NPD-Verbotsverfahren
Stachelte der Verfassungsschutz seine V-Leute an?
Wie die
Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet, soll der niedersächsische
Verfassungsschutz seine V-Leute innerhalb der NPD gezielt zu Straftaten
ermuntert haben.
Die „Zeit“ zitiert in
ihrem Bericht den ehemaligen Beamten des Staatsschutz, Hans-Günther
Brasche. Die V-Leute seien von ihren Führern gezielt „hochgestachelt“
worden, so Brasche. Brasche baute in der Zeit von 1987 bis 1993 das
Kommissariat Rechtsextremismus bei der Polizeidirektion Braunschweig
auf. Seine Äußerungen könnten Auswirkungen auf das gegen die NPD
anhängige Verbotsverfahren haben. Die Richter des
Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe verzögerten bereits im Januar
das Verfahren, nachdem bekannt wurde, dass Äußerungen von V-Leuten in
den Beweisanträgen aufgeführt worden waren, ohne dass deren
Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen offen gelegt war. Bisher lehnen
es die Innenminister der Länder ab dem Karlsruher Gericht eine
Namensliste der in der NPD eingesetzten V-Leute vorzulegen.
Brasches Äußerungen
sind brisant. So soll ein V-Mann-Führer seinen Informanten aufgefordert
haben, „doch mal was gegen die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber in
Braunschweig zu unternehmen“. In einem anderen Fall den Brasche
schildert, will er beobachtet haben, dass ein V-Mann des
niedersächsischen Verfassungsschutzes im bayerischen Füssen eine
Wehrsportgruppe gegründete, die nicht nur Nazi-Propaganda verteilte,
sondern auch Schlägereien anzettelte.
Der Sprecher des
niedersächsischen Verfassungsschutzes, Rüdiger Hesse, wiegelt indes ab.
„Ein gegenseitiges Hochstacheln gibt es nicht“, so Hesse. Er kann sich
jedoch vorstellen V-Leute aus der Untersuchungshaft zu holen. Hesse
weiter: „Denn er ist ja in unserem Auftrag tätig gewesen. Und wenn er da
hineingerät, dann helfen wir ihm natürlich, das ist doch ganz klar.“
Brasche, der die
schweren Vorwürfe gegen die Behörde erhebt, wurde 1994 aus dem
Polizeidienst entlassen. Er soll laut Gerichtsbeschluss einen Anschlag
auf sich selbst vorgetäuscht haben. Daher stellt
Verfassungsschutzsprecher Hesse ihn als unglaubwürdig dar. Politiker der
Grünen und der FDP nehmen dessen Anschuldigungen jedoch sehr ernst.
Der innenpolitische
Sprecher der Liberalen, Max Stadler, der sich von Beginn an gegen das
Verbotsverfahren ausgesprochen hatte, sieht sich bestätigt, „immer mehr
in eine Sackgasse“ gerate das Verfahren. Sollte tatsächlich V-Leute zu
rechtsextremen Straftaten angestachelt haben, sei das „ganz eindeutig
ein Verstoß gegen die Regeln“. Für Stadler besteht die Gefahr eines
Scheiterns der Verbotsverfahrens darin, dass „der NPD eine Art
Persilschein aus Karlsruhe“ ausgestellt werde. Sowohl Stadler als auch
Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der PDS, fordern die
Innenminister der Länder auf, jetzt endlich die Namen der V-Leute
öffentlich zu machen.
hagalil.com 19-07-02 |