Nazis als Globalisierungsgegner
Gegen das ‚raffende’ Kapital?
Wie das Center for
New Community (CNC) aus Chicago/USA in einer Pressemitteilung verlauten
ließ, versuchen Neonazis die Aktivitäten Globalisierungsgegnern
anlässlich eines Treffens der G8-Staaten
Kananaskis, Canada zu unterwandern. In Deutschland wurde die Erklärung
des CNC durch das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum
Berlin e.V. (APABIZ)
verbreitet.
Die Nazi-Gruppierung, deren Homepage auf den kanadischen Zweig der
National Alliance registriert ist, nennt sich Anti-Globalism Action
Network (AGAN) und wird von CNC als "Fassade für die National Alliance“
bezeichnet. Das APABIZ schreibt zu der von William Pierce gegründeten
National Alliance: „Die National Alliance ist eine der größten und
gefährlichsten Neonazi-Organisationen in Nordamerika. In der
Vergangenheit hat die National Alliance mehrfach versucht, auf
Anti-Globalisierungs-Proteste Einfluss zu
nehmen, darunter postings bei indymedia.com und ein Auftritt bei den
Protesten in Seattle 1999.“
Auf der Internetseite von AGAN findet sich eine Rechtfertigung für deren
Kooperation mit der National Alliance wobei deren als Antizionismus
getarnter Antisemitismus in affirmativer Weise betont wird. Das CNC aus
Chicago schreibt zur ideologischen Ausrichtung der National Alliance:
„Ihrer (der N.A.) anti-semitischen Weltsicht folgend, handelt es sich
bei Organisationen wie der G8, IWF und Weltbank um Instrumente einer
jüdischen Elite im Kampf um die Weltherrschaft“
Die Anknüpfungen von Nazigruppen an die Anti-Globalisierungsbewegung
sind durchaus nicht willkürlich. So heterogen letztere ist, so eint
einen nicht unbedeutenden Teil dieser Bewegung ein Antikapitalismus, der
in seiner Verkürzung Berührungspunkte zu rechten Gruppen geradezu
anbietet. Die immer wieder auftauchenden antisemitischen Tiraden auf den
Internetseiten von Indymedia sind ein Ausdruck davon.
Das Gros der Globalisierungsgegner wendet sich gegen die freie
Verschiebung von Geldern auf den weltweiten Finanzmärkten zum Zwecke der
Börsenspekulation. Ungefähr so lässt sich der kleinste gemeinsame Nenner
dieser Bewegung beschreiben. Diese Art von Antikapitalismus ist daher
verkürzt, weil er sich ausschließlich gegen eine Seite des weltweiten
Kapitalverhältnisses wendet, nämlich gegen die Sphäre des Marktes und
des Geldes. Die andere Seite, ohne welche Kapitalismus nicht denkbar
ist, die Produktionssphäre wird von den Globalisierungsgegnern nicht
thematisiert.
Solche Aufspaltung erinnert doch sehr an das nationalsozialistische
Ideologem vom ‚raffendem’ und vom ‚schaffendem’ Kapital, wobei mit dem
Terminus ‚raffendes’ Kapital eben auf die Finanzmärkte abgezielt wurde,
die in der Hand des „internationalen jüdischen Finanzkapitals“
phantasiert wurden. Dies entspricht denn auch der Ausrichtung des
National Alliance.
Nun soll der Anti-Globalisierungsbewegung an dieser Stelle kein
Neo-Nazismus unterstellt werden. Doch wer sich leichtfertig einer
Analyse des gesamten Komplexes des Kapitalismus verschließt, muss sich
nicht wundern in Nazikreisen dankbare Anhänger zu finden. Dem werden
auch Aufrufe solche rechten Kreise in der Bewegung zu isolieren nicht
gerecht, da die Problematik bei den Kritikern selber liegt.
is/hagalil.com
11-07-02 |