"Ureigenstes
nationalsozialistisches Gedankengut":
Roeder in Rostock zu Haft verurteilt
Der Neonazi Manfred Roeder ist vom Landgericht Rostock zu einem Jahr und neun
Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach Roeder der Volksverhetzung
und Beleidigung schuldig. Der Vorsitzende Richter erklärte, daß eine Aussetzung
der Strafe zur Bewährung nicht in Betracht käme. Wegen Fluchtgefahr wurde zudem
ein Haftbefehl angeordnet.
Mit dem Urteil blieb das Gericht nur
knapp unter der Forderung des Staatsanwaltes, der für eine Strafe von maximal
zwei Jahren ohne Bewährung plädiert hatte. Anlass der Anklage war eine Rede
Roeders vom Januar 1998 auf dem NPD-Bundesparteitag in Stavenhagen, wo er unter
anderem zum "blutigen Umsturz" und zum "Regierungswechsel ohne Wahlen"
aufgerufen haben soll. Den verstorbenen Präsidenten des Zentralrats der Juden,
Ignatz Bubis, hat er dabei als "Großmaul" und "Gauleiter" bezeichnet.
Bei dem Prozess handelte es sich um eine
Neuaufnahme, nachdem der erste Urteilsspruch vom Juni 2001 vom Bundesgerichtshof
aufgehoben wurde. Die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit sei in
der ersten Verhandlung nur ungenügend beachtet worden, die angebliche
Verunglimpfung des Staates konnte nicht ausreichend aufgeklärt werden. Zum
zweiten Termin der Hauptverhandlung in Rostock war Roeder dann erst gar nicht
erschienen, weswegen er seit 26. Juni in Haft sitzt und zu den Verhandlungen
zwangsvorgeführt wird. Auch sonst zeigte sich der 73-Jährige widerspenstig und
beschimpfte in seinem Schlusswort die Justiz. Den Vorsitzenden Richter nannte er
einen "Henker".
In der Urteilsbegründung sprach der
Vorsitzende Richter von Roeder als einem "unbelehrbaren politischen
Überzeugungstäter, dessen nationalsozialistische Gesinnung die Quelle für
weitere Straftaten bildet". Der Begriff der "Rassenvermischung", den Roeder bei
der Rede im Jahr 1998 nutzte, verrate "ureigenstes nationalsozialistisches
Gedankengut". Derartige Äußerungen seien weder mit Wahlkampf noch durch das
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entschuldbar. Den ursprünglichen
Anklagepunkt der Verunglimpfung des Staates wurde indes fallengelassen, da er
kaum Auswirkungen auf das Strafmaß gehabt hätte, so der Richter als Erklärung.
aue / hagalil.com 03-07-02 |