Protest gegen Möllemann und Co.:
Hildegard Hamm-Brücher verläßt die FDP
Die "Grande Dame" der FDP wird sie oft genannt - Hildegard Hamm-Brücher
gehörte 50 Jahre lang der FDP an. Am Wahlsonntag schrieb sie an
Parteivorsitzenden Guido Westerwelle und gab ihren Parteiaustritt
bekannt. In einer "zur rechten Volkspartei à la Möllemann gestylten FDP"
könne sie keine Spuren aufrechter Liberaler mehr entdecken.
Der Austritt kommt nicht überraschend, denn
Hildegard Hamm-Brücher hatte ihre Position schon im Mai klar und
deutlich in einem
offenen Brief an Westerwelle formuliert: „Es lässt mir keine Ruhe,
genauer gesagt: Es beunruhigt mich sehr, dass sich unsere Partei in
ihren Äußerungen zur Nahost-Politik mehr und mehr den sattsam bekannten
antiisraelischen und einseitig propalästinensischen Positionen des Herrn
Möllemann annähert." Bereits im Mai hatte sie von Westerwelle eine
unmißverständliche Distanzierung gefordert, die bis heute nicht
erfolgte.
Deshalb entschloß sie sich zum
Parteiaustritt, den Hildegard Hamm-Brücher jedoch bis nach der Wahl
verschob, denn es sollte kein Schaden für die Liberalen entstehen. Sie
scheint es jedoch kaum mehr ausgehalten zu haben, der Brief trägt das
Datum des Wahlsonntages. "Sie haben zu lange geschwiegen und dem
Möllemann-Kurs nicht rechtzeitig Paroli geboten“, schreibt Hamm-Brücher
an Westerwelle. Die Absage an den Antisemitismus sei eine Aufgabe der
nichtjüdischen Deutschen, die man nicht dem Zentralrat der Juden in
Deutschland überlassen dürfe, betonte sie stets.
Hildegard Hamm-Brücher, 1921 in Essen
geboren, wuchs bei ihrer jüdischen Großmutter auf und erlebte die Zeit
des Nationalsozialismus als Chemiestudentin und "Halbjüdin", geschützt
von Nobelpreisträger Prof. Wieland in seinem chemischen Institut an der
Uni München. Sie war Mitglied im Bayerischen Landtag und im Bundestag,
hessische Bildungs-Staatssekretärin, später Staatsministerin im
Auswärtigen Amt. 1994 kandidierte sie für das Amt des Bundespräsidenten
und wurde von ihrer Partei einstimmig dazu nominiert. 1998 verließ sie
die bayerische FDP, weil sich die Landespartei für eine Koalition mit
der CSU im Landtag ausgesprochen hatte. Mit dem Parteiaustritt allgemein
hatte sie jedoch niemals zuvor gedroht. Erst im Mai diesen Jahres wollte
sie ihren Ärger über das Treiben Möllemanns nicht verbergen und schrieb
an Westerwelle.
Der bedauerte den Schritt Hamm-Brüchers übrigens zutiefst.
Er stehe persönlich dafür, dass die FDP auch in Zukunft in einem
"liberalen Geist von Freiheit und Verantwortung" wirken werde, betonte
Westerwelle in seinem Antwortbrief.
aue /
hagalil.com
25-09-02 |