auszuweisen", ist in
dieser Republik ein altbekannter Vorgang. Die Flickaffäre und das
"Ehrenwort" von Altbundeskanzler Kohl, um seine Millionenspender nicht
zu benennen belegen dies. Das Wort Skandal bedeutet soviel, wie etwas
außerhalb der Norm liegendes zu tun. Was Möllemann getan hat um seine
Sponsoren zu tarnen ist in Deutschland durchaus gängige Praxis. Der
Skandal besteht darin, die Normalität des Bösen als Skandal auszugeben.
Demzufolge stellt sich die Frage: Warum greifen Westerwelle, Gerhard und
andere aus der FDP Führung Möllemann als Skandalfigur an?
Skandalfigur Möllemann Es ist leicht den
"Rießenstaatsmann Mümmelmann" als profilierungssüchtigen Egozentriker zu
orten. Jeder denkt dabei sofort an seine Fallschirmspringerei in
Fußballstadien, an seine Mediengeilheit, oder um es neudeutsch
auszudrücken an seine mangelnde Teamfähigkeit. Viele der "Altliberalen"
betrachten Möllemann als "intrigantes Schwein". In der Tat, Möllemann
war maßgeblich an der Demontage Kinkels, Gerhards und anderer beteiligt.
Im Wahlkampf trieb er Westerwelle vor sich her, dabei versuchte er sich
als "volkstümelnder" Kraftprotz auszuweisen.
Dass Herr Möllemann mit seinen Machtambitionen der FDP-Spitze auf die
Nerven geht, ist durchaus nachvollziehbar. Dennoch ist es entscheidend
zu begreifen, was mit dieser Auseinandersetzung verdeckt werden soll.
Der Skandal besteht darin, Möllemann wegen seiner Art und seiner
Finanzpraktiken anzugreifen. Kein Mensch in der FDP-Spitze spricht
davon, mit Möllemann wegen seines Antisemitismus abzurechnen. Erst in
diesem Zusammenhang wäre es spannend seine Großsponsoren zu enttarnen.
Warum wird nicht über den Antisemitismus gesprochen?
Die FDP-Führung deckte bis zum Wahltermin den offenen Antisemitismus von
Jürgen Möllemann. Unvergessen ist die Rechtfertigung von faschistischen
palästinensischen Selbstmordterroristen durch Möllemann. Auch legte
Möllemann Wert darauf, den Ex-Grünen Karsli in die FDP in NRW
aufzunehmen. Jener Karsli gab bekanntlich der rechtsextremen "Jungen
Freiheit" ein Interview, indem er über eine "allmächtige zionistische
Lobby" schwadronierte. Jener "Lobby" unterstellte Karsli "die Welt zu
steuern". Diese Logik die eine "jüdische Weltverschwörung" zum
Ausgangspunkt der Welterklärung nimmt, störte Möllemann nicht im
geringsten. Im Gegenteil, er beabsichtigte
damals Karsli als Wahlbeauftragten einzusetzen, um muslimische
Wählermassen in den FDP Stall zu bekommen. Möllemann selbst griff u.a.
Michel Friedman an, "den er aufgrund seiner Art" für den wachsenden
Antisemitismus verantwortlich machte. Damit bediente Möllemann das
antisemitische Klischee, nachdem "die Juden am Antisemitismus selbst
schuld seien". Keiner in der FDP-Leitung brachte es damals fertig
Möllemann wegen seiner antisemitischen Ausfälle zu attackieren. Keiner
entschuldigte sich beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Vielmehr
sprach Westerwelle von einer "unproduktiven rückwärtsgewandten
Debatte". Das Maximale, was von der FDP
Mehrheit eingeräumt wurde, waren "Ungeschicklichkeiten im Umgang mit
einem sensiblen Thema". Dies blieb so bis zum Wahlabend, die FDP fuhr
statt der angestrebten 18%, nur magere 7,4% der Stimmen ein. Sofort gab
Westerwelle dem "Faktor Möllemann" die Schuld am Wahldesaster der FDP.
Benannt wurde das "israelkritische" Flugblatt, dass Möllemann einige
Tage vor der Wahl an jeden Haushalt in NRW verteilen ließ. Wieder, ob
gewollt oder ungewollt, verharmloste die "Guido-Spaßtruppe" die
Aktivitäten Möllemanns. Das Flugblatt Möllemanns war nicht
"israelkritisch", denn das Kritik an Israel nicht gestattet ist,
entspricht einem antisemitischen Vorurteil.
Nein, das teuere Faltblatt sprach bewusst eine breite antisemitische
Klientel in Deutschland an. Unter dem Titel "Mut Klartext Möllemann"
wurden Ariel Sharon und Michel Friedman unvorteilhaft unter dem
"Heldenfoto" Möllemanns abgelichtet. Möllemann präsentierte sich in dem
Flugblatt als strahlender deutscher Recke, der Standhaft den
zionistischen Juden trotzt. Dies will Westerwelle so nicht benennen und
er hat dafür Gründe. Warum trickst Westerwelle ?
Westerwelle hat von Möllemann das Projekt 18 übernommen. In der
abgelaufenen Debatte im Frühjahr 2002 deckten er und andere aus der
FDP-Riege Möllemann. Zudem ist ihnen klar, dass die FDP ohne Möllemann
noch schlechter abgeschnitten hätte. Es ist eine Tatsache, dass von den
450.000 für die FDP bei der Bundestagswahl hinzugekommenen Stimmen über
200.000 aus NRW kamen. Die Kalkulation von Möllemann mit antisemitischen
Methoden auf Stimmenfang zu gehen, ging teilweise auf.
Für Westerwelle stellt sich jetzt die Frage: Wie behalten wir die
antisemitische Wahlbasis und wie werden wir den verhassten Möllemann
los? Hierbei bietet sich die Geldwäscherei Möllemanns wie ein
Gottesgeschenk an. Die FDP-Spitze schreit laut Skandal bezüglich dessen,
was in der Partei der "Besserverdienenden" normal ist. Damit, so hofft
die FDP-Prominenz, wird der von uns ungeliebte Möllemann abserviert.
Zudem ersparen wir uns eine Diskussion über antisemitische Manöver im
Wahlkampf. Schon gar nicht müssen wir über unsere eigene Rolle im
Wahlkampf sprechen. Westerwelle spekuliert darauf, mit der
Skandalgeschichte Möllemann los zu werden. Die rechte Wählerschaft, die
Möllemann gebracht hat, will er stillschweigend behalten.
hagalil.com
30-10-02 |