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Judentum und Israel
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Radio Maryja:
Der Herr im Äther

Von Magdalena Rensmann

Müssen die Büros von Radio Maryja bei den Pfarrgemeinden am 1. Oktober schließen? Der Primas der katholischen Kirche Polens, Kardinal Josef Glemp, versucht den nationalkatholischen Radiosender Radio Maryja zu bändigen, bestimmt nicht wegen des Antisemitismus und Rassismus des Senders. "Keine katholische Institution, selbst eine bekannte und geschätzte, darf ohne die Zustimmung des Bischofs in seiner Diözese Gottesdienste, Konferenzen oder andere Formen religiöser Predigt abhalten" - schrieb er in einem Hirtenwort an alle Pfarrer der Warschauer Erzdiözese. 

Wenn der Chef des Radios, Pater Tadeusz Rydzyk, (selber nennt er sich Pater Direktor) bis zum ersten Oktober dieses Jahres keine Genehmigung für die Weiterführung der Büros vom Radio Maryja bei den zuständigen Bischöfen einholen wird, werden sie schließen müssen. Gleichzeitig empfiehlt Glemp den Gläubigen den noch nicht allzu bekannten Sender Radio Josef, den Glemp unterstützt, einzuschalten.

Außer wegen des Vorwurfs der Insubordination des Paters und wegen des Drängens und der Anweisungen aus dem Vatikan gibt es vielleicht noch einen, wichtigeren Grund für die radikale Entscheidung des Primas. In den Pfarrgemeinden mit Büros von Radio Maryja nahm der Sender einen großen Teil der Spenden der Gläubigen ein. Versetzt dem Sender Radio Josef einen Schlag, einem Sender, für den Glemp zum Geldspenden aufruft. "Der Pfarrer darf in seiner Gemeinde nicht ohne die Zustimmung der Diözese Aufträge anderer kirchlicher Institutionen annehmen im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht und ihnen jede Spendensammlung erlauben." Der Primas stellte sich die schwierige Aufgabe, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Auf der einen Seite will er Pater Rydzyk bändigen und zur Zusammenarbeit zwingen, auf der anderen die finanzielle Sicherung für seinen Sender Radio Josef sichern. Das scheint, eine unlösbare Aufgabe zu sein, da zahlreiche Gemeindepfarrer und Bischöfe offen Radio Maryja persönlich unterstützen. Außerdem erklärten schon manche Bischöfe, (z.B. aus der Erzdiözese Krakau und Torun), sie seien an der Idee des Primas nicht interessiert.

Radio Maryja besteht schon seit über 10 Jahren (Die Polnische Post gab letztes Jahr eine Briefmarke aus diesem Anlass heraus); es wurde im Dezember 1991 in Torun gegründet und sendet rund um die Uhr inzwischen nicht nur in Polen, sondern weltweit. Rosenkranz, Marienlitaneien, Gebete zur Muttergottes - das wundert nicht, da die Muttergottes als Königin Polens verehrt wird, - darüber hinaus Ratgeber für Jugendliche, Ehepaare, sogar Kochrezepte, ein "moderner" Sender eben, der sich als Hüter des "Polentums" versteht, dabei vor Rassismus und Antisemitismus strotzt. Die Büros des Senders befinden sich bei den meisten Pfarrgemeinden und wurden spontan auf den Appell von Pater Rydzyk hin gegründet. 

Unter anderem beschäftigen sie sich nicht nur mit Geldsammeln für den Sender und für seine Vorhaben (z. B. die Herausgabe einer nationalistischen Tageszeitung "Nasz Dziennik", Unsere Tageszeitung). Die Büros des Senders betätigen sich auch oft politisch. So veranstalteten sie Wahltreffen, Schulungen und Seminare, an denen Politiker der rechtsnationalen, antieuropäischen, antiliberalen und vor allem antisemitischen Partei "Liga der Polnischen Familien" teilnahmen. Pater Rydzyk lädt auch Gäste zu nächtlichen Gesprächen ein, so hatte er 2000 einen inzwischen verurteilten polnischen Auschwitzleugner Dariusz Ratajczak, den Autor des Buches "Gefährliche Themen", und zwei seiner "ideologischen" Kollegen Ryszard Bender und Peter Rainer eingeladen. Einstimmig lobte man den "Historiker" David Irving. 

Ratajczak: "Ich würde mir sehr wünschen, dass es in Polen noch mehr solche ausgezeichneten Historiker gibt eben wie David Irving. (...) So viel ich weiß, sollen im Lehrprogramm der Schulen Lehrstunden über den jüdischen Holocaust eingeführt werden. Na, das ist ja unglaublich. (...) Daran ist eben unser Innenministerium schuld, aber unser Innenministerium ist eben nicht polnisch und das muss gesagt werden." In der gleichen Sendung konnte man "endlich erfahren", dass es in Polen keine unabhängige Presse gebe, sondern nur die jüdische und alle Polen auf einen Historiker wie Ratajczak stolz sein sollten. Daraufhin Ryszard Bender: "Auschwitz war kein Vernichtungslager, sondern ein Arbeitslager. Es gibt Berichte, dass es im Lager drei mal täglich Essen gab. (...) Außerdem erfüllten Juden verschiedene Funktionen im Lager (z.B. sie waren Kapos)." Nach solchen antisemitischen Tiraden bedankt und verabschiedet sich Pater Rydzyk mit den Worten: "Ich möchte mich noch mal herzlich für dieses Treffen bei Radio Maryja bedanken, das wohl nur die Wahrheit anstrebt."

Pater Rydzyk scheint sich mit politischen Systemen auszukennen: "Ein paar Jahre lang habe ich im Ausland gearbeitet und habe gesehen, wie es ist. Ich sage: Gott bewahre Polen von dem Liberalismus, der schlimmer ist, als die totalitären Systeme, Kommunismus oder Nationalsozialismus".

In jeder Sendung haben auch die Zuhörer Gelegenheit, "mitzudiskutieren", so kann jeder seine Meinung sagen, dabei sind hasserfüllte antisemitische Ausfälle und Verschwörungstheorien an der Tagesordnung: "So lange in einem katholischen Staat, wie Polen die meisten Minister nach Mazze und Zwiebeln riechen, so lange wird Polen nie polnisch sein", "Wir Polen leiden unter Armut und Hunger eben wegen der Juden, die uns jetzt regieren!" "Sieben Ministerien, die sie besetzen wollen, mit eigenen Leuten. Kennen Sie den jüdischen Leuchter, sieben Kerzen. Das passt alles zusammen: sieben Ministerien, die Schlüsselministerien. Wissen Sie, ich werde wohl zusammenbrechen," sichtlich gerührt bedankt sich Pater Rydzyk herzlich bei den Zuhörern: "Wir danken Ihnen, vielen Dank". Eigentlich soll man über den Irrsinn lachen, es vergeht einem das Lachen, wen man weiß, dass Radio Maryja täglich bis zu fünf Millionen Menschen hören.

Der durchschnittliche Hörer ist über 50 Jahre alt, schlecht ausgebildet (die meisten sind Bauern und nicht qualifizierte Arbeiter), zeigt kein Interesse an Politik, internationale Ereignisse, Recht, Kultur, geschweige Wissenschaft oder Technik, er interessiert sich aber sehr für Religion und Glauben. Die Freizeit verbringt er vor dem Fernseher (seine Lieblingsserie ist "Das Pfarrerhaus"). Zu den Zeitungen, die er leist gehören: "Unsere Tageszeitung", "Sonntagsgast" (katholische Wochenzeitung) und "Katholischer Führer". Sein ganzes Leben konzentriert sich um die Familie, die für ihn der Grundwert ist, und das Haus. Der Platz der Frau ist zu Hause, er schätzt sehr Sicherheit und Tradition. (Quelle: 08.2002, Werbeagentur Gruppa66 Ogilvy)

Der bekannte Ethiker und Philosoph Professor Jozef Tischner schrieb einmal: "Vor kurzer Zeit war ich Zeuge, als ein Bischof einen seiner Pfarrer tadelte, dass er Radio Maryja unterstütze. Daraufhin verteidigte sich dieser mit den Worten, dies verordne ihm die Stimme seines Gewissens. Als Antwort hörte er, dass man neben dem Gewissen auch ein Hirn haben soll."

hagalil.com 18-09-02


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