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Judentum und Israel
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Wahlkampf 2002

Parteien grasen am rechten Rand

Vieles war in den letzten Monaten zu lesen über die Haiderisierung der FDP und von den antisemitischen Ausfällen ihres Parteivizes Jürgen Möllemann. Nur zeigt der ‚Fall’ Möllemann eben auch wie viel Akzeptanz antisemitische Positionen und rechter Populismus in diesem Land genießen.

Möllemann musste weder von seinem Posten zurücktreten, noch erlitt die FDP ob diese Verhaltens empfindliche Einbußen in der Gunst der Wähler und Wählerinnen. Doch es sind nicht allein die Liberalen, die ihren Wahlkampf mit Ideologieelementen des Rechtsextremismus führen oder auch personelle Überschneidungen zu diesem haben.

So sprach der sozialdemokratische Bundeskanzler bei der Eröffnungsveranstaltung zur heißen Phase des Wahlkampfes in Berlin erneut vom ‚deutschen Weg’, von Stärke, Gemeinsinn und der ‚neuen Ordnung’, die ‚wir’ zusammen schaffen. Aus der Plage regionaler Überschwemmungen schafft Schröders Rede die Anrufung des nationalen Kollektivs: „Man steht zusammen, wenn es ernst wird. Das ist eine beglückende Erfahrung. Gemeinsinn ist, was unser Volk auszeichnet und unser Volk braucht.“ Im Angesicht des vermeintlich Übermächtigen soll sich die deutsche Volksgemeinschaft formieren. Des Kanzlers Formulierung vom ‚deutschen Weg’ ist den hiesigen Zeitungen kaum der Erwähnung wert. Höchstens einige britische Tageszeitungen greifen sie bissig auf.

Das Elbehochwasser ist beinahe ein Glücksfall für die angeschlagenen Sozialdemokraten, die anstatt auf soziale Gerechtigkeit lieber auf nationale Solidaridität setzen mögen. Weder eine sozialdemokratische Regierung, noch eine unter Führung der Unions-Parteien wird die strukturelle Krise der Wirtschaft, die eine internationale und strukturelle ist, beseitigen können. Das Ausspielen der nationalen Karte wird jedoch die weitere Verfestigung des Rechtsextremismus zumindest begünstigen.

Da kann zur Zeit nicht einmal Edmund Stoiber, berüchtigt auch durch seinen Ausspruch von der ‚durchmischten und durchrassten Gesellschaft’ mithalten. Stoiber, ein politisches Ziehkind von Franz-Josef Strauß hatte in der Vergangenheit wenig Probleme mit Berührungsängsten zur extremen Rechten. Nicht nur, dass er dem rechtsextremen Witikobund 1996 seine Anerkennung aussprach. Er war bereits 1960 Gründungsmitglied der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP), die von ehemaligen NSDAP Funktionären und SS-Mitglieder ins Leben gerufen wurde, zu denen auch federführend der ehemalige stellvertretende Reichspressechef der NSDAP, Helmut Sündermann und Hjalmar Schacht, gehörten.

Nicht nur Edmund Stoiber von der CSU besitzt gute Kontakte zur GfP. CDU-Mitglied Dr. Alfred Jebens ist Vorstandsmitglied dieser rechtsextremen Kulturvereinigung, zu deren Führungsköpfen bereits 1995 der ehemalige NPD-Ideologe Rolf Kossiek und der Mitherausgeber der Nazipostille ‚Nation und Europa’ gehörten. Nach Angaben des Leiters des Verfassungsschutzes in Baden-Würtemberg ist die „Infragestellung der Vergasung von Millionen von Juden“ ein durchgängiges Thema der GfP. Bei deren Treffen erscheinen denn auch bekannte CDU-Mitglieder wie Jörg Schönbohm und Roland Koch.

Zu diesem illustren Verein gehört auch Prof. Hans Helmuth Knütter, der die Politik der Bundeszentrale für politische Bildung über Jahre prägte. Die Redaktion des Magazins PANORAMA befindet sich im Besitz eines Vortrages den Knütter vor Neonazis hielt. In diesem Vortrag forderte GfP-Mitglied Knütter zu einer „Geldsammlung“ auf, damit sich „jüngere Leute“ an „Saalschlachten und Straßenkämpfen“ beteiligen können. Selbstverständlich ist auch Hans Helmut Knütter Mitglied der CDU.

Die personellen Verbindungen der CDU, aber auch die Aktivitäten von CSU-Mitglieder bei der Burschenschaft Danubia sind mehr als nur bedenklich. Und in dieem Zuammenhang sollen auch die antisemitschen Äußerungen eines Norbert Blüm nicht unerwähnt bleiben. Der Einfluss den die sogenannte Neue Rechte auf die Politik der Konservativen besitzt ist kaum zu übersehen. Nicht zufällig entdeckt denn die NPD eine weitgehende Übereinstimmung ihrer Aussagen zum Theam Migration mit denen von Edmund Stoiber.

Vor allem die Einhelligkeit mit der nationalistische und chauvinistische Motive immer wieder, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, Eingang in die Bundespolitik finden, zeigt wie dünn die demokratische Decke in diesem Land ist. Es gibt in solchen Diskursen ein dialektisches Verhältnis zwischen dem nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Einstellungen in der Bevölkerung und den entsprechenden Politikeräußerungen. Wer sich in der Art des Bundeskanzlers, nicht zum ersten Male derart äußert, bedient eine Erwartungshaltung und leistet ihr gleichzeitig Vorschub. Gerade hier ist der Opportunismus der SPD erschreckend. Ähnlich gelagerte Äußerungen würden sich im Übrigen auch bei einzelnen PDS-Politkern finden.

Mit einem solchen Populismus Wahlkampf oder Politik zu machen ist geschichtsvergessen, reaktionär und auch dazu noch kurzsichtig. Denn was die diskursive Besetzung des Topos Nationalismus anbetrifft sind die Unionsparteien auf Dauer sicherlich glaubwürdiger. Solche Rhetorik gehört zu deren Wesen. Der Preis ist eine weitere Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts. Wohin diese immer weitergehende Rechtsentwicklung in Deutschland führen wird ist unklar. Sicher ist jedoch wo die Opfer zu verorten sein werden. Aber wahrscheinlich will das in Deutschland  wieder niemand wissen.

Das Menschenpack fürchtet sich vor nichts mehr als dem Verstand. Vor der Dummheit sollten sie sich fürchten, wenn sie begriffen, was fürchterlich ist. Goethe

IS/hagalil.com 31-08-02

 


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